Das wichtigste Turnier des Jahres!

Snooker-WM Qualifikation, gut vorbereitet: Målin zeigt mit euphorischem Gesichtsausdruck auf ihre Pinnwand, wo sie ihr auszufüllendes Qualifikations-Draw aufgehängt hat. Auf ihrem T-Shirt steht: Eat. Sleep. Snooker. Repeat.
Top vorbereitet und euphorisch: Målin vor der WM-Quali. © privat

Während der laufenden Tour Championship wurde der Spielplan für die Qualifikation zur Weltmeisterschaft veröffentlicht. Ohne TV-Präsenz bekommen viele Menschen davon gar nichts mit. Aber das Team SnookerPRO ist aufgeregt. Einerseits freuen wir uns auf die bevorstehenden Spiele, andererseits haben wir Angst. Aus verschiedenen Gründen. Dieser Artikel ist eine Teamarbeit von Målin und Lula.

Die Tage der Excel-Tabellen (oder Taschenrechner)

Die durchschnittlichen Snooker-Fans, die hauptsächlich für die großen Turniere wie die WM, die UK Championship oder das Masters einschalten, verstehen wahrscheinlich unsere Aufregung nicht so richtig. Aber vom 3. bis 12. April geht es nicht nur um die Teilnahme an der WM-Endrunde. Nein, wie in jedem Jahr geht es für viele Aktive ums nackte Überleben als Snooker-Profi.

Kollege Matt Huart verfolgt unter dem Stichwort Tour Survival, welche Profis ihre Tourkarte für’s nächste Jahr sicher haben und wer bei der Qualifikation zur Snooker-WM noch Geld verdienen muss, um einen rettenden Platz in der Weltrangliste zu erreichen. Er hat allerdings die suspendierten Spieler nicht gekennzeichnet, bei denen wir davon ausgehen, dass sie in der nächsten Saison zum Teil nicht spielberechtigt sein werden. Deshalb nutzen wir dieses Jahr die Liste auf snooker.org, wo die Spieler mit (susp.) markiert sind.

Die Tage, an denen die Entscheidungen für den Einzug in die Finalrunde fallen, – die sogenannten Judgement Days – sind am nächsten Dienstag und Mittwoch. Alle Spielpaarungen, -zeiten und (Zwischen)Ergebnisse findet ihr auf unserer Turnierseite. Oder ihr habt wie Målin den Spielplan zum Selbstausfüllen schon an eure Pinnwand gehängt.

Målin: Keinen Ball und alle Bälle verpassen

Passend zum Start der WM-Quali habe ich jetzt zwei Wochen frei. Was ein fantastisches Timing. Und der Wetterbericht sieht auch so aus, als bräuchte ich kein schlechtes Gewissen zu haben, in den nächsten anderthalb Wochen meine Augen nicht von meinen beiden Monitoren zu lösen. Ab Montag gibt es wieder den ganzen Tag lang acht Tische parallel. Also garantiert in jeder Session zwei mehr als auch ich als Multitaskerin wirklich noch gut gleichzeitig verfolgen kann. Für mich die besten erdenklichen Snookerfestspiele: Nie raus gehen, nur Bälle klackern und alles Wichtige verpassen, weil ich auf Tisch 3,7 gerade verfolge, wie nach einem Foul sieben Bälle zurückgelegt werden müssen. In den ersten Tagen freue ich mich vor allem auf ein paar junge Talente von morgen, darunter: Iulian Boiko (spielt gegen Muhammad Asif), Liam Pullen (gegen Sanderson Lam), Filips Kalniņš (gegen Allan Taylor) und U18-Europameister Bulcsú Révész (gegen Jamie O’Neill).

Während ich den ersten Tagen mit viel Vorfreude entgegen blicke, habe ich schon ein bisschen Bammel vor den Judgement Days. Immerhin geht’s um die Teilnahme am wichtigsten Turnier der Saison. Mich lässt das nicht kalt. Liebgewonnene Spieler*innen, die sich nicht qualifizieren, verabschieden sich dann in die Sommerpause oder fallen gar von der Tour. Da ist dann nichts mehr mit: nächste Woche, nächstes Turnier.

Ich hoffe auf ein paar (bestimmte) Crucible-Debütanten. Und darauf, dass ein paar Profis noch in der letzten Minute ihren Tour-Verblieb sichern können. Außerdem hoffe ich auf ein paar Überraschungen. Aber zwei Dinge würden mein kleines Snooker-Herz brechen: Wenn der einstige Crucible-Spezialist Barry Hawkins diese Saison gar nicht im Crucible dabei wäre und wenn ich ein drittes Jahr in Folge zusehen muss, wie Zhou Yuelong die Qualifikation verpasst. Dieses Jahr könnte er am Judgement Day wieder auf Liam Highfield treffen, wie schon vor zwei Jahren. Oh, wie habe ich dieses Match gehasst! Ich hoffe, Yuelong hat da bessere Nerven als ich.

Lula: Ich bange um Dark Mavis und David Grace

Bei meinem letzten Fürth-Besuch sagte Mark Davis, dass er sich zur Ruhe setzen würde, wenn er seinen Tourplatz verlieren sollte. Das ist jetzt ein paar Jahre her und ich könnte mir vorstellen, dass er seine Meinung nochmal ändert oder schon geändert hat. Jedenfalls steht er momentan auf dem 71. Platz der Weltrangliste, sieben Plätze vom rettenden 64. entfernt. Vor ihm liegen sechs suspendierte Spieler. Selbst wenn alle für mehr als 12 Monate gesperrt werden und er von hinten von niemandem überholt werden würde, wäre Mark Davis runter von der Tour. Das wäre womöglich das Ende einer über 30 Jahre währenden Karriere. Ich muss gestehen, dass ich dafür noch nicht bereit bin. Mark Davis steigt in Runde zwei in die WM-Quali ein und trifft dort auf den Sieger der Partie Peng Yisong gegen Michael Georgiou.

Etwas besser sieht es für David Grace aus, der aber mit dem 63. Rang alles andere als sicher ist. Er würde sicher alle Möglichkeiten wie Q-School und Q-Tour nutzen, um wieder auf die Tour zu kommen. Aber ich würde mir diese nervenaufreibenden Veranstaltungen gerne sparen und ihn einfach weiterhin auf der Tour Ronnie O’Sullivan schlagen sehen. David Grace trifft in der zweiten Quali-Runde auf Sean O’Sullivan oder Liam Graham.

Fünf Frauen bei der Snooker-WM Qualifikation

Mit Weltmeisterin Baipat Siripaporn und den vier Profis Reanne Evans, Ng On Yee, Mink Nutcharut und Rebecca Kenna sind in diesem Jahr fünf Frauen in der WM-Quali am Start: ein Rekord!

Die Paarungen für die Spielerinnen mit sicherer Tourkarte für die nächste Saison sind folgende: Baipat Siripaporn gegen Aaron Hill, Mink Nutcharut gegen Dechawat Poomjaeng und Rebecca Kenna gegen Alfie Burden.

Ng On Yee hat mit Michael Holt zwar einen erfahrenen Ex-Profi gezogen, dieser hat aber in letzter Zeit nicht viel gerissen. Ng On Yees Tourkarte läuft am Ende der Saison aus und sie steht im World Women’s Ranking nur auf dem dritten Platz, doch im letzten WWS-Turnier könnte sie Reanne Evans noch vom zweiten Platz verdrängen. Um die Karte über die Main Tour selber zu sichern, müsste sie hier ins Crucible einziehen.

Reanne Evans trifft mal wieder auf Ken Doherty, der hoffentlich wieder ordentlich Muffensausen hat. Beim letzten Mal gewann er mit 10–8 denkbar knapp. Allerdings steht Evans ziemlich unter Druck. Auch sie hat ihre Tourkarte für nächstes Jahr längst nicht sicher und Ng On Yee sitzt ihr in der Weltrangliste im Nacken. Und nach eigener Aussage hat Evans momentan kein Selbstbewusstsein. Andererseits hat aber Doherty in dieser Saison auch erst fünf Spiele gewonnen.

Weitere Highlights in Runde 1

Seit 2020 wird die Snooker-WM Qualifikation nun zum vierten Mal wieder im gestuften Format gespielt. In der ersten Runde spielen also die Profis der unteren Weltranglistenränge, die durch ein paar Amateur-Spieler*innen ergänzt werden. Dabei kehrt die Weltmeisterschaft endlich wieder dazu zurück, dass alle Runden über zwei Sessions (best of 19) gespielt werden.

In der ersten Runde in diesem Jahr kommt es zu einer erneuten Begegnung zwischen Fergal O’Brien und Liam Davies. Davies hatte als junger Amateur im letzten Jahr in beeindruckender Manier zwei Spiele gewonnen. Für Fergal O’Brien bedeutete das den vorläufigen Verlust der Tourkarte. Dieses Jahr kann er mit weniger Druck in das Turnier gehen, während Liam Davies nun mit der Last einer anderen Erwartungshaltung zurecht kommen muss.

Schlagzeilen macht auch das Onkel-Neffe-Duell zwischen Stephen Hendry und James Cahill. Von Hendrys Comeback hatten sich manche Snookerfans viel erhofft, wir erwarten eher eine weitere Müll-Performanz, aber immerhin spielt er. Cahill hat die Chance neben Ronnie O’Sullivan noch Stephen Hendry auf die Liste der 7-fachen Weltmeister, die er bei Weltmeisterschaften schon geschlagen hat, zu setzen. An Motivation seinen Onkel oder Ex-Onkel zu schlagen, sollte es nicht mangeln.

Worldchampionship Qualifier in Ton & Bild und auf Social Media

Leute, die die Qualifikation zur Snooker-WM für ein eigenes Turnier halten, versuchen natürlich auch, die 16 erfolgreichen Aktiven vorherzusagen. Macht doch einfach mit. Entweder tweetet ihr eure Liste mit den Hashtags #Crucible16 und #MyCrucibleQualifiers oder ihr nehmt an dem Prediction Contest unserer Partnerseite snooker.org teil. Lula hatte im letzten Jahr fünf Richtige, Målin sechs.

Live-Bilder gibt es wahrscheinlich wieder von vier Tischen im ES Player/Discovery+. Zu den Judgement Days gibt es die mittlerweile berühmte Konferenzschaltung auf den Social-Media-Kanälen von WST.

Wenn die Live-Streamings zu Ende sind und an einigen Tischen immer noch gespielt wird, trifft sich die Super-Nerd-Fanschaft unter #PeopleWhoStareAtLiveScores natürlich wieder auf Twitter.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

SnookerPRO folgen