WM 2023: Kyren maximal, Aus für Trump & Murphy

WM 2023 erste Runde: Kyren Wilson klatscht nach seinem Maximum mit Leuten im Publikum ab. Er lächelt.
Kyren Wilson trägt sich in die Crucible-Geschichte ein. © World Snooker/Tai Chengzhe

Die erste Runde der WM 2023 endet mehr oder weniger überraschend: Trump und Murphy sind ausgeschieden, Kyren Wilson spielt Maximum, Milkins mit erfolgreichem Kommzurück.

Nachdem ich die Auftritte der Qualifikanten in der ersten Hälfte der ersten Runde der WM 2023 hier schon gelobt hatte, kann ich jetzt nahtlos weitermachen.

McGill beendet Trumps Titelträume schon in der ersten Runde

Ob ein Urlaub so kurz vor der WM sinnvoll ist, wird sich Judd Trump nach seiner Klatsche gegen Anthony McGill vielleicht noch länger fragen. An keiner Stelle des Matches war er so überzeugend, dass ich sein frühzeitiges Ausscheiden großartig bedauern würde. McGill hingegen präsentierte sich wieder wie Mr. Crucible und fuhr den 10–6-Sieg relativ ungefährdet nach Hause.

Kommzurücks: erfolglos und erfolgreich

Gary Wilson lag schon 7–1 gegen Elliot Slessor vorn, doch der konnte sieben der nächsten neun Frames gewinnen und so auf 9–8 herankommen. Am Ende war die ganze Mühe umsonst, denn Wilson besiegelte mit einer 109 den 10–8-Endstand.

Noppon Saengkham lag 3–7 und 4–9 gegen Jack Lisowski hinten. Doch der bekam den Sack nicht zu und Saengkham kam noch auf 7–9 heran, bevor Lisowski endlich den letzen Frame gewann.

Das Spiel Perry gegen Milkins hat wirklich fast alles gesehen, was es für einen Eintrag in die Geschichtsbücher braucht. Spielabbruch wegen Anti-Öl-Protest, eine zweite Session vor einem in letzter Minute zusammengesuchten Publikum, falsche Spielerankündigung, ein Kommzurück beeindruckenden Ausmaßes und einen Decider mit mehr vergebenen Chancen als ich produzieren kann.

Nach diesem Match wissen wir aber auch, warum Robert Milkins so eine tolle Saison hatte. Nach der ersten Session lag er mit 2–7 gegen Joe Perry zurück. Doch heute Morgen gelang Perry gar nichts. Seine Fehlerquote war so hoch wie sein Locherfolg hätte sein sollen. Milkins kam heran, glich aus, ging in Führung und schon standen wir vor einem Decider. Hier hatten dann beide ihre Chancen, vergaben sie mehrfach und am Ende war es Milkins, der ein Break zum Frame- und Matchgewinn zusammenbekam.

Reaktionen auf das Spiel

Böse Zungen sagen ja, dass je mehr der Standard des Spiels sinkt, desto spannender wird es und desto mehr lieben wir es. Ich kann nur sagen, es war ausgesprochen spannend! Und Milkins war auch zufrieden.

Perry selber sagte, es wäre einfach alles schiefgelaufen. Angefangen damit, dass Rob Walker ihn als Robert Milkins vorstellte. Sein Spiel bezeichnete er als eine ‚furchtbare Snooker-Session‘. Doch er nahm es trotz Enttäuschung relativ gelassen und mit einer Menge Humor. Und was ich ihm wirklich hoch anrechne ist, dass er für seine Leistung in keiner Weise die Spielverschiebung verantwortlich machte.

Kyren Wilson spielt Maximum

In seinem Spiel gegen Ryan Day gelang Kyren Wilson das 13. Crucible-Maximum. Ihr könnt es euch hier anschauen. Zusätzlich machte er noch vier Century Breaks und fünf 50+ Breaks. Wenn Ryan Day mal ins Spiel durfte, zeigte er zwar auch seine Breakbuilding-Qualitäten, aber leider war das nicht oft der Fall. Das Ergebnis: 10–5 für Wilson.

Mark Selby 6–3 Matthew Selt nach erster Session

Mark Selby und Matthew Selt starteten (wegen des Überziehens von Perry-Milkins verspätet) genauso grausam in ihre zweite Session, wie das Spiel davor geendet hatte. Fehler über Fehler, die Mini-Session teilten sie gerecht untereinander auf. Nach der Pause folgte ein zäher, umkämpfter Frame, der nach einem Kommzurück von Selt in einem elend langen Spiel auf Pink mündete. Nach einer vermurksten Safety von Selby konnte Selt den Frame für sich entscheiden und es stand nur noch 8–6 für Selby. Hier wurde es also nochmal eng.

Der nächste Frame war taktisches Anschauungsmaterial, dieses Mal mit dem besseren Ende für Selby. Fehlte nur noch ein Frame zum Weiterkommen für ihn. Doch Selt zog nach und es stand 9–7. Im nächsten Frame legte wieder Selt vor. Doch ein unglückliches Versenken des Spielballs ließ Selby ins Break. Der zog nach, flukte Blau, foulte auf Gelb und ließ dann die Chance für Selt liegen. Nur noch 9–8. Ein toller Einsteiger ebnete Selby dann den Weg zu einem typischen brillanten Selby-Break und damit zum Sieg.

Erste Runde der WM 2023 endet mit Sieg von Si Jiahui

In der Neuauflage des UK-Championship-Matches von 2021, das ja wegen Shaun Murphys Bemerkungen zu Si Jiahuis (angeblich nicht vorhandenem) Anrecht auf der Tour zu spielen zu einigen Nachwehen geführt hatte, fing schon mal gleich wieder gut an. Si gewann, nachdem er 1–3 zurückgelegen hatte, die nächsten vier Frames. Murphy konnte mit dem letzten Frame der Session zum 4–5 noch Schadensbegrenzung betreiben, aber Si Jiahui wirkte hier ziemlich stabil. Das Spiel wird heute in der Abendsession zu Ende gespielt.

Update: In einer großartigen, aufregenden Partie schlug Si Jiahui Shaun Murphy in einem mitternächtlichen Decider. Si hatte schon 9–6 vorne gelegen, aber Murphy kämpfte sich zurück. Im Entscheidungsframe trafen beide recht fragwürdige Entscheidungen, doch am Ende zahlte sich Sis jugendlicher Leichtsinn aus.

Damit ist Si Jiahui neben Jak Jones der zweite Debütant, der in diesem Jahr sein Auftaktspiel im Crucible gewinnen konnte.

Shaun Murphy wählte am Ende seine Worte sorgfältig und war voll des Lobes für seinen Gegner. Er sagte, er hätte im Crucible schon schlechter gespielt und trotzdem gewonnen. Aber heute sei Si Jiahui der bessere Spieler gewesen.

Si Jiahui wurde anschließend nach seinem beidhändigen Spiel gefragt. Er sagte, er hätte das in der letzten Zeit nicht extra trainiert. Und dass es wieder Murphy war, gegen den er in der ersten Runde antreten musste? Bei der Frage lächelte er, meinte aber, es wäre ihm egal, gegen wen er spielen würde; er würde sich auf sein eigenes Spiel konzentrieren. Naja, vielleicht war es doch ein wenig Genugtuung, die ihm hier zuteil wurde.

Abschließend können wir sagen: Manche sind vielleicht zu früh in Form, für manche kommt die Form spät und die anderen zittern und stochern sich durch. Und die anderen stacheln sich gegenseitig mit ein paar Beleidigungen auf. Noch ist kein Favorit auszumachen.

Alle Partien mit Zeiten und (Zwischen-)Ergebnissen findet ihr auf unserer Turnierseite. Wann die Partien im TV laufen, erfahrt ihr hier.

Auftakt zweite Runde

Heute Nachmittag startete schon die zweite Runde der WM mit der extrem unterhaltsamen Partie Luca Brecel gegen Mark Williams. Brecel war mit Decider-Sieg gegen Walden weitergekommen. Williams hatte sich mit einer sehr guten zweiten Session klar gegen Jimmy Robertson durchgesetzt. Williams ging zur Pause mit Century 3–1 in Führung. Doch Brecel glich mit tollen Breaks aus. Zwischendurch spielte er, was manche schon als ‚Shot of the Tournament‘ betitelten. Hier steht es nach der ersten Session 4–4.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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