Mark Selby steht im Finale der WM 2023

Mark Selby und Mark Allen beim Kampf und das Finale der WM: Selby bückt sich gerade, um die Stellung der Bälle auf dem Tisch zu begutachten, Allen sitzt in seinem Stuhl.
Im Kampf ums Finale der WM 2023: Mark Selby (vorn) und Mark Allen. © World Snooker/Tai Chengzhe

Nach einem langen, langen Snookerabend zog Mark Selby mit 17–15 gegen Mark Allen ins Finale der diesjährigen Snooker-WM ein. Er trifft morgen auf Luca Brecel, der sich rekordmäßig gegen das junge Supertalent Si Jiahui durchsetzte.

Sechstes WM-Finale für Mark Selby

Nach den ersten drei Sessions waren wir mit unseren Prognosen nicht viel schlauer als am Anfang. Die beiden hatten sich ein recht ausgeglichenes Spiel geliefert, mal mit Vorteil Selby, mal Allen. Mit einem 11–10 für Selby ging es in die Abendsession. Da sie in Session zwei nur fünf Frames gespielt hatten, waren es noch mindestens sechs Frames bis zur Entscheidung. Oder höchstens zwölf.

Ich war nur froh, dass ich nach der nachmittäglichen Enttäuschung heute Abend etwas entspannter gucken konnte. (Ja, ich habe Si Jiahui die Daumen gedrückt und fand es traurig, dass er am Ende von Brecel so überrollt wurde.) Ja, ich bin eher Fan von Mark Selby als von Mark Allen und mit den Depressionen und all den Schwierigkeiten fände ich es toll, wenn Selby wieder an der Weltspitze ankommt. Aber ich bin auch immer dafür, dass Titel gleichmäßiger verteilt werden. Also kochten meine Emotionen nicht so hoch. Was nicht heißt, dass ich es nicht aufregend und spannend fand!

Selby mit etwas besserem Start

Abends dann ein nervöser Beginn auf beiden Seiten. Fehler hier, verschossener Pot da, tolle Safeties und Escapes, Stellungsfehler und geniale Einsteiger. Selby machte den Selby, aber auch Allen ließ sich nicht lumpen, wenn es darum ging, fiese Snooker zu legen. Allerdings war sein Locherfolg mittlerweile auf deutlich unter 90%, was natürlich gegen einen Mark Selby nicht ausreicht, weil der jeden Fehler bestraft.

Das Ende vom Lied war, dass Selby sich die Frames zurechtstoppelte, ohne dass Allen etwas dagegenzusetzen hatte und zack, naja eher weniger zackig stand es 16–10. Erst im sechsten Frame der Session, einen Frame vor Toreschluss, wurde Allen wohl von der ‚Jetzt ist eh alles egal‘-Stimmung erfasst. Er konnte endlich ein framegewinnendes Break zusammenkratzen und die Niederlage vorerst noch ein bisschen herauszögern.

Mark Allen will doch ins WM-Finale

Wir waren also schon dabei, unsere Kaffee- und Koffeein-Getränke-Vorräte samt Popcorn wieder in die Küche zu bringen und uns bettfertig zu machen. Aber dann meinte Mark Allen, er könne doch noch einen Frame gewinnen. 16–12 stand es um zehn vor zwölf. Danach schaffte er es noch, ein schönes 45er Break zusammenzustricken, scheiterte dann aber an einer ungünstigen Roten. Selby machte 20 Punkte, doch Allen kam mit einem grandiosen Einsteiger zurück ins Geschehen. Am Ende konnte er den Frame sichern und war auf 13–16 heran. Im nächsten Frame machte Selby aus seiner ersten Chance lediglich ein 20er Break, bevor er Allen in Safety-Duelle verwickelte und daraus ein paar Foulpunkte holte. Doch überraschenderweise ging Allen nach viel Rumgegurke und verschossenen Bällen daraus als Sieger hervor und es stand 14–16. Nun begann Selby auch ein bisschen die Nerven zu verlieren. Der 31. Frame war wieder ein ziemliches Gekuller mit verfehlten Pots auf beiden Seiten und am Ende war wieder Allen der Sieger.

Inzwischen musste das erschöpfte Publikum ausgewechselt werden, denn es war mittlerweile 1:40 Uhr, zumindest bei uns. In Sheffield natürlich erst 0:40 Uhr.

In Frame Nr. 32 legte Selby 64 Punkte vor, bekam das Ding aber nicht über die Ziellinie. Doch Allen ließ eine Chance liegen, die Selby in einen Frame- und Matchgewinn verwandelte. Damit stand in seinem sechsten WM-Finale. Wenn wir Steve Davis glauben dürfen, wird Luca Brecel sich nicht Selbys Spiel aufzwingen lassen. Sondern einfach immer munter auf jeden Ball draufgehen, auch wenn er den ein oder anderen davon verfehlen sollte.

Das Finale starte morgen ähhh … heute um 14 Uhr, weiter geht es um 20 Uhr. Dieselben Zeiten gelten für Montag. Alles Wichtige zum Finale und den vergangenen Spielen der WM findet ihr hier. Wann ihr das Finale auf Eurosport verfolgen könnt, haben wir hier hingeschrieben.

In eigener Sache

SnookerPRO ist ein ehrenamtliches Projekt aus Freiwilligen, die ihre Liebe zum Snooker investieren, um andere zu informieren oder auch für das Spiel zu begeistern. Wir sind keine Profis und wir nehmen für unsere Arbeit kein Geld. Deshalb fühlen wir uns auch keiner journalistischen Neutralität (die sowieso ein Trugbild ist) verpflichtet. Wir haben unsere Favoriten unter den Aktiven, wir haben oft starke Meinungen und wir schreiben diese hier und (hauptsächlich) auf Twitter ins Internet.

Das heißt, dass wir uns und unsere Gefühle der Öffentlichkeit aussetzen. Und zu einem gewissen Maße finde ich persönlich es auch in Ordnung, dass wir manchmal kritisiert werden. So ist das eben, wenn eine Vielfalt an Meinungen und Einstellungen im öffentlichen Raum aufeinandertrifft. Und wir scheuen uns auch nicht zu diskutieren, manchmal werden wir vielleicht etwas polemisch und sind nicht immer perfekt. (Wir könnten uns zum Beispiel nochmal lautstark an der Diskussion beteiligen, warum Schiris wie Leo Scullion und Rob Spencer so wichtige Spiele schiedsen dürfen, aber Tatiana and Desislava nicht.) So ist das eben auch, wenn alles neben Erwerbsarbeit und anderem Leben passiert.

Danke an alle Mitlesenden

Um so mehr freuen wir uns darüber, dass so viele treue Menschen unsere Arbeit verfolgen und uns fachkundige, dankbare, lustige und ermutigende Kommentare oder Fragen hinterlassen. Ohne euch würden wir das hier nicht machen wollen.

Was allerdings nervt, und ich schreibe das hier aus gegebenem Anlass, sind die ewiggleichen Beschwerden über das Programm von Eurosport (mit dem wir nichts zu tun haben). Aber auch rassistische Behauptungen, frauenfeindliche Kommentare unter unseren Berichten über die Frauentour oder die Profi-Frauen auf der Main-Tour und völlig themenfremde Kommentare sind ziemlich nervig.

Wir haben deshalb noch einmal eine Bitte. Wenn euch nicht gefällt, dass wir für die Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter eintreten, dass wir keinen Schwurbeltheorien folgen und dass wir rassistische und kapitalistische Verhältnisse kritisieren, dann lest doch einfach einen anderen Blog als unseren. Wir werden diese Kommentare in Zukunft nicht mehr bearbeiten oder beantworten, sondern kommentarlos löschen.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

SnookerPRO folgen