Money, Money, Money

Poster für das Ranglistenturnier in Saudi-Arabien (Ausschnitt): schlechte Grafik mit Trump und Ding.
Wir hoffen, dass das Turnier genauso professionell wird wie die Grafik für das Poster. © WST

Snooker ist ein Sport, der auf einem grünen Tisch mit runden Bällen gespielt wird. Viel wichtiger als die runden Bälle sind jedoch andere runde Sachen: die schwarzen Nullen hinten auf den Schecks.

Geld und Geld gesellt sich gern

Diese Woche laufen die Welsh Open in Llandudno. Letztes Jahr gelang Robert Milkins das moderne Märchen: Mit dem Gewinn seines zweiten Titels gewann er das ganz große Preisgeld. Für seinen Titel bei den Gibraltar Open 2022 hatte Milkins lediglich spärliche 50.000 Pfund Siegprämie eingestrichen. Für den Welsh Open Titel gab es immerhin schon 80.000 plus den üppigen 150.000 Pfund Bonus für den Gewinn der „European Series“. Ein modernes Märchen ganz im Sinne des amerikanischen Traums: vom Tellerwäscher Milkins zum – naja, vielleicht kann er sich jetzt die ein oder andere Spülmaschine leisten. Der Bonus soll wohl zwei Zwecke erfüllen: 1. einen Anreiz für die Topprofis liefern, die Turniere mit dem kleineren Preisgeld nicht auszulassen – was ja super klappt, wie man an den Absagen von Trump und „dem anderen Kerl“ diese Woche sehen kann; 2. den Namen des Titelsponsors der Turnierreihe durch Gerede über diesen sportlich komplett irrelevanten Nebenschauplatz abermals prominent zu platzieren – etwas, was ich in diesem Artikel boykottiere.

Dass es Robert Milkins vergangene Saison geglückt ist, sich diesen Bonus zu schnappen, täuscht aber ein wenig darüber hinweg, was dabei eigentlich passiert: Eine weitere Portion des gesamt verfügbaren Preisgelds wird nach oben umverteilt. Wer am meisten Preisgeld verdient, gewinnt einen großen Topf voll Gold extra. Wollen die mich für dumm verkaufen? Mich interessieren die bunten Bälle auf dem Tisch, nicht wie rund die überquellenden Portemonnaies der Trumps, Higgins, Brecels und Selbys werden.

Top 16 – das rundum Sorglos-Paket

Von den (normalerweise) 128 Profis auf der Tour gibt es so einige, die sich darüber Sorgen machen müssen, woher eigentlich ihr Geld für Miete, Essen etc. kommt. Und wenn WOHER geklärt ist, bleibt bei Turnieren außerhalb Europas auch noch das WANN offen. Aber was sagt man da? Das Leben ist kein Ponyhof (oder so einen ähnlichen Quatsch), da sollen sie sich doch sportlich in die Top 16 vorarbeiten. Auf die 16 Snooker-Topstars wartet das Luxuspaket. Masters, Champion of Champions, Shanghai Masters, das Saudi-Einladungsturnier, usw. Wer es erstmal nach oben geschafft hat, hat es auch verdient, es sich gut gehen zu lassen.

Bei allem Spott, das ist natürlich nicht nur ironisch gemeint. Natürlich darf es auch mit etwas Komfort verbunden sein, sich nach oben zu arbeiten. Ebenso mit besseren Verdienstmöglichkeiten. Die Frage ist nur: Wie lange ist das noch verhältnismäßig? Denn neben den Verdienstmöglichkeiten auf der Tour können die Topstars ja auch nebenher mehr Geld verdienen, z.B. durch Antrittsgelder bei Exhibitions oder lukrative Sponsorendeals. Viele Profis haben gar keinen eigenen Sponsor und wie auch, wenn die Tour ihre Scheinwerfer nie auf sie richtet?

Bestens vorbereitet in die Welsh Open starten

Letzte Woche wurde mal wieder die Championship League gespielt. Davon gibt es ja zwei Varianten: Das Ranglistenturnier für alle und die traditionelle Variante. Diese lässt sich am besten als bezahltes Training für die Besten der Welt beschreiben. Der Modus ist seltsam. Sieben Spieler bilden eine Gruppe und spielen Dutzende Matches, wobei der Ausgang eines einzelnen Matches eigentlich gar nicht so wichtig ist. Am Ende gewinnt jemand die Gruppe und vier der Übrigen dürfen ihr Glück in der nächsten Gruppe erneut versuchen. Und dabei summieren sich Gruppe für Gruppe Preisgeld, Century- und Maximum-Zähler auf.

Für die Teilnehmenden ist es eine gute Gelegenheit, sich vor den wichtigen Turnieren warm zu spielen. Nach gutem Start in die Saison lief es für Barry Hawkins zuletzt nicht so gut. Außerdem droht er vor der WM aus den Top 16 rauszufallen. Die Championship League kam für ihn zum richtigen Zeitpunkt. Dort präsentierte er sich letzte Woche stark und diese Form scheint er nach Wales mitgebracht zu haben. Ähnlich John Higgins, für den die Formkurve allerdings auch vorher schon nach oben zeigte.

Blöd für die restlichen Profis, die neben ihrem Unterhalt auch noch um ihren Tourverbleib kämpfen müssen und nun gegen die Topstars in Topverfassung antreten müssen. Aber für andere ist selbst das Luxus. Da es gegen Ende der Saison sehr viele Turniere gibt, die nur einem Teil der Tour offen stehen, haben ein paar der Profis vor drei Wochen schon ihr letztes Match vor der WM-Qualifikation bestritten, die im April beginnt. Wo ist die sportlich angepriesene Chancengleichheit? Alle haben die Chance sich in die Top 16 vorzuarbeiten. Aber natürlich nur 16 davon gleichzeitig.

Moralausverkauf

Vor ein paar Wochen hatten Lula und ich mit einem kritischen Artikel auf das neue Einladungsturnier in Saudi-Arabien reagiert. Einer der Kritikpunkte: Es ist erneut ein Turnier nur für die Topstars der Szene. Nun legte die World Snooker Tour nach und hielt ihr Versprechen. Zu Beginn der neuen Saison soll nun also auch ein Ranglistenturnier für alle Profis in Saudi-Arabien stattfinden. Der Preisgeldpool ist hoch. Mit über 2 Millionen Pfund liegt er nur knapp unterhalb der Weltmeisterschaft, aber deutlich oberhalb der UK Championship.

Über alle angesprochenen wichtigen moralischen Bedenken im Zusammenhang des Sportswashing kann das aber nicht hinwegtäuschen. Anders als Kollegin Lula oder auch snooker.org-Kollegin Monique Limbos sehe ich das Ganze jedoch etwas ambivalenter: Bei allen moralischen Bedenken, die man nicht nur haben kann, sondern MUSS, steht es natürlich auch in der Verantwortung der WST, ihren Spielenden Gelegenheiten zu geben, Geld zu verdienen. An diesen Gelegenheiten mangelt es derzeit. Sollte Snooker zulasten der eigenen Profis hier das moralische Rückgrat zeigen, das weitaus größere Sportarten wie Fußball schon nicht konnten – nein, wollten?

Ein falsches Dilemma

Um ehrlich zu sein, habe ich gar keine Lust auszudiskutieren, ob es denn nun richtig oder falsch sei, sich von diesem Geld aus Saudi-Arabien kaufen zu lassen und sogar noch extra Gimmicks wie goldene Bälle und Prestige für ein „Major“ für die Meistbietenden oben drauf zu legen. Ich habe keine Lust darüber zu diskutieren, weil sich die Frage niemals stellen sollte. Es ist einfach ein falsches Dilemma.

Auf die Neuigkeit gibt es schon positive Reaktionen von Profis außerhalb der Top 16. Natürlich ist das keine Überraschung. Wenn man vor die Option gestellt wird, gutes Geld verdienen zu können oder eben nicht, wie würde man wohl wählen, wenn am Ende des Preisgeldes immer noch so viel Monat übrig ist?

Aber wo sind all die anderen Optionen? Die echte Ambition, den Sport global zu machen? Zu sagen, es ginge hier um die Gelegenheit für alle Profis Geld zu verdienen, ist doch eine faule Ausrede. Mir fehlt der Glaube daran, dass die Familie Hearn noch ernsthaft alle Möglichkeiten prüft, wie man Snooker global voran bringen und die Promotion modernisieren kann, wenn das leicht verdiente Geld aus Saudi-Arabien nicht nur den Snookerprofis, sondern auch den Geschäftsmännern lasziv winkt.

Was bliebt ist Ärger

Über was ich mich gerade lieber ärgern würde: Darüber, dass gerade ein Turnier läuft, für dass sich mein Lieblingsspieler nicht qualifizieren konnte. Darüber, dass ich heute Oliver Lines die Daumen gedrückt, aber kein Glück gebracht habe. Über was man sich als Snookerfan ärgern will: wenn ein gut gespielter Split mit einem desaströsen Snooker für einen selbst bestraft wird. Über was man sich als Snookerfan eigentlich nicht ärgern will: wenn das Sportliche für das Finanzielle in den Hintergrund tritt und man sich dabei ertappt, dass man resigniert und beginnt zu denken, dass man Sportswashing einfach hinnehmen muss.

Oder ich sollte mir an Chris (vom Podcast: Total Clearance) ein Beispiel nehmen und mit mehr Humor auf die Sache blicken.

AutorIn: Målin

Målin mag Zahlen und Tabellen. Wenn sie gerade kein Snooker guckt, wirft sie wahrscheinlich einen Blick auf die Provisional Rankings. Ist durch Langeweile zum Snooker gekommen und weil sie schon in jungem Alter einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer hatte. Neben Artikeln kümmert sich Målin bei SnookerPRO um die Spieler*innenprofile. Twitter: @esel_freund

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3 Gedanken zu „Money, Money, Money

  1. Lukas

    Auf der einen Seite beschweren sich die Topspieler über einen zu vollen Kalender und darüber keine Pausen mehr zu haben. Aber nun wird ein weiteres neues Turnier, das auch wieder mit viel Reiseaufwand für viele verbunden sein wird, von diesen gefeiert. Klar, das tolle Geld und das tolle Land…. Keine Bedenken über die fragwürdigen gesellschaftlichen Verhältnisse in Saudi-Arabien werden von den Spielern formuliert.

    Mir ist es auch zu viel geworden mit den Turnieren, die nur von den Topspielern bestritten werden. (Liegt vielleicht auch daran, dass meine Lieblingsspieler inzwischen nicht mehr in den Top 16 zu finden sind…) Nach dem Motto: Die Reichen werden immer reicher und die Armen werden ärmer. Ein Halbfinalist bei einem Q-Tour Turnier kassiert 900 Pfund. Da sollte man beispielsweise lieber mal etwas mehr reinstecken.

  2. Mr.Brian

    Ich stimme dem Artikel nicht ganz zu. Im Profisport gehts halt immer um Geld und der Marathon durch die Qualifikationen bzw. um z.B. national so gut zu sein, dass man in die internationalen Wettkämpfe kommt, ist lang und hart. Allerdings ist es selbst für die besten 100 der Welt im Snokker schwierig, den Lebensunterhalt zu verdienen, wenn man nicht ganz vorn mitspielt, Man hat ja auch hohe Kosten und ich weis ja nicht, ob es diesen “ Basisbonus“ für alle gibt. Eine Lösung wäre es vielleicht , 2 Turniere mit einigem Preisgeld zu veranstalten für die Spieler, die nicht ganz vorn mitspielen. Ob das praktikabel ist, weis ich nicht, und die WSF wird ja wohl an meinem Vorschlag nicht interessiert sein.

  3. der beste Dichter der Welt

    Ich hatte bei den German Masters die Gelegenheit mit Barry Pinches zu sprechen. Ziel war initial ein Bild und ein Autogramm für das eigene Groupie-Projekt zu erhaschen. Er saß eine Zeit lang im Spielerbereich in der Arena. Mit schicksalhafter irdischer Hilfe war es möglich, Barry Pinches zu mir zu lotsen. Der war super nett und fing mit mir umgehend ein Gespräch an.
    Zu den Profi-Bedingungen aktuell (er ist zur Zeit Amateur, war aber schon als Profi auf der Tour) meinte er, dass es momentan wohl keine Startgelder für die Spieler zu bezahlen gibt. Kosten für Reisen und Unterbringung trügen wohl die Spieler. Für die Tour-Neulinge gäbe es wohl 10000,- £ (ggf. pro Saison für die garantierten zwei Jahre). Dies habe ich noch nicht verifziert, aber im Gespräch waren solche und ähnliche Regelungen schon lange. Sofern das so zutrifft, hat sich da schon einiges verbessert.

    Barry Hearn, ob man ihn mag oder nicht, weiß genau, wie das Geschäft funktionert und hat selbst viele Risiken und Chancen durchlebt. Er stand kurz vor der Pleite. Ihm ist durchaus zuzuschreiben, dass die Main Tour /wieder) zu dem geworden, was sie ist. Ein großes Spektakel für Spieler und Zuschauer.

    Unternehmerisch riskant sind die Art von Garantien, die die Tourveranstalter im Prinzip geben. (Preisgelder unabhängig davon, wie sich die Show verkauft) Dabei werden die Chancen und Risiken auch weiterverkauft an mögliche Organisatoren vor Ort. Die Preisgelder sind auf breiter Basis nachhaltig gestiegen bzw. die finanzielle Unterstützung an Neu-Profis ist verbessert worden. Da ist selbstverständlich noch einiges an Luft nach oben.

    Es gibt ja einen Spieler, der ständig die kleineren Turniere absagt, weil er Lampenfieber hätte oder andere Wehwechen. Gerüchten zufolge (aus nicht genannter Quelle) könnte das damit zusammenhängen, dass ggf. Antrittsgelder verlangt werden und manchmal nicht bezahlt werden. Die chinesischen Veranstalter sind da geschäftstüchtiger und spendabler. Dies könnten nur die Zugpferde aushandeln.
    Judd Trump möchte ich da aber eher ausnehmen. Der tritt immer an und gilt auch aus fleißigster Non-Triple-Crown-Gewinner. Aber wenn er mal aussetzt (genauere Gründe sind mir für die Welsh Open nicht bekannt), um sich für zukünftige größere Aufgaben zu erholen oder sich auszukurieren, ist er sicherlich derjenige, dem man das auch einmal ohne Groll zubilligen kann.
    Er ist aber wohl für die Championship League in Gruppe 7 gemeldet sowie natürlich auch für die Players Championship im Anschluss an die Welsh Open.

    Man muss sich grundsätzlich klar machen, dass im Profisport i.d.R. hohe Geldäquivalente hin- und hergeschoben werden. Das ist der Kommerz. In einigen Bereichen werden Grundgehälter bezahlt (z.B. Profifußball), in anderen Bereichen fast ausschließlich Prämien. Jeder, der sich darauf einlässt, weiß eigentlich, was ihm blüht. Gemildert wird dies im Snookersport z.B. durch das Sponsoring der Spieler. Früher wurden somit oft die noch gängigen Startgelder finanziert, heutzutage unterstützt das die Reisespesen.
    Die Trainingsmöglichkeiten sind immens und eher günstig. Die Sportgeräte (Queues) sind auch ewig haltbar und bezahlbar (teilweise werden diese auch kostenfrei zur Verfügung gestellt von einigen Cuemakern).

    Für die, die den Kommerz nicht mitmachen wollen, bleibt dann noch der Amateursport. Letztendlich könnte man auch noch eigene Veranstaltungen organisieren.

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