Das langweiligste Achtelfinale aller Zeiten

Die acht Sieger der Achtelfinals, wie sie im Viertelfinale aufeinander treffen: Judd Trump gegen Shaun Murphy, Neil Robertson gegen Kyren Wilson, Mark Selby gegen Mark Williams, Anthony McGill gegen Stuart Bingham
Sechs Weltmeister erreichen das Viertelfinale © World Snooker/Tai Chengzhe

Vier klare Führungen nach den ersten beiden Sessions wurden ebenso klar nach Hause gebracht. Kein Drama, nur solide Siege für Stuart Bingham, Judd Trump, Shaun Murphy und Mark Selby. Sie komplettieren ein sehr namenhaftes Viertelfinale.

Manches an dieser WM wirkt rekordverdächtig: Der Rekord von 100 Centuries aus dem Jahr 2019 könnte überboten werden. Noch nie standen sechs ehemalige Weltmeister im Viertelfinale. Und ich glaube noch nie waren die Achtelfinals so einseitig: das langweiligste Achtelfinale aller Zeiten? Schon in der ersten Hälfte war der Thriller zwischen O’Sullivan und McGill das einzige Drama-Highlight. In der zweiten Hälfte sehnte man ein Comeback verzweifelt herbei.

Um bei fehlender Spannung die deutsche Snooker-Community bei Laune zu halten, versorgten uns Karla und Dave mit ein paar WM-Emoji-Rätseln (z.B. hier, hier oder hier) und Kathi mit einer weiteren Ausgabe ihrer stets kurzweiligen Lochbar. Danke dafür! Und wenn wir zwischen Rätseln und Lesen mal Zeit für Snooker hatten, wurden wir zumindest mit einigen spektakulären Bällen belohnt:

Bingham eiskalt, Gilbert mit versöhnlichem Saisonabschluss

Stuart Bingham rettete am Ende ein 4–4 aus der ersten Session und dominierte die zweite von Beginn an. Am Montagabend tütete er seinen Sieg mit zwei Centuries und einem 68er Break kurz und schmerzlos ein. Jamie Jones machte in der letzten Session gerade einmal 7 Punkte. Stuart Bingham ist damit die personifizierte Nicht-Überraschung dieser Weltmeisterschaft. Er ist Nummer 18 der Weltrangliste, alle anderen Viertelfinalisten stehen vor ihm. Wenn er keine Überraschung ist, dann keiner. Und er ist keine.

Judd Trump hatte mit einer 11–5-Führung die deutlichste nach zwei Sessions. Tatsächlich war die größte Überraschung des Montags, dass David Gilbert ihm vor der Pause noch drei Frames abnehmen konnte. Gilbert gelang damit erfolgreiche Ergebniskosmetik und ein versöhnlicher Saisonabschluss nach einer katastrophalen Saison. Judd Trump wird mit zwei soliden, aber nicht überragenden Leistungen mehr und mehr vom Topfavoriten zum Geheimfavoriten in einem bärenstarken Feld.

Auch Murphy und Selby geben sich keine Blöße im Achtelfinale

Die beiden Ex-Weltmeister waren nach ihrer jüngeren Form vom Kreis der Topfavoriten eher in die Schublade gefallen, auf der steht: „Sollte man auch nie unterschätzen.“ Beide zeigten, dass man sie wirklich nicht unterschätzen darf. Gegen Yan Bingtao und Mark Allen dominierten sie das Match von Beginn an und verwalteten dann ihren Vorsprung. Mit wachsendem Druck auf den Gegner gelang das dementsprechend leicht. Jedes Mal, wenn es kurz so wirkte, als könnte das Momentum drehen, waren sie jedoch wieder voll da. Das sind Leistungen, mit denen man erneut Weltmeister werden kann.

Im anschließenden Interview im Eurosport-Studio erzählte Mark Selby, dass er schon seit 2016 oder 2017 nicht mehr mit so viel Selbstbewusstsein in eine Weltmeisterschaft gestartet sei. Gefragt zu seinem kommenden Viertelfinale gegen Mark Williams und dessen Break-offs meinte er, dass er damit gut umgehen könne und bei der Players Championship sogar einen Frame direkt von Williams erstem Stoß gewinnen konnte.

Ohne Verschnaufpause ins Viertelfinale

Zum Glück brauchen wir keine engen Entscheidungen von spät in der Nacht verdauen, denn es geht ohnehin ohne Verzögerung weiter ins Viertelfinale. Heute und morgen wird noch ein letztes Mal auf beiden Tischen gespielt. Das Line-up verspricht viel, die großen Dramen sind mehr als überfällig. Lasst das Viertelfinale beginnen.

Am Vormittag starten Neil Robertson und Kyren Wilson (TV) und parallel dazu Stuart Bingham und Anthony McGill. Am Nachmittag starten die anderen beiden Matches: Judd Trump gegen Shaun Murphy im TV und parallel das Duell der beiden 3-fachen Weltmarkster Mark Selby und Mark Williams. Eine Übersicht über die Zwischenstände und Spielzeiten findet ihr wie immer auf unserer Turnierseite.

AutorIn: Målin

Målin mag Zahlen und Tabellen. Wenn sie gerade kein Snooker guckt, wirft sie wahrscheinlich einen Blick auf die Provisional Rankings. Ist durch Langeweile zum Snooker gekommen und weil sie schon in jungem Alter einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer hatte. Neben Artikeln kümmert sich Målin bei SnookerPRO um die Spieler*innenprofile. Twitter: @esel_freund

SnookerPRO folgen