Seit einem knappen Monat läuft die neue Snookersaison 2025/26. Nach den Qualifikationen für die Wuhan Open und British Open läuft wie gewöhnlich die Sommeredition der Championship League, die in diesem Jahr mit einer Extraportion Überraschungen daherkommt.
Am morgigen Freitag geht es mit der zweiten Phase weiter. Dort treffen alle 32 Gruppensieger*innen in acht neuen Gruppen erneut aufeinander. Davor wird es nochmal Zeit zurückzublicken, was bisher passiert ist. Und weil sich Snooker besser schaut als liest, haben wir ein paar Video Highlights vom Youtube-Kanal der World Snooker Tour an passender Stelle verlinkt.
Das Straucheln der großen Favoriten
Die Championship League als Saisonstart ist für Neuprofis oder Profis weiter unten in der Rangliste natürlich viel attraktiver als für die Topstars des Sports. Nur fünf der derzeitigen Top 16 hatten sich für das Turnier angemeldet: Barry Hawkins, Zhang Anda, Shaun Murphy, Si Jiahui und Chris Wakelin. Und für drei von ihnen sollte nach der ersten Phase auch schon wieder Schluss sein, nur Zhang Anda und Chris Wakelin sind noch dabei.
Das Schicksal des frühen Ausscheidens ereilte ebenfalls Titelverteidiger Ali Carter sowie dem unterlegenen Finalisten des letzten Jahres Jackson Page. Und weil Snookerfans eine große Vorliebe für Flüche haben, wurde auch schon vom Promofoto-Fluch gemunkelt. Matchroom hatte neben Carter, Si und Murphy Gary Wilson und Jak Jones als Werbegesichter für die Championship League ausgesucht. Alle fünf scheiterten in Phase 1.
Gruppen haben ihre eigenen Gesetze
Natürlich kann man unken, dass best-of-4 Spiele Überraschungen provozieren. Natürlich ist da was dran, aber ich denke, das ist zu kurz gedacht. Um aus einem Feld aus 128 Teilnehmenden in die Runde der letzten 32 einzuziehen, müssen drei best-of-4 Matches bestritten werden anstatt zwei best-of-7. So klingt das gar nicht mehr so unterschiedlich zu Formaten wie dem der Home Nation Series.
Jeder Frame kann zählen – muss es aber nicht. Und das besondere Drama des Formats liegt darin, dass man oft nicht erahnen kann, welcher Frame am Ende das Zünglein an der Waage ausmacht. Während manche der Teilnehmenden, wie zum Beispiel Yuan Sijun mit drei Siegen und diversen Centuries ungefährdet ihre Gruppen dominierten, verliefen andere doch deutlich knapper.
In Gruppe 3 war Shaun Murphy der Prügelknabe der drei anderen. Er verlor alle seine Matches, während Alfie Burden, Révész Bulcsú und Robbie McGuigan einander reihum besiegten. Ausschlaggebend war am Ende das glatte 3–0 Burdens gegen Révész, da alle anderen Matches 3–1 endeten.
In Gruppe 1 strauchelte Barry Hawkins zu Beginn und verlor die ersten beiden Frames gegen John Astley auf Schwarz, konnte aber noch das 2–2 erkämpfen. Dennoch konnte die Gruppe kaum besser für ihn laufen. Nach einem 3–0 gegen Harris Tahir brauchte er im letzten Match nur noch einen Framegewinn für den Gruppensieg. Sein Gegner Haydon Pinhey hatte zu dem Zeitpunkt noch kein Match in der Gruppe gewonnen. Allerdings erspielte er sich ein starkes 3–0 und zog damit verdient in die morgen startende zweite Phase ein.
(Screenshots von Snooker.org)
Die Championship League is freundlich für Tourneulinge
Was ich seit Jahren an diesem Saisonstart schätze ist, dass man als zuschauender Fan auch mal Spieler*innen sieht, die sonst nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen. Und direkt zu Saisonbeginn lernt man mal die ganzen Rookies, die Neuen auf der Tour, kennen. Aber das Kennenlernen gilt auch andersrum. Für manche Neulinge startete die Saison schon damit, bei den Qualifikationsrunden von den Topstars nahezu chancenlos abgefertigt zu werden. Bei der Championship League bekommen alle drei Matches gegen Gegenspielende unterschiedlicher Qualität garantiert. Und selbst wenn es für ein Weiterkommen nicht reicht, für die Plätze 2 und 3 in der Gruppe gibt es auch noch etwas Preisgeld zu gewinnen.
Der 21-Jährige Neuprofi Liu Wenwei konnte die Gelegenheit für sich nutzen. Nach einer klaren Niederlage in der Quali für die British Open und einer Decider-Niederlage in der Wuhan Open Quali marschierte er ganz souverän durch seine Championship League Gruppe. Nach Siegen gegen Jordan Brown und Jackson Page stand er schon vor seinem letzten Match als Gruppensieger fest. Das erste Pro-Century (134) gab’s inklusive.
Auch der 16-jährige Lan Yuhao konnte ein bisschen zeigen, dass er ein großes Talent ist, auch wenn es für das Weiterkommen noch nicht reichte. Er spielte eine 142 in seinem Sieg gegen Yu Yichen und erreichte ein Unentschieden gegen Gruppensieger Matthew Stevens. Yao Pengcheng zog mit zwei Unentschieden und einem Sieg gegen Gruppenfavoriten Jamie Jones ebenfalls in Phase 2 ein. Auch Florian Nüßle gelang mit seinem ersten Sieg als Profi mit Century gegen Iulian Boiko ein solider Start ins Profileben. Er wurde damit Gruppendritter.
Abschluss der ersten Phase mit Maximum
Heute war der letzte Tag der ersten Phase. Die kommentierte Gruppe war schnell entschieden. Liam Highfield und Fan Zhengyi waren beide zeitweise gefrustet. Xu Si startete stark und stand schon vor seinem Abschlussmatch gegen Fan Zhengyi als Gruppensieger fest. Fan brauchte einen Frame, um Dritter zu werden. Als der geholt war und es um gar nichts mehr ging, versuche sich Fan Zhengyi mal an einem Maximum. Dank ein paar beeindruckender Rettungsbälle hatte er am Ende auch Erfolg. Xu Sis Versuch einer maximalen Antwort scheiterte im folgenden Frame dann aber relativ früh.
Einfach mal durchstarten? Die Geheimfavorit*innen
Nach dem Ausscheiden der wenigen Topstars im Turnier bleiben eigentlich gar nicht mehr so viele klare Favoriten übrig: Zhang Anda, Chris Wakelin, Wu Yize, Stuart Bingham, Elliot Slessor, Stephen Maguire, David Gilbert, Pang Junxu, Tom Ford und Jack Lisowski ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Okay es sind doch ein paar der zweiten Riege, die noch dabei sind. Manche von ihnen sind immer noch auf dem Weg zum ersten Main Tour Titel, andere hoffen auf den ersten Titel seit längerer Zeit. Außerdem Tom Ford. Gar nicht so einfach einen echten Favoriten unter ihnen auszumachen.
Also werfen wir mal einen Blick auf die möglichen Dark Horses, die man vor dem Turnier vielleicht nicht so auf der Rechnung hatte. Dazu gehören einige Nachwuchsspieler*innen, die sich zwar nicht im ersten, aber nun im zweiten, dritten oder vierten Profijahr befinden und hier darum spielen, dass mal der Knoten platzt. Dazu gehören Ben Mertens, Artemijs Žižins, Liu Hongyu, Liam Davies, Amir Sarkhosh, Dylan Emery und Ng On Yee, die sich hier bisher gut präsentierten und sich nun Hoffnung machen dürfen den Finaltag am kommenden Mittwoch zu erreichen.
Ng On Yee gelang es durch ihren Gruppensieg als erste Frau die Runde der letzten 32 in einem Ranglistenturnier der Main Tour zu erreichen. Wir hoffen sie ist hungrig auf mehr und drücken eifrig alle verfügbaren Daumen. Morgen tritt sie gegen Joe O’Connor, Elliot Slessor und Haydon Pinhey an.
Wenn ich einen Geheimtipp (und damit sicher wohl sicher auch einen Fluch) abgegeben dürfte: Yuan Sijun hatte eine starke letzte Saison, was angesichts anderer chinesischer Erfolge aber ein bisschen unterging. Er zeigte auch eine der stärksten Leistungen in Phase 1. Allerdings ist er in Phase 2 auch in einer der stärksten Gruppen gelandet: Er spielt morgen gegen Zhang Anda, Stephen Maguire und Thepchaiya Un-Nooh.
Einen Überblick über die acht Gruppen der zweiten Phase, den Spielplan und die Resultate findet ihr auf unserer Turnierseite.
Qualifikationen zu den Wuhan Open und British Open
Dieses Jahr startete die Saison nicht mit der Championship League, im Juni wurden schon die Qualifikationen für Wuhan und die British Open gespielt. Was is davon nach drei Wochen Championship League noch in Erinnerung geblieben?
Zu den Wuhan Open gab es zunächst keinen Stream. Laut WST sollte Discovery Plus übertragen. Die meinten ihrerseits sie hätten keine Übertragungsrechte. Letztlich wurde die Qualifikation in Deutschland dann auf WST Play freigeschaltet, netterweise sogar gratis. Dennoch ein etwas unrühmliches Chaos.
Positiv in Erinnerung geblieben hingegen ist der gute Saisonstart der Frauen. Bai Yulu konnte sich für die British Open qualifizieren, Reanne Evans gelang das sogar für beide Turniere.