Drei Runden der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2021 sind absolviert. Heute und morgen folgt das Highlight vieler Snookerfans: der Judgement Day. Die letzten 32 Spieler kämpfen um die 16 verbleibenden Plätze im Crucible. Und es gibt endlich wieder lange ‚best of 19‘-matches und eine Konferenzschaltung.
Kult-Konferenz am Judgement Day mit Doherty und McManus
Eine Besonderheit des Judgement Days ist die Konferenzschaltung. Anstatt ein Match an einem Tisch die ganze Zeit zu verfolgen, behält man dabei einen Überblick über alle acht parallel gespielten Matches. Man bekommt also alles etwas mit – aber nichts so richtig. Aber spätestens seit dem spätnächtlichen Rekord-Decider zwischen Fergal O’Brien und David Gilbert 2017 hat die Judgement Day Übertragung Kultstatus.
In diesem Jahr findet diese Übertragung mit Rob Walker, Ken Doherty und Alan McManus statt. Doherty und McManus geben hier eine Vorschau. Wir dürfen gespannt sein. Zu sehen ist diese Übertragung auf Youtube, auf Facebook und auch im Eurosport-Player. Dort gibt es auch weiterhin zwei Matches am Stück zu sehen. Heute sind das Zhou Yuelong gegen Liam Highfield (mit englischem Kommentar) und Graeme Dott gegen Tian Pengfei (unkommentiert).
Die Spiele am Dienstag: Judgement Day 1
Zhou Yuelong – Liam Highfield
Graeme Dott – Tian Pengfei
Lyu Haotian – Chang Bingyu
Matthew Selt – Scott Donaldson
Robert Milkins – Kurt Maflin
Jamie Jones – Li Hang
Lu Ning – Liang Wenbo
Mark Davis – Jamie Clarke
Das sind die ersten acht Matches. Am heutigen Abend kennen wir also acht weitere Teilnehmer der WM-Hauptrunde. Die erste Session beginnt um 12 Uhr, die zweite um 18 Uhr. Die Matches sind ‚best of 19‘ und 9 Frames davon werden in der ersten Session gespielt.
Könnte eng werden: Das Duell zwischen Milkins und Maflin ist ein bisschen das Duell zwischen zwei Wundertüten. Brandgefährlich an ihren guten Tagen, aber nicht konstant genug für die Top 16. Da kann alles passieren und es könnte spannend werden. Das Duell zwischen Selt und Donaldson hat das Potenzial dazu, mit hohem Niveau zu starten, um irgendwann im Taktik-Sumpf zu stranden. Schwer dort vorherzusagen, wer gewinnt.
Mögliche Überraschungen: Chang Bingyu und Lu Ning spielen jeweils in rein chinesischen Duellen um ihr mögliches Crucible-Debüt. Beide sind sicherlich Außenseiter, aber mit Chancen. Gegen Ford hat Chang gezeigt, dass er Fehler seines Gegners ausnutzen kann. Wenn Lyu schwächelt und Chang seine Nerven behalten kann, ist da sicherlich die größte Überraschung des Tages möglich. Eine Überraschung, mit der einige rechnen, ist Jamie Jones. Er hat die Erfahrung und nach seiner Rückkehr auf die Tour ist er so ausgeglichen wie nie zuvor. Wäre also vielleicht keine echte Überraschung, wenn er sich erneut fürs Crucible qualifiziert.
Die Spiele am Mittwoch: Judgement Day 2
Igor Figueiredo – Mark Joyce
Ryan Day – Ricky Walden
Bai Langning – Martin Gould
Steven Hallworth – Gary Wilson
Ali Carter – Alexander Ursenbacher
Zhao Xintong – Sam Craigie
Chris Wakelin – Xiao Guodong
Luca Brecel – Stuart Bingham
Für morgen ist noch nicht bekannt, welche beiden Matches man sich vollständig im Eurosport Player angucken kann. Sicherlich wird Bingham gegen Brecel zu sehen sein. Das andere Match könnte Carter – Ursenbacher oder etwas weniger wahrscheinlich Day – Walden sein.
Könnte eng werden: Wir wissen schon sicher, dass es in diesem Jahr mindestens einen Debütanten im Crucible geben wird. Denn sowohl Igor Figueiredo als auch Mark Joyce haben sich noch nie für die Endrunde qualifiziert. Für einen wird sich das ändern. Das Duell der beiden dürfte also besonders interessant und spannend sein. Drama-Potenzial!
Daneben versprechen sowohl Day gegen Walden als auch Carter gegen Ursenbacher enge Partien auf hohem Niveau zu werden. Es ist gar nicht so einfach Favoriten in diesen Matches zu benennen.
Mögliche Überraschungen: Gary Wilson hatte keine gute Saison, erkämpfte sich aber gegen Greene die Teilnahme am Judgement Day. Steven Hallworth hat eine gute Form und starke Nerven bewiesen, ein überraschendes Crucible-Debüt erscheint gar nicht so unwahrscheinlich. Das Potenzial für die größte Überraschung hat Bai Langing. Mit Martin Gould steht ihm aber ein harter Gegner gegenüber. Etwas bessere Chancen auf ein Debüt im Crucible dürfte Sam Craigie haben. Er zeigte sich zuletzt in guter Form. Das Match gegen Zhao Xintong könnte unterhaltsam und spannend werden.
Viele knappe Entscheidungen in Runde 3
Die dritte Runde der Qualifikation war voller Spannung und zum Teil auch Drama. Gleich in der ersten Session gingen alle vier Matches in den Decider. Am kommentierten Tisch gelang Xu Si nach seinem Sieg über Stephen Hendry beinahe die ganz große Überraschung. Zweimal ging er gegen Zhou Yuelong mit zwei Frames in Führung, zweimal glich Zhou wieder aus. Im zehnten Frame hatte Xu Si die Chance, das Match zu gewinnen. Doch nach 67 Punkten im Break verlor er die Stellung und verschoss eine Kombination. Zhou Yuelong spielte eine nervenstarke Clearance und gewann im Anschluss den Decider dank einer 71.
Parallel dazu wehrte Liam Highfield ein Comeback von Elliot Slessor ab, während Matthew Selt eines gegen Nigel Bond gelang. In der vierten umkämpften Partie des Nachmittags setzte sich Scott Donaldson gegen Dominic Dale durch. Am Samstagabend setzte sich Robert Milkins ebenfalls im Decider gegen Joe O’Connor durch. O’Connor spielte zwar drei Centuries, aber Milkins gewann alle knappen Frames, die erst auf die Farben entschieden wurden.
Ein besonders kurioses und enges Match fand am Sonntagabend statt. Ryan Day traf auf Louis Heathcote. Und schon der ersten Frame kündigte an, was zu erwarten war: Nach einem Fluke gewann Heathcote den Frame durch ein Century. Die Flukequote blieb auch im restlichen Match ungewöhnlich hoch und so wunderte es nicht, dass ein Fluke von Ryan Day im Decider letztlich die Entscheidung brachte. Allerdings ist es ein anderer Fluke, über den wohl noch lange gesprochen wird. ‚Escape of the Millennium‘ ist vielleicht etwas frühzeitig verliehen, aber seht selbst:
Fragwürdige Abbrüche kurz vor der Entscheidung
Zwei Matches der dritten Runde wurden kurz vor Ende abgebrochen und vertagt, da sie nicht vor Beginn der nächsten Session beendet wurden. Da offensichtlich genug Tische, Referees und sonstiges Personal vor Ort war, blieb für die Fans ein bisschen unklar, warum die Unterbrechung überhaupt notwendig war.
Lu Ning führte 5–1 gegen Jimmy Robertson. Doch dann startete Robertson ein Comeback und erreichte den Decider. Lu Ning saß auf seinem Stuhl und hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Doch dann kam es zum vorübergehenden Abbruch und es blieb ihm Zeit, sich neu zu ordnen. Tatsächlich gewann er später am Abend den Decider. Über organisatorische Hintergründe können wir natürlich nur spekulieren, sportlich ist das Abbrechen kurz vor Ende aber doch etwas fragwürdig.
Am Montag erwischte es auch Martin O’Donnell und Alexander Ursenbacher. Deren Match begann schon gemächlich. Am Ende des neunten Frames hatten sie sich in ein langgezogenes Taktik-Duell verstrickt. O’Donnell behielt die Überhand und verkürzte auf 4–5. Nach der Vertagung konnte O’Donnell den ersten Frame gewinnen. Allerdings stellte er im Decider Ursenbacher einen leichten Einsteiger vor die Mitteltasche. Daraus wurde zwar nur eine 48, aber Alex behielt dann auch im Safeduell die Oberhand und erhielt sich damit die Chance, nach seinem Debüt im letzten Jahr erneut das Crucible zu erreichen.
Die größten Überraschungen
Vier Spieler, die in der ersten Runde gestartet waren, erreichten nach insgesamt drei Siegen den Judgement Day. Jamie Clarke sicherte sich bei der letzten Weltmeisterschaft mit der Qualifikation für die Endrunde seinen Verbleib auf der Main Tour. Dieses Jahr bestätigt er das. Wie im Jahr zuvor schlug er in der dritten Runde Joe Perry. Dabei hatte er zuvor schon Nervenstärke bewiesen, als ihm nach 0–5 Rückstand ein unwahrscheinliches Comeback gegen Jamie O’Neill gelang.
Auf Steven Hallworth haben wir schon seit einigen Jahren ein Auge. Diese Saison gelang ihm die Rückkehr auf die Tour. Trotz einiger starker Auftritte verlief seine erste Saison jedoch durchwachsen. Zum wichtigsten Turnier der Saison sollte sich das ändern. Er gewann sein erstes Match bei der Weltmeisterschaft überhaupt und marschierte im Anschluss bis zum Judgement Day durch. Dabei siegte er in der dritten Runde gegen den Welsh Open-Sieger Jordan Brown mit 6–5.
Ein enges Match lieferten sich die Freunde und Trainingspartner Thepchaiya Un-Nooh und Igor Figueiredo. Am Ende war der Brasilianer der Coolere der beiden und setzte sich im Decider durch. Er erhält sich damit den Traum, einmal in Crucible spielen zu dürfen. Die größte Überraschung der Qualifikation ist allerdings Bai Langning. Er kam letzte Saison auf die Tour und hatte zunächst keinen guten Einstand. Im Frühjahr 2020 kehrte er nach China zurück und blieb während der Pandemie dort. Die Weltmeisterschaft ist das erste Turnier dieser Saison, an dem er teilnimmt. Um auf der Tour zu bleiben, muss er sich für die Endrunde qualifizieren. Nach Siegen über Allan Taylor, Alan McManus und Ben Woollaston steht er nun kurz davor.