Neil Robertson ist Masters Champion 2022

Masters 2022: Der Handschlag vor dem Finale
Neil Robertson und Barry Hawkins vor dem Masters Finale 2022. © World Snooker/Tai Chengzhe

Neil Robertson gewinnt das Finale des Masters 2022 gegen Barry Hawkins mit 10–4 und holt damit zehn Jahre nach dem ersten seinen zweiten Masters-Titel. Neben der Paul-Hunter-Trophäe nimmt er satte £250.000 an Preisgeld mit, für seinen Finalgegner gibt es immerhin noch £100.000.

Hawkins hatte auf seinem Weg ins Finale Shaun Murphy, Mark Selby und Judd Trump geschlagen, Robertson war gegen Mark Williams, Ronnie O’Sullivan und Anthony McGill erfolgreich.

Durchwachsener Nachmittag mit Vorteil Robertson

Die erste Mini-Session teilten sich Hawkins und Robertson gerecht untereinander auf und es ging mit 2–2 in die Pause. Bei diesem Zwischenstand war es aber Hawkins, der sich damit glücklicher schätzen konnte als sein Gegner.

Nach der Pause gab es erstmal eine Reihe von Frames, die von leichten Fehlern geprägt waren, wobei sich beide nicht viel nahmen. So ging es bis zur 4–3-Führung für Robertson. Besonders ärgerlich für Hawkins war der fünfte Frame, wo er statt der Punkte für den Frameball Foulpunkte für ein Kleiderfoul kassierte und Robbo den Frame zum 3–2 hinterherwarf. Den letzten Frame des Nachmittags holte sich Robbo mit 73er Break zum 5–3. Hawkins kämpfte am Ende noch vergeblich um Foulpunkte.

Zwei Tweets, die den Nachmittag gut bebildern: Barry Hawkins Kleiderfoul und die vornehme Umschreibung von Kollege Snookerbacker, dass wir hier (noch) nicht die Crème de la Crème des Snooker gesehen haben.

Ein Arbeitssieg für Robertson im Masters Finale

Am Abend baute Neil Robertson im zerfahrenen neunten Frame erstmal seinen Vorsprung zum 6–3 aus. Doch Hawkins konnte sofort kontern und verkürzte auf 6–4. Barrys Neffe hatte im Vorfeld betont, dass sein Onkel sich hier einfach nur konzentrieren müsste, um das Ding gegen Robertson zu gewinnen. Wir waren zaghaft optimistisch, dass Barry sich an die Ansage seines Neffen halten würde. Doch ein gruseliges Miss von ihm auf Rot im elften Frame, das Neil einen offenen Tisch überließ, gab diesem Optimismus einen heftigen Dämpfer. Denn der nutzte die Gelegenheit für ein 68er Break zum 7–4.

Als Robertson dann auch noch im 12. Frame direkt ins Break kam, hatten wir die Sache schon abgehakt. Und dann verschießt er bei 39 Punkten einfach Rot auf die Ecke und lässt Hawkins ins Break. Und der verschießt nach nur wenigen Bällen Schwarz. Solche Frames sind der Grund, warum das hier mit dem Titel bisher noch nix geworden ist. Am Ende stand der Frame natürlich bei Robertson auf dem Zählbrett zum 8–4, der hier einfach das kleine bisschen entspannter sein konnte.

Genau so ging es dann nach dem Midsession Intervall auch weiter zum 9–4. Robertson machte dabei sein zweites Century des Spiels, eine 114. Danach lief dann nichts mehr für Hawkins und der Frame- und Matchgewinn war nur noch Formsache für Robertson.

Ein glücklicher Masters Champion

Neil Robertson lobte nochmal die tolle Atmosphäre, an der sich ja die Geister des Publikums schieden. Er räumte in seiner Bescheidenheit ein, dass Hawkins einen Nachteil hatte, weil sein Halbfinale gestern bis spät in den Abend ging. Alles in allem war er glücklich und erleichtert über seinen Erfolg. „Mit den Spielern, die ich schlagen musste, habe ich es sicherlich verdient, hier zu stehen. Jedes Match hat mich vor Herausforderungen gestellt. Es ist fantastisch, die Menge hier zu erleben und ich bin so glücklich, diesen wundervollen Titel noch einmal zu gewinnen.“

Barry Hawkins gestand anschließend ein, dass er zu viele Fehler gemacht hatte. Doch er hatte eine der besten Wochen seines Lebens und war deshalb nicht allzu enttäuscht. Er sollte mal mit seinem Mental-Coach darüber sprechen, warum er nach so soliden Turnierleistungen oft kurz vor der Ziellinie zerbröselt. Seine Leistung in diesem Finale war ein krasser Gegensatz zu dem, was er in den Spielen davor geboten hatte.

Abseits des Tisches: Mark Selby meldet sich zu Wort

Nach seiner 1-6 Schlappe gegen Barry Hawkins meldete sich Mark Selby zu Wort und erklärte, warum er in letzter Zeit so neben sich steht.

Er schreibt: „Ich möchte mich bei all meinen Freund*innen und Familie dafür entschuldigen, dass ich sie habe hängenlassen. Ich bin mental nicht gut drauf, hatte einen Rückfall. Zu versuchen es nicht rauszulassen und mir nichts anmerken zu lassen, ist nicht der Weg. Ich verspreche, mir Hilfe zu holen und mich zu bessern.“

Heute meldete er sich noch einmal zu Wort: „Ehrlich gesagt, bei all den Matches, die ich als Profi gewonnen habe: Gestern den Mund aufzumachen und zuzugeben, dass ich Hilfe brauche, war die größte Hürde, die ich jemals genommen habe. Mir ist damit eine große Last von den Schultern genommen. Ich habe das Gefühl, ich muss keine Maske mehr tragen!!! Alle, die dasselbe durchmachen oder durchgemacht haben, können das nachempfinden.“

Tabuthema Depressionen

Die Reaktionen darauf waren, soweit ich sehen konnte¹, durchweg positiv und unterstützend. Besonders viele Männer antworteten, sagten, Mark müsse sich nicht entschuldigen und sprachen von ihren eigenen Erfahrungen mit Depression, Suizidgedanken und der Hilfe, die sie bekommen und bekamen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es tatsächlich nicht mehr so ein großes Tabu-Thema ist wie noch vor ein paar Jahren. Und das ist eine gute Entwicklung. Doch da gerade im Snooker viele Menschen davon betroffen sind, ist es natürlich wichtig, dass hier konkrete Hilfe geboten wird, auch wenn jemand noch nicht den Schritt an die Öffentlichkeit gehen kann oder mag.

WPBSA Chairman Jason Ferguson bot sofort Unterstützung an, nicht nur für Selby, sondern für alle Mitglieder, die Hilfe brauchen. „Es tut uns immer leid zu hören, wenn irgendeine*r unserer Aktiven durch eine schwere Zeit geht“, sagte Ferguson.

Wir wünschen allen betroffenen Aktiven, dass das wirklich der Fall ist und sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen.

______
¹ Ich möchte hier nicht näher darauf eingehen. Aber ausgerechnet ein Spieler, der selber mit seinen Mental Health Issues an die Öffentlichkeit geht, nutzte seine Pundit-Position in einem bekannten TV-Studio dafür, eine unerträgliche ‚Kopf-Hoch‘-Attitüde an den Tag zu legen. Und betrieb zwischen den Zeilen ein bisschen Selby-Bashing. Fuck you.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

SnookerPRO folgen

Ein Gedanke zu „Neil Robertson ist Masters Champion 2022

  1. indianmaid

    super job, Mark Selby, it is sometimes more difficult to accept help rather than finding help, you don’t need to apologize, it is all human and openmindedness is very helpful even for others who maybe still lack the courage to communicate in public about their health conditions. But it is the first step to realize and admit if one has problems if one attempts to improve his situation. Just hope that Mark will find confidence and someone with a good deal of empathy able to give him the support and coaching to make him see the good side of life a bit more again…

Kommentare sind geschlossen.