Maximales WM Achtelfinale

Neil Robertson bejubelt sein Maximum im Achtelfinale
Was für ein Augenblick für Neil Robertson: Maximum im Crucible Theatre!

In den heutigen Partien des Achtelfinale setzten sich John Higgins, Stuart Bingham, Judd Trump und Jack Lisowski durch. In der letzten Partie gab es ein ganz besonderes Highlight.

Am Abschlusstag der zweiten Runde gab es endlich die dramatischen Begegnungen, auf die wir die ganze Zeit warten. Dazu kamen noch (erfolgreiche und -lose) Maximumbreakversuche ohne Ende. Irgendwie erinnerte mich die Session an das legendäre Viertelfinale des German Masters 2015.

Maximales Match für Neil Robertson und Jack Lisowski

Jack Lisowski hatte gestern extrem stark gespielt und war deshalb nicht überraschend gegen Neil Robertson mit 9–7 in Führung gegangen. Vor der Session sagte Alan ‚Angles‘ McManus: „In der letzten Session, wo es um einen Platz im Halbfinale geht, gehst du raus, um Frames zu gewinnen, nicht um irgendwas zu performen.“ Das sollte unsere Erwartungen an Century-Rekorde dämpfen. Immerhin hatten die beiden schon vier Centuries in Folge gespielt, was vorher erst zweimal gelungen war. Dazu kam noch ein fünftes Century von Lisowski.

Im ersten Frame profitierte Lisowski von Robertsons Fehler, als dieser nach einer Roten keine Position auf eine Farbe hatte. Die Fachleute unkten zu diesem Zeitpunkt.

Und sie sollten vorerst recht behalten. Im 18. Frame war Lisowski eigentlich am Ruder, verdaddelte aber eine Safety, was Robertson gnadenlos ausnutzte. Und im 19. machte Robbo dann, was schon manch andere heute versucht hatten: Er spielte ein Maximumbreak. Und als wäre nichts geschehen und ihm das Adrenalin nicht gerade aus den Ohren geschossen, glich er im nächsten Frame aus und ging anschließend sogar 11–10 in Führung. Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl kaum noch jemand einen Pfifferling auf Lisowski gesetzt.

Doch wie Phönix aus der Asche spielte er einen riskanten Einsteiger und machte daraus ein framegewinnendes Break zum erneuten Ausgleich. Im nächsten Frame machte er es wieder so, aber dieses Mal wurde sein Mut nicht belohnt. Robertson stahl ihm den Frame, nachdem Lisowski Blau verfehlt hatte. In Frame Nr. 24. erspielte sich Robertson 55 Punkte Vorsprung, bevor er verschoss und Lisowski eine nervenstarke Clearance hinlegte. Wir hatten den ersten Decider der WM!

Lisowski hatte die erste Chance, Robertson die zweite. Sie lochten Unlochbares, verstellten sich, brachten beeindruckende Cuepower … Und am Ende hatte Jack Lisowski die 13 Frames auf dem Scoreboard.

Schönes, aber erfolgloses Kommzurück von McGill

Vor der Abendsession führte Judd Trump 10–6 gegen Anthony McGill. Bei diesem Match war ich emotional eigentlich völlig unberührt, bis ich auf Twitter gesehen habe, dass McGill offensichtlich ein gutes Herz und für eine Ukrainerin gebürgt hat. Wir freuen uns, dass Tanya, die zwischenzeitlich in Deutschland gestrandet war, nach ziemlich langer Wartezeit endlich nach Schottland ausreisen konnte. Und dank einer anderen freundlichen Person war sie heute sogar im Crucible dabei.

Der gutherzige Schotte legte gleich mit einem Century los, Trump antwortete mit gleichem Kaliber. McGill zog mit einer 78 und 77 nach zum 11–9 und machte nach der Pause genau da weiter: Break 124, 11–10. Zwei Anläufe brauchte Trump, um den nächsten Frame zu gewinnen. Der nächste ging dank einiger unglaublicher Pots (und mit Trumps freundlicher Hilfe) wieder an McGill zum 12–11. Auch wenn McGill im 24. Frame die erste Chance hatte, war es am Ende Trump, der den Frame und das Match gewann.

Im Achtelfinale komplette Session verschlafen

Mit 5–11 ging es nachmittags bei Noppon Saengkham gegen John Higgins in die Entscheidung. Im ersten Frame konnte Saengkham nach 63 Punkten Rückstand noch eine Respotted Black erzwingen. Dabei spielte er Bälle, die er besser gestern auch mal ausgepackt hätte. Leider traf er Schwarz zu hart und verfehlte, Higgins lochte und besiegelte damit die Vorentscheidung. Den nächsten Frame sicherte sich Noppon mit seinem bisher höchsten Matchbreak, einer 70. Im 19. Frame legte er dann mal eben einen Maximumbreakversuch hin, der leider an der letzten Roten scheiterte.

Maximumversuch: Noppon Saengkham visiert die letzte Rote an.

Diese Rote ging leider nicht rein.

Im letzten Frame verstellte Higgins sich nach 40 Punkten, doch Saengkham konnte die Chance nicht nutzen und Higgins begrub jegliche Hoffnung auf ein Midsession Interval und erfolgreiches Kommzurück durch den Thailänder und frischgebackenen Vater (letzteres erwähne ich nur zur Sicherheit, falls jemand die vier Millionen Erwähnungen im TV verpasst haben sollte).

Noppon sagte anschließend sowas Ähnliches wie: „John Higgins war derjenige, der das Spiel komplett kontrollierte. Er dominierte das Spiel, sowohl mental als auch technisch. Es war eine großartige Erfahrung für mich, ich habe viel von ihm gelernt. Ich werde härter arbeiten, um meine Chancen auf einen Weltmeistertitel in den kommenden Jahren zu erhöhen.“ Sein Take-Away aus der diesjährigen Crucible-Erfahrung könnte sein, dass es noch nicht wert ist zu feiern, wenn du nach 1–4 Rückstand noch ausgleichen kannst. Und dass es keine gute Idee ist, bei einer ganzen Session fast vollständig abwesend zu sein und nur einen Frame zu holen. Aber er kann das Erreichen des Achtelfinale als Erfolg verbuchen und jetzt endlich nach Hause fahren und seine Tochter sehen.

Nahezu maximaler Achtelfinale-Nachmittag

Nicht so eng wie von der Kollegin vorhergesehen wurde es bei Bingham–Wilson, obwohl sich das 7–5 durch einen Zwischenspurt von Kyren Wilson zum Ende der Session noch zum 8–8 hingeruckelt hatte. Stuart Bingham sackte alle vier Frames vor der Pause ein. In Frame 18. war er auf dem Weg zum Maximum, doch bei 97 Punkten war Schluss. Trotz beharrlicher Gegenwehr (zumindest im 20. Frame) machte Kyren Wilson in dieser Minisession nur 21 Punkte. Erst nach der Pause konnte er sich einen Frame noch von hinten auf Schwarz erkämpfen. Doch das reichte einfach nicht mehr. Bingham gewann 13–9. Nicht, dass der letztjährige Halbfinalist hier überfliegermäßig gespielt hat … aber Kyren Wilson war in dieser Partie einfach nicht der Spieler, der hier potentiell einen Titel holen könnte.

Die Viertelfinale: morgen ab 11 Uhr

Morgen starten dann alle Viertelfinalspiele. Um 11 Uhr geht’s los mit Yan Bingtao gegen Mark Williams sowie Stephen Maguire gegen Ronnie O’Sullivan. Um 15:30 Uhr fangen Stuart Bingham gegen Judd Trump und John Higgins gegen Jack Lisowski an.

Alle Sessionzeiten, Zwischenstände und Ergebnisse gibt es auf unserer Turnierseite. Die Eurosport-Sendezeiten stehen hier.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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