Es gab viele enge Entscheidungen am zweiten Judgement Day. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse. Schließlich komplettieren David Gilbert, Chris Wakelin, Noppon Saengkham, Liam Highfield, Matthew Stevens, Jackson Page, Jamie Clarke und Hossein Vafaei die Endrunde der Weltmeisterschaft im Crucible Theatre.
Am Dienstag am ersten Judgement Day gab es schon einige spannende Begegnungen. Der gestrige zweite Judgement Day konnte sich dahingehend sogar noch steigern. Einige namenhafte Spieler waren beteiligt, allen voran Graeme Dott, der Weltmeister von 2006. In seinem Auftaktmatch in Runde 3 gegen Pang Junxu hatte er ein Maximum Break gespielt (wer es verpasst hat, kann es in voller Länge hier nachholen). Das war erst sein zweites überhaupt, 23 Jahre nach seinem ersten.
Ein hart erarbeitetes 10–3
Nur ein einziges Match verlief einseitig. Und es war weitaus ausgeglichener als der Endstand verrät. David Gilbert setzte sich gegen Anthony Hamilton durch, musste seine Framegewinne aber alle hart erkämpfen. In Frame 2 und 3 ging Gilbert in Führung, aber Hamilton konnte die Frames noch stehlen und lag am Anfang des Matches sogar vorne. Und so verlief ein Großteil des restlichen Matches. Gilbert legte mit guten Breaks vor, verpasste es aber, die Frames sicher zu machen. Und Hamilton warf dann alles in die Waagschale, um ihm die Frames noch abzunehmen. Meistens jedoch erfolglos. Gilbert spielte ein Century (100) und eine 86, alle restlichen Frames musste er erarbeiten.
Am Nachmittag begannen Gilbert und Hamilton ihren letzten Frame erst, als sich alle anderen schon in die Pause zwischen den Sessions verabschiedet hatten. Gilbert wirkte schon etwas ausgelaugt, schaffte es aber wie im ganzen Match doch, seine Konzentration aufrecht zu erhalten. Dafür war er am Abend dann der erste, der das Ticket für die Endrunde buchte. Wen wünscht sich Gilbert für sein erstes Match im Crucible? Die großen Namen wolle er jedenfalls am liebsten vermeiden, sagte er im Interview.
Crucible Debüt für Jackson Page
Jackson Page war in der ersten Runde der Qualifikation gestartet und hatte drei überzeugende Matches geliefert, die er alle souverän gewinnen konnte. Auch sein Match gegen Welsh Open Sieger Joe Perry. Am Judgement Day schaute er sich erstmal eine 133er Total Clearance von David Grace aus nächster Nähe an. Die Begegnung verlief zunächst auf Augenhöhe. Beim Stand von 2–3 gelang Page dann ein Lauf. Dank einiger guter Breaks gewann er vier Frames in Folge und baute einen Vorsprung auf, den er nicht mehr abgeben sollte.
Die Frames am Abend waren umkämpfter und in Frame 13 sah es so aus, als könnte David Grace den dritten Frame in Folge gewinnen und den Rückstand auf einen Frame verkürzen. Page holte diesen Frame am Ende aber auf Schwarz und hielt Grace so auf Abstand. Mit einem Century und einem gestohlenen Frame machte er seinen Sieg am Ende perfekt.
Yuan Sijun hatte einen ähnlichen Lauf wie Page. In Runde 3 hatte er mit beeindruckender Leistung Ryan Day besiegt. Er verpasste aber seine Chance auf ein Debüt. Das Match gegen Liam Highfield verlief ausgeglichen bis zum 7–7, dann gewann Highfield die verbleibenden drei Frames. Highfield ist damit wie im Vorjahr erneut in der Endrunde der Weltmeisterschaft dabei.
Clarke und Drama um den schwarzen Ball
Ex-Weltmeister und frischer 2-facher Maximum-Mann Graeme Dott war auf dem Weg zum größten Comeback am Judgement Day. Jamie Clarke hatte die erste Session dominiert und lag am Abend schon mit 8–4 vorne. Doch dann spielte Graeme Dott eine Total Clerance von 138 und mit Breaks von 67, 55 und 51 holte er auch die nächsten drei Frames. Besonders dramatisch war das Ende des 15. Frames. Dott brauchte nur noch Pink zum Framegewinn und bekam eine leichte Chance. Er verpasste sie und ließ Clarke die Chance. Der konnte zwar Pink lochen, aber nicht auf Schwarz stellen. Es folge ein Kampf um die letzte Schwarze, der durch ein kurioses Foul von Clarke endete.
Nach dem 8–8 rappelte sich Clarke nochmal auf und gewann den nächsten Frame. Im nächsten Frame befanden sie sich erneut in einem Safetyduell auf die letzten Farben. Nach einem Fehler von Dott hatte Clarke die Chance, die Farben ab Braun abzuräumen. Aber sein Positionsspiel glückte nicht. Blau und Pink konnte er noch lochen, aber Schwarz verschoss er dann. Erneut entschied sich der Frame auf die letzte Schwarze. Clarke versuchte ein Double und bekam ein Treble, danach ließ er sich erleichtert zu Boden fallen. Im Interview mit Rob Walker gab er zu, vermutlich nicht genug Nerven für einen Decider gehabt zu haben. Glück gehabt!
He can’t quite believe it.
Jamie Clarke has beaten former Crucible champion Graeme Dott 10-8… with a treble!
His name will be in tomorrow’s @Betfred World Championship draw #ilovesnooker pic.twitter.com/BTlWdLzmTL
— World Snooker Tour (@WeAreWST) April 13, 2022
Auch Wakelin und Saengkham am Judgement Day erfolgreich
Zeitgleich ging das Match zwischen Chris Wakelin und Jimmy Robertson zu Ende. Auch dieses Match lief bis zum 7–7 sehr ausgeglichen, bis Wakelin sich am Ende die letzten Frames in Folge sichern konnte. Eine 66 sorgte für die Vorentscheidung im Decider. Robertson scheiterte beim Versuch, noch Foulpunkte durch Snooker zu erlangen. Zum dritten Mal war Wakelin am Judgement Day dabei, zum dritten Mal konnte er sich qualifizieren. Die erste Runde mache ihn nervös, sagte er, sich fürs Crucible zu qualifizieren sei dann nur ein Bonus, daher verspüre er keine Nervosität.
Ähnlich verlief das Match zwischen Robert Milkins und Noppon Saengkham. Vor zwei Jahren hatte Saengkham im Crucible Murphy besiegt und Selby in den Decider gezwungen. Im letzten Jahr durfte er covid-positiv nicht starten. Nach seinem 10–8-Sieg über Robert Milkins ist er dieses Jahr wieder dabei. Milkins reiht sich damit neben Joe Perry und Fan Zhengyi ein, die als Turniersieger dieses Jahres ihren Saisonabschluss nicht im Crucible bestreiten.
Stevens behält die Nerven gegen Carter
Ali Carter versuchte ähnlich wie David Gilbert größere Dramen zu vermeiden, indem er erst mit 4–0, dann 5–1 gegen Matthew Stevens in Führung ging. Doch Stevens gab sich nicht auf. Schon zu Beginn der zweiten Session konnte er mit 6–5 in Führung gehen. Das Gefühl der Führung schien ihm nicht gutzutun. Ein vermeidbarer Fehler im Break gab Carter im nächsten Frame eine einfache Chance. Er nutzte sie und gewann seinerseits drei Frames in Folge. Stevens lag wieder 6–8 hinten. Zunächst gewann er zwei umkämpfte Frames zum Ausgleich, dann spielte er eine 139, um 9–8 in Führung zu gehen.
Auch im nächsten Frame sah es nach einem hohen Break für Stevens aus. Doch bei 60 Punkten verstellte er sich und verschoss. Carter kam heran, konnte seine Chance zum Steal aber nicht nutzen. Es erfolgte eine lange Safetyschlacht um die letzte Rote, die Stevens dann flukte. Er verschoss aber anschließend Pink und stellte Carter somit eine schöne Chance hin. Der verschoss dann aber eine knifflige Blaue. Stevens behielt die Nerven und lochte Blau und Pink zum 10–8.
Es war das letzte Match, das zu Ende ging. Matthew Stevens war damit der fünfte walisische Qualifikant dieses Jahres. Neue Snooker-Weltmacht Wales?
Am noson wych! A great night for Welsh snooker. Matthew Stevens’ win means there’ll be 6 Welsh players in the 1st round at the Crucible – the largest number of Welshmen since 1990 when there were 8
— Gareth John Blainey (@GBlainey) April 13, 2022
Hossein Vafaei gewinnt den Judgement-Day Decider
Es gab viele enge Matches, aber nur einen Decider. Aus dramatischen Gründen steht dieser Bericht am Ende des Artikels. Tatsächlich war es aber das zweite Match, das beendet wurde. Der Gegner von Hossein Vafaei war Lei Peifan. Der erst 18-jährige Chinese war letzte Saison von der Tour gefallen, konnte sich über die Q School aber direkt wieder qualifizieren. Seitdem war es um ihn ruhig gewesen, gerade mal 7.500 Pfund hatte er vor der Weltmeisterschaft eingespielt und er stand damit auf Rang 112 der Weltrangliste. In Sheffield lief er aber zu guter Form auf und erreichte mit guten Siegen über Sean Maddocks, Stuart Carrington und Alexander Ursenbacher den Judgement Day. Gegen Hossein Vafaei galt er jedoch als deutlicher Außenseiter.
Wer ein einseitiges Match erwartete, lag aber falsch. Beide Spieler spielten gute und vor allem schnelle Breaks. Nicht von ungefähr war es das zügigste Spiel des Tages. Vafaei erarbeitete sich eine schnelle Führung, doch Lei zog nach, sodass sie sich den ganzen Abend ein Kopf-an-Kopf-Duell lieferten. Vafaei erarbeitete sich mit einem Break von 85 das 9–8, Lei zog direkt mit einer 78 nach.
Im Decider hatte Lei Peifan die erste Chance und dann auch die zweite. Er lag 61–0 in Führung und war nur noch zwei Bälle vom Crucible entfernt. Doch er verschoss. Vafaei bekam die Chance zum Steal. Doch er verschoss nach 14 Punkten. Lei Peifan überlegte, dann entschloss er sich dazu, mutig eine lange Rote in die gelbe Tasche zu lochen. Er verfehlte knapp. Erneute Chance für Vafaei. Er nutzte sie zur Clearance und gewann den Decider auf die letzte Schwarze. Seinen Trainingspartner schloss er danach kurz in die Arme.
Zwei Tage bis zur Weltmeisterschaft im Crucible
Nach neun spannenden Tagen Qualifikation bleiben uns jetzt zwei Tage durchatmen bis zum Start der Endrunde im Crucible Theatre. Heute um 12 Uhr wird gezogen mit welchen der 16 Qualifikanten es die Gesetzten in der ersten Runde zu tun bekommen.