So langsam komme ich zu der Überzeugung, dass es gar kein Vorteil für die Top-16-Spieler war, sich nicht qualifizieren zu müssen. Denn bei beiden Entscheidungen heute setzte sich ein Qualifikant durch. Oder man muss Schotte sein, um hier zu gewinnen. Aber da werden Stephen Maguire und morgen womöglich auch Graeme Dott mir widersprechen.
Schotte eins gewinnt
Anthony McGill, der im letzten Jahr schon Titelverteidiger Mark Selby aus dem Rennen geschubst hatte, spielte heute gegen Shaun Murphy und gewann 10-8. Man kann deshalb nicht wirklich von einer Riesenüberraschung sprechen, aber irgendwie ist der junge Schotte noch nicht so konstant auf dem Radar, dass ich darauf gewettet hätte. Das Spiel war hochklassig, beide zusammen spielten 16 (!) 50+Breaks, davon vier Centuries. Shaun Murphy, der Ende August sein erstes Kind erwartet, zeigte sich nach dem Spiel überraschend entspannt. Er sei angetreten, um zu gewinnen. Nun ja, das wird jetzt nichts mehr. Anthony McGill sagte in der Pessekonferenz auch ganz viele Dinge, aber leider verstehe ich so gut wie nichts davon. Außer, dass er mit Murphy ein schweres Los hatte und glücklich war, nach der ersten Session nur 4-5 zurückgelegen zu haben. Er trifft in der nächsten Runde auf Marco Fu.
Schotte zwei gewinnt
Am Nachmittag stand die Entscheidung in der rein schottischen Begegnung an. Alan ’Angles’ McManus war gestern nach 0-2 und 1-3 Rückstand durch gutes Spiel mit 6-3 gegen Stephen Maguire in Führung gegangen, Doch heute Nachmittag schien anfangs der Wurm drin gewesen zu sein. Beide Spieler verschossen massenhaft Bälle aus der Kategorie einfach, lochten aber knifflige Schnibbelbälle und mutige Einsteiger. Dem permanenten Kopfschütteln auf beiden Seiten nach zu urteilen, war der Tisch für den ein oder anderen Faux pas verantwortlich, doch wirkten beide zusätzlich so, als wären sie total neben der Spur. In der Pause ging McManus an den Trainingstisch, um wieder ein Gefühl für sein Spiel zu bekommen und ein paar positive Eindrücke zu sammeln. So kam er dann auch wie verwandelt zurück: Er spielte hochkonzentriert und selbstbewusst, spielte sowohl kontrollierte Offensive wie auch hartnäckiges Breakbuilding, selbst wenn das Stellungsspiel manchmal knapp daneben ging. Maguire wich bis zuletzt nicht von seiner offensiven Strategie ab, die ihn im letzten Frame dann auch das Spiel kostete. Nachdem McManus vorgelegt hatte, bekam Maguire eine Chance, doch verfehlte er eine äußerst riskante Braune an einer Stelle, wo sich besser eine Safety angeboten hätte. McManus räumte ab und ich war glücklich. Er allerdings auch. Auch wenn Angles im Interview hauptsächlich Mitgefühl mit seinem Freund und Trainingspartner Maguire zeigte, war er doch erleichtert und glücklich, noch die Kurve bekommen zu haben.
Sein nächster Gegner ist Allister Carter, der ihn im letzten Jahr an gleichem Ort geschlagen hat. McManus will diese Partie noch einmal Revue passieren lassen, um genau zu wissen, warum er das Spiel 2015 verloren hat. Er hofft, dass diese Erkenntnisse dafür sorgen, dass die erneute Begegnung erfolgreich für ihn verläuft.
Der große Mann des Snookers verlässt den Zirkus
Den größten Auftritt im Crucibel Theatre hatte allerdings heute jemand, der kein Queue in der Hand hielt, sondern den WM-Pokal. Steve Davis gab heute sein Karriereende bekannt und wie es einer Gallionsfigur wie ihm gebührt, durfte er eine Ehrenrunde mit dem Pott durch die Arena drehen. Wie meine Informant*innen vor Ort berichtenten, sind durchaus Tränen geflossen.
Die anderen Spiele sind alle in der Halbzeit. Ronnie O’Sullivan führt gegen David Gilbert 6-3, Robbie Williams gegen Ricky Walden 5-4, Mark Williams gegen Graeme Dott 7-2 und Sam Baird 5-4 gegen Michael White.