Podcasts: Snooker für’s Ohr

Snooker-Podcast Hosts Nick Metcalfe und Phil Haig, zwei bärtige weiße Männer mittleren Alters, die vor dem Crucible Theatre stehen.
Sehen aus wie Kumpels, hören sich an wie Kumpels: Nick Metcalfe und Phil Haig von Talking Snooker © Phil Haigh

Snooker-Podcasts sind eine tolle Ergänzung zu Übertragungen und Berichterstattung. Immer mehr Menschen setzen sich zusammen und berichten, diskutieren, interviewen und philosphieren in ihren eigenen Podcast-Formaten.

Die Vorteile von Podcasts gegenüber dem geschriebenen Wort

Snooker-Podcasts können überall gehört werden, auf der Fahrt zur Arbeit oder nach Hause, beim Abwaschen oder Windeln wechseln. Manche hören sie morgens beim Kaffeekochen, manche während der Arbeit … äh … ich meine: Mittagspause oder kurz vor Spielbeginn für letzte Infos. Es gibt sie in verschiedenen Längen von 15 Minuten bis über mehrere Stunden. Dementsprechend informieren sie entweder kurz und knackig oder sie gehen in die Tiefe. Und das Beste daran ist: Oft sind Originalstimmen dabei. Das heißt, es sind Aktive des Sports zu Gast oder es gibt Einspieler aus Interviews.

Für mich ist es auch schön zu sehen, dass sich nicht nur Vollprofis die Zeit für Podcasts nehmen, sondern auch Blogger*innen. Das bringt eine gewisse Vielfalt ins Geschehen.

Ich habe verschiedene Snooker-Podcasts angehört und kritisch für euch beleuchtet. Es ist für (fast) jeden Snookerfan etwas dabei.

Mit der Total Clearance auf Deutsch durchs Turniergeschehen

Unbestrittene Nummer eins unter den deutschsprachigen Snooker-Podcasts ist „Total Clearance“: denn leider ist er der einzige. Das soll aber meine Wertschätzung der Qualität nicht schmälern. Chris, Kathi und Andreas informieren während der Turniere quasi täglich über das Geschehen. In lockeren Gesprächen lassen sie die Spiele Revue passieren, schauen auf kommende Turniere und Matches voraus und tippen bei den Ergebnissen meistens grob daneben. Sie berichten subjektiv aus Fan-Perspektive und regen sich auch mal über das Geschehen auf.

Mit ihrer jahrelangen Expertise sorgen die drei für alle interessanten, wichtigen und nötigen Informationen rund um die Main Tour. Hier verpasst ihr keinen Sieg von David Grace, es gibt kritische Anmerkungen zu jeder mehr oder weniger meldenswerten Meldung und das Ganze wird getragen von viel Humor und der Begeisterung für Snooker aller Beteiligten.

Die Folgen sind meist um die zwanzig Minuten lang, erscheinen in den Morgenstunden und sind damit perfekt für einen knackigen Einstieg in den Snookertag geeignet.

Neu auf dem Markt: Framed, der Snooker-Podcast der BBC

Erst seit Kurzem präsentiert Shabnam Younus-Jewell bei der BBC einen halbstündigen Podcast mit jeweils einer im Snooker aktiven Person. Neben Schiedsrichterin Tatiana Woollaston, WPBSA Chairman Jason Ferguson und Snooker-MC Rob Walker waren schon mehrere Spieler bei ihr zu Gast, unter anderem Ken Doherty, Shaun Murphy und Luca Brecel. Sie berichten aus ihrem Leben, über ihre Karriere und spielen am Ende ein Quiz. Die Gespräche sind humorvoll und kurzweilig, manchmal aber auch ernst.

Durch die knackige Kürze eignet sich dieser Podcast gut dafür, um verschiedene Personen besser kennenzulernen und nebenbei alles Mögliche über den Sport zu erfahren. Erscheint immer dienstags auf der Seite der BBC.

Der Klassiker: David Hendons Snooker-Scene-Podcast

Am längsten auf dem Markt ist der Podcast vom englischen Eurosport-Kommentator Dave Hendon. Seit World Snooker 2021 ohne Vorwarnung seinen Co-Host abgeworben hat, ist er meist allein, es sei denn, er hat einen seiner zahlreichen Gäste. Manchmal kommen Kollegen für Spezialfolgen zusammen, wie für das Venue-Bingo oder mehrstündige Specials mit Talking Snooker.

Mehr als 230 Episoden zwischen fünf und hundertsiebzig Minuten sind bisher erschienen. Hendon kennt alle, die auf der Tour Rang und Namen haben, und vor allem hat er jede erdenkliche Statistik im Kopf. Er spricht über eine große Bandbreite an Themen. In den vergangen Jahren hatte er unzählige Aktive zu Gast genauso wie Journalisten oder Offizielle.

Der Podcast erscheint ungefähr einmal pro Woche oder immer, wenn etwas Besonderes los ist, auf den üblichen Podcast-Portalen.

Mein Favorit: Talking Snooker mit Nick Metcalfe und Phil Haigh

Seit zwei Jahren erfreuen die beiden Journalisten die Snooker-Gemeinde mit ihren Gesprächen. Über 100 Episoden haben sie seitdem produziert. Sie klingen so, als würden sich zwei Freunde auf dem Sofa über ihren Lieblingssport unterhalten.

Der Podcast zeichnet sich neben dem umfassenden Wissen der beiden Hosts durch die intensiven Gespräche mit den Gästen aus. Besonders die Episode mit Neil Robertson ist sehr berührend. Sehr angenehm ist die Selbstverständlichkeit, mit der die beiden mit oder über Frauen sprechen. Talking Snooker hat dadurch einen ungewöhnlich hohen Anteil an Frauen(themen) im Podcast, ob nun durch Berichte über Frauensnooker oder Spielerinnen und Journalistinnen als Gäste.

Die beiden Hosts sind sehr nah dran am Geschehen, auch an den Randbereichen des Sports. Und ihre Diskussionen sind immer sehr leidenschaftlich.

Die Episoden sind zwischen 30 Minuten und fast drei Stunden lang und erscheinen ungefähr wöchentlich auf allen bekannten Podcastplattformen.

Der schimpfende Shaun beim The Onefourseven Podcast

Der Onefourseven Podcast ist ein Neuling aus dem letzten Jahr. Sport-MC Phil Seymour hat sich mit Ex-Weltmeister Shaun Murphy zusammengetan und sie reden im Podcast über alles Mögliche, manchmal über Darts und Golf, manchmal auch über Snooker, und beantworten Fragen von Hörer*innen. Und Shaun nörgelt, schimpft und meckert in (fast) jeder Episode 147 Sekunden über Dinge, die ihn nerven.

Dieser Podcast lebt von Murphys Ehrlichkeit und ist bei vielen Leuten sehr beliebt. Ich gebe zu, meins ist das nicht so. Die ganze Sache dreht sich sehr um die beiden Personen. Doch ich muss nicht wissen, was sie gestern im Fernsehen gesehen haben. Und ich fand Phils Reaktion auf meine Anmerkung zu einer der ‚pointless questions‘ ziemlich uncool. Allerdings rechne ich ihnen an, dass sie in einer neueren Episode relativ ausführlich über die Frauentour gesprochen (und Phil dazu auch auf Twitter kommentiert) haben. Das ist ein wichtiger Beitrag zu Gendergerechtigkeit im Snooker.

Wer wissen will, was Shaun über den Wettskandal denkt, warum Shaun und Phil demnächst aus einem Flugzeug springen wollen oder Shaun sich den Magen hat verkleinern lassen, ist hier allerdings richtig.

Die Episoden sind etwas über eine Stunde lang und erscheinen ungefähr zweiwöchentlich auf Apple-Podcasts oder auf anderen Plattformen.

World Snooker Tour Podcast

Bei World Snooker Tour gibt es zwei verschiedene Formate: Einmal gibt Host Michael McMullan 147 Sekunden lange Updates über die vergangene Turnierwoche. Zusätzlich interviewt er in halbstündigen Folgen Spieler*innen. Neben Mark Selby, Joe Perry, Jimmy Robertson, Hammad Miah und anderen waren auch Lukas Kleckers und Simon Lichtenberg bei ihm zu Gast.

Die Interviews erscheinen immer montags und die 147 Sekunden dienstags auf der Webseite von World Snooker Tour.

Und der ehrenwerte Rest der versunkenen Snooker Podcasts

Aktuell gibt es keine Folgen, aber Talking Balls hat in der Vergangenheit interessante Gespräche veröffentlicht. Eurosport hat auch mal einen Snooker-Podcast gehabt. Me1 vs Me2 soll lustig sein, ich versteh’s aber nicht. Auch der Snooker Potcast ist als Comedy gekennzeichnet, ich find’s eher nervig.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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