Heute war kein guter Tag für mich. Mark Davis verliert. Damit ist der einzige Spieler, von dem ich mich als Fan bezeichne, aus der WM ausgeschieden. Dabei zuzuschauen ist mir schwergefallen.
Mark Davis verliert trotz guter Bilanz gegen den Gegner
Mark Davis spielte heute Nachmittag seine Entscheidungssession und trat mit einem 3–6-Rückstand an. Keine leichte Sache, aber auch nicht unmöglich. Die Statistiken sagten ihm gute Chancen auf ein Gewinn des Matches vorher. Doch trotz des guten Auftakts der Session zum 5–6, trotz zwischenzeitlich gutem Spiel mit tollen Pots konnte er den Rückstand nie aufholen. Am Ende verlor er mit 7–10. Die Partie war nicht hochklassig, beide machten sogenannte ‚leichte‘ Fehler, aber es war mal wieder sein Gegner, der wie häufig trotz nicht besonders gutem Spiel den Sieg davon trug. Eine Fähigkeit, die Mark Davis abgeht.
Seine gute Bilanz gegen seinen Gegner, die schlechte Form seines Gegners … das waren die beiden Hauptargumente, deretwegen ich es überhaupt gewagt habe, mich mit einem Tipp für Mark Davis aus dem Fenster zu lehnen. Obwohl ich insgeheim nicht daran geglaubt habe. Doch warum glaubt nicht mal ein Fan daran, dass er gewinnt?
Die Last des Herzenswunsches
In dem Portrait, das ich vor einer Weile verfasst habe, sehen wir ein paar Eckdaten und Zitate von ihm, die meine Skepsis vielleicht verständlich machen.
Bis heute hat Mark Davis keinen einzigen Ranglistentitel geholt, obwohl für ihn „gewinnen alles ist, was zählt“. Auch wenn er sich als sehr privilegiert empfindet, dass er vom Snookerspielen leben kann und er sein Leben als Spieler genießt: Dieser fehlende Titel lastet auf ihm. Und je älter er wird, desto größer wird die Last. Natürlich ist ihm klar, dass er nicht mehr allzuviele Chancen bekommen wird. Immerhin erreichte er in dieser Saison bei den English Open sein erstes Weltranglistenfinale, das er aber verlor. Wenn du dir etwas so sehr wünschst wie Mark Davis diesen Titel, dann ist es nicht verwunderlich, dass das nicht klappt, oder? Wer geht dann schon entspannt an den Tisch?
In diesem Jahr hat er sich als ältester Spieler für die WM qualifiziert, nachdem er in den vergangenen Jahren nicht dabei war. Dieses Match gegen jemanden, für den er quasi ein Angstgegner ist, war eine Riesenchance, die er auf keinen Fall ungenutzt lassen wollte.
Mentaltraining für mehr Selbstbewusstsein
Doch das grundsätzliche Problem ist ein anderes. Wenn wir uns sein Spiel anschauen, liegt es nicht an mangelnden spielerischen Fähigkeiten. Er beherrscht Breakbuilding genauso wie taktisches Spiel. Doch scheitert er häufig an den framegewinnenden Bällen – was meist ein Zeichen von Unsicherheit ist. Seiner eigenen Aussage nach fehlt ihm das Selbstbewusstsein für den großen Erfolg. Als er vor einigen Jahren anfing, mit einem Mentalcoach zu arbeiten, hat er deshalb auch keine Änderungen an seinem Spiel vorgenommen, sondern ausschließlich an der mentalen Seite gearbeitet. Als Ergebnis davon ist er nach zweiundzwanzig Profijahren zum ersten Mal in die Top16 vorgestoßen. Und das Erreichen des Weltranglistenfinales geschah, nachdem er vor kurzer Zeit eine neue Zusammenarbeit mit einem anderen Mentalcoach eingegangen ist.
Vielleicht kommt das einfach ein bisschen zu spät. Dein Selbstvertrauen baust du nicht in ein paar Wochen auf, besonders, wenn sich negative Überzeugungen schon tief ins System eingebrannt haben. Den über Jahrzehnte verfestigten Glauben, dass du nicht gewinnen wirst, musst du erst einmal erfolgreich mit dem Gegenteil überschreiben.
Ich persönlich wünsche mir sehr, dass Mark Davis in seiner Karriere noch einen Titel holt. Das ist schon fast so sehr zu einem Herzenswunsch geworden, dass die Last spürbar auch auf mir liegt. Das Zuschauen wird deshalb oft zu einer harten Prüfung.
Auch für Cahill und O’Sullivan ist der Druck ein Thema
Während James Cahill als Amateur nichts zu verlieren hat, sind die Erwartungen an Ronnie O’Sullivan natürlich weitaus höher. Er wird in diesem Jahr wieder als Favorit gehandelt und offensichtlich möchte er dieser Rolle wirklich gerecht werden.
Doch James Cahill führt nach der ersten Session mit 5–4 und O’Sullivan war wirklich schwach. Wir haben es durchaus schon öfter erlebt, dass der Druck sich in einem zähen Auftaktmatch mit der Gefahr eines frühen Ausscheidens zeigte. Doch hat er meistens noch die Kurve bekommen.
Wenn Cahill morgen die Arena betritt, dann hatte er ziemlich Zeit, in der sich der Gedanke, das Ding hier sensationellerweise gewinnen zu können, in seinem Kopf einnisten konnte. Wir werden sehen, ob er dann mit derselben Ruhe und demselben Selbstvertrauen am Tisch steht.