Ganz entspannt Hallworth und Boiko gucken …

Robbie McGuigan, ein sehr junger Snookerspieler, beim Stoß mit dem Hilfsqueue
Robbie McGuigan gehört zu den unbemerkten Siegern aus Runde 1. © World Snooker/Tai Chengzhe

Die erste Runde der WM-Qualifikation können wir ganz entspannt gucken. Es ist ja nicht so, dass unsere Favorit*innen schon am Start wären … oder? ODER? Ach ja, der Hallworth. Und der Iulian Boiko.

Ehrlich gesagt wollten Målin und erst am Ende der ersten Runde wieder etwas schreiben. Aber es hat einfach zu sehr gekribbelt.

Die erste Ernüchterung

Ich (Lula) bin ja bekannt für Impulskontrolle und Gefühl für nüchterne Fakten. Deshalb habe ich auch dieses Jahr wieder ein paar ganz solide Tipps (links) abgegeben. Målins Expertise und schöne Handschrift seht ihr rechts.

Meine Qualifier-Tipps: Huang Jiahao, Zhou Yuelong, Liu Hongyu, Florian Nüßle, Mark Davis, Zhao Xintong, David Grace, Chris Wakelin, Fan Zhengyi, Joe O'Connor, Pang Junxu, Wu Yize, Aaron Hill, Lei Peifan, Steven Hallworth, Bai Yulu Malins Qualifier Tipps: Daniel Wells, Zhou Yuelong, Jack Lisowski, Hossein Vafaei, Ben Woollaston, Lyu Haotian, Noppon Saengkham, Alex Ursenbacher, Oliver Lines, Joe O'Connor, Xu Si, Jiang Jun, Aaron Hill, Stephen Maguire, Jimmy Robertson, Ali Carter

Ich war sehr froh, dass mein Qualitipp Nr. 1, Huang Jiahao, sein erstes Match (gegen Amaan Iqbal) souverän mit 10–4 gewinnen konnte. Iqbal konnte am Anfang noch gut mithalten, aber nach dem 4–3 zog Huang davon.

Vernünftig wie ich war, habe ich natürlich nicht auf einen Sieg von Baipat Siripaporn getippt. Auch wenn ich ihn mir sehr gewünscht hätte. Die Weltmeisterin der Frauen von 2023 hätte hier das Crucible erreichen müssen, um ihren Platz auf der Tour zu behalten. Naja, sie verlor 2–10 gegen Farakh Ajaib. Ich habe einiges von dem Spiel gesehen und denke, sie hätte mehr daraus machen können. Sie hatte in jedem Frame ihre Chance und hat auch einige zauberhafte Breaks gespielt. Aber so grandios sie auch Bälle gelocht hat, so grandios hat sie sie auch verschossen. Reanne Evans ist nach ihrem zugegeben ziemlich enttäuschenden Auftritt (4–10 gegen Antoni Kowalski) auch erstmal runter von der Main Tour.

Steven Hallworth ganz entspannt gegen Révész Bulcsú

Um mein Nervenkostüm zu schonen, war der Plan für Stevens Spiele: „Ganz entspannt gucken und genießen. Zwar die Daumen gedrückt, die Hoffnungen aber unter Kontrolle halten.” Und obwohl ich diesen tollen Trick zum Gucken aller acht Tische habe, wollte ich mich ganz entspannt nur auf dieses eine Spiel konzentrieren.

Und genauso habe ich es auch gemacht. Der erste Frame war nach geraumer Weile fast gewonnen, da spielten die beiden nochmal zur Entspannung ein bisschen safe auf die letzten beiden Farben. Bulcsú legte einige feine Snooker, aber es ging gut aus für Steven. Trotz einiger Hoppeleien gewann er auch die nächsten vier Frames mit Breaks von 50, 66 und 86 und so langsam entspannte ich wirklich ein bisschen.

Doch prompt schreckte mich Révész mit einer 80 zu seinem ersten Framegewinn auf. Und legte 51 im nächsten Frame vor. Nicht, dass ich schon unruhig wurde, aber ich war gespannt, was Hallworth aus dieser Chance machen würde. Er guckte links, er guckte rechts, er guckte von hinten und peilte dann die rechte der beiden Roten links unterhalb von Pink an. Und versenkte sie ganz glatt in der gelben Tasche. Da ich so entspannt war, habe ich leider beim Screenshotten aus Versehen den Stream geschlossen. Und als ich ihn endlich wieder zum Laufen bringen konnte, hatte Hallworth den Frame verloren und ich habe keine Ahnung, wie und warum.Hallworth gegen Révész: die Roten liegen geöffnet auf dem gesamten Tisch, der Spielball ganz eng in der Mitte der unteren Bande. Hallworth am Stoß.

Danach spielte Steven eine schöne 73 zum 6–2. Und im letzten Frame des Nachmittags ließ er es dann nochmal ganz entspannt angehen. Nein, ich habe keine schweißigen Hände bekommen und habe der Abendsession ganz entspannt entgegengesehen.

Abends ganz entspannt 26 Punkte machen und Schwarz dann vor der Tasche liegen lassen. Ich hab mir erstmal einen Melissentee gemacht. Der Frame ging letztendlich an Hallworth. Im nächsten Frame haben sie auf die Farben seelenruhig ein bisschen herumgespielt. Gesnookert, dann locht der ne Farbe, dann locht der ne Farbe und am Ende stand es 9–2, obwohl Hallworth zwischenzeitlich sehr, sehr gesnookert war und ein paar Foulpunkte liegenlassen musste.

In Frame zwölf wurde nochmal richtig rumgekullert, gestochert und verschossen, dann kam ein flüssiges Breakchen von Hallworth, anschließend Safety auf die letzte Rote, dann spielte der eine ein Foul, dann der andere und wieder war der Abstand 35 bei 35 auf dem Tisch, ich bekomme Hunger. Steven foult, Steven flukt die letzte Rote, Steven foult nochmal, ach Mensch, Leute, nervt mich nicht, jetzt macht mal bitte hinne, damit ich mir ein Brot machen kann. Und dann endlich locht Hallworth Gelb, Grün und Braun und Schluss is. Ganz entspannt. Stevens nächstes Match ist gegen Anthony Hamilton. Da stehen Teammitglied Sascha und ich wohl auf entgegengesetzten Seiten. Trotzdem wollen wir vielleicht gemeinsam darüber schreiben. Mal sehen, wie entspannt das wird.

Målin teils entspannt, aber größtenteils doch eher nicht

Von entspanntem Snookergucken konnte bei mir (Målin) nicht die Rede sein. Teile der ersten Session am Dienstag guckte ich in meiner Mittagspause auf der Arbeit – während ich aß, aufräumte, vorbereitete und im Gespräch mit den Kolleg*innen war. Zumindest ging der Stress nicht vom Snooker aus, aber besonders viel bekam ich davon auch nicht mit. Nur dass Iulian gut spielte und direkt mit 3–1 gegen Andrew Pagett in Führung ging, während Oli Lines komplett den Start ins Match verpasste und 0–2 gegen Mohamed Shehab zurücklag.

Vor der entscheidenden Session versuchte ich noch im Schnellverfahren aufzuholen. Gut, dass man bei Discovery+ sich ein bisschen zügig durch das Video-On-Demand klicken kann. Da Oli Lines noch weiter zurückfiel, 0–4 zur Pause, wurde es mir zu bunt. Ich guckte das Zwischenergebnis dann einfach nach. Das zwischenzeitige 3–6 nach der ersten Session klang da sogar noch nach solider Schadensbegrenzung. Ich konzentrierte mich am Abend lieber auf Iulian Boikos Match.

Iulian Boiko mit souveränem ersten Sieg

In der ersten Session konnte sich Iulian Boiko mit grundsolidem Spiel und einigen guten Breaks, inklusive eines Centuries (129) einen komfortablen 7–2 Vorsprung für den Abend erarbeiten. Insofern waren das beste Voraussetzungen zum stressfreien Gucken für mich. Das souveräne Spiel, das ich am Mittag im Augenwinkel beobachten durfte, ließ Iulian aber zunächst vermissen. Aber Sorgen musste ich mir dennoch nicht machen. Andrew Pagett sah zu keinem Zeitpunkt so aus, als könnte er auch aus der leichten Chance mehr als drei oder vier Bälle am Stück lochen. Hin und wieder ließ ein guter Longpot die Frage aufkommen, ob er jetzt vielleicht doch ins Spiel finden würde. Aber die Antwort „Nein!“ ließ in der Regel nicht lange auf sich warten.

Und so schnappte sich Iulian einen umkämpften ersten Frame der Session und baute seinen Vorsprung auf 8–2 aus. Im nächsten Frame startete Pagett etwas besser, aber Iulian fand seine Form vom Nachmittag wieder. Breaks von 70 und 128 Punkten zum Abschluss brachten ihm den schnellen ungefährdeten Sieg.

Hinsehen oder wegsehen: Oli Lines mit Kommzurück

Nach Iulians Sieg war ich erstmal glücklich, schaltete aber dennoch nicht rüber zu Oli Lines. Der hatte nach der Schadensbegrenzung am Mittag dann auch am Abend erneut den Start der Session verschlafen und seinen Rückstand auf ein sehr unkomfortables 3–8 ausbauen können. Um das nicht gucken zu müssen, schaute ich mal in die anderen Matches rein:

Liam Graham und Fergal Quinn gönnten sich eine dritte Session. Dank Boikos schnellem Sieg durften sie aber schnell an den Tisch zurückkehren. Graham führte 9–8 nachdem Quinn zwischenzeitig einen 6–2 Vorsprung gehalten hatte. Er erzwang den Decider mit einer Respotted Black, dort lief für ihn dann aber nichts mehr zusammen. Liam Graham gewann das Match, was ihm sichtlich viel bedeutete.

Zwischenzeitig riskierte ich einen Blick auf Jimmy White gegen Anton Kazakov. Dort spielten beide nicht das Snooker, was sie spielen könnten und sollten, deswegen hielt ich mich dort nicht lange auf und schaute erst mitten in der Nacht zum Ende des Deciders wieder rein, den White auf die Farben gewann. Stattdessen genoss ich dabei zuzusehen, wie das junge Talent Michał Szubarczyk Dean Young nach dessen starkem Start noch ein enges Match lieferte. Am Ende war er nur knapp (8–10) davon entfernt der jüngste Gewinner eines Matches bei der WM zu werden. Ihm bleibt im nächsten Jahr aber noch eine Chance diesen Rekord einzustellen.

Ausschnitt einer handgeschriebenen Auslosungstabelle der WM Qualifikation. Die Ergebnisse der ersten Matches sind eingetragen. Die Namen Iulian Boiko und Oliver Lines sind farblich hervorgehoben.Målins alljährliche Ergebnisdokumentation.

Dann doch einen Blick riskieren

Ach und was war mit Oli Lines gegen Mohamed Shehab? Während meines bemühten Nicht-Hinsehens hatte Oli mal den Versuch eines Comebacks gestartet. Er spielte inzwischen tatsächlich sowas wie Snooker und verkürzte auf 5–8 zum Interval. Die Frames danach waren alle umkämpft. Zwar gelangen ihm keine guten Breaks, aber Oli strahlte Selbstbewusstsein aus, was mich hoffen ließ. Von einer entspannten Gemütslage konnte jedoch keine Rede sein. Der vorentscheidende Moment kam in Frame 15. Mohamed Shehab hatte noch die Chance den Frame auf die Farben zu stehlen. Nach langem Safetyaustausch (auf Kosten meiner Nerven) lochte er eine tolle Blaue als Crossdouble, verschoss aber prompt eine leichte Pinke auf die Mitte.

So stand es 7–8 aus der Sicht von Oli Lines, statt 6–9. Shehab erholte sich davon nicht und vergleichsweise souverän brachte Oli dann sein Comeback zu Ende: mit sieben gewonnenen Frames am Stück zum 10–8 Sieg. In der nächsten Runde wartet Michael Holt. Das verspricht wieder eine Nervenschlacht zu werden, denn in derselben Runde trafen sie auch schon vor zwei Jahren aufeinander. Damals gewann Oli Lines im Decider.

Ohne Pause geht es weiter

Der Zeitplan lässt uns aber keine Zeit zur Erholung. Gerade sind die letzten Matches der ersten Runde gestartet. Wir beobachten dort Liam Pullen gegen Gao Yang (neutral und entspannt) und drücken dafür insbesondere Florian Nüßle und Bai Yulu die Daumen. Bevor diese Matches heute Abend zu Ende gehen, starten am Nachmittag auch schon die ersten Begegnungen aus Runde 2.

Alle Partien in der Übersicht mit (Zwischen-)Ergebnissen, Spielzeiten und weiteren Infos findet ihr auf unserer Turnierseite.

AutorIn: Målin

Målin mag Zahlen und Tabellen. Wenn sie gerade kein Snooker guckt, wirft sie wahrscheinlich einen Blick auf die Provisional Rankings. Ist durch Langeweile zum Snooker gekommen und weil sie schon in jungem Alter einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer hatte. Neben Artikeln kümmert sich Målin bei SnookerPRO um die Spieler*innenprofile. Twitter: @esel_freund

SnookerPRO folgen


Einwilligungserklärung Kontaktformular

Ja, ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten elektronisch erhoben und gespeichert werden. Meine Daten werden von der Blogbetreiberin nur streng zweckgebunden zur Bearbeitung und Beantwortung meiner Anfrage benutzt und. Mit dem Abschicken des Kontaktformulars erkläre ich mich mit der Verarbeitung einverstanden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert