Anfang Februar ist es wieder soweit: Das German Masters, das einzige Ranglistenturnier, das in Deutschland ausgetragen wird, gastiert vom 4. bis 8. Februar 2015 im Tempodrom, das mit seinen mehr als 2.000 Plätzen eine der beeindruckendsten Arenen im Snookerzirkus ist.
32 Spieler kämpfen 5 Tage lang um den Titel, unter ihnen fast alle, die im Snooker Rang und Namen haben: der Titelverteidiger Ding Junhui, der amtierende Weltmeister Mark Selby, der amtierende UK- und Champion of Champions und Rekordhalter der meistgespielten Centurybreaks Ronnie O’Sullivan, der frischgebackene Masters-Champion Shaun Murphy, die Nr. 1 der Weltrangliste Neil Robertson sowie eine Reihe ehemalige Weltmeister und UK-Champions (Mark Williams, John Higgins, Peter Ebdon, Stephen Maguire, Judd Trump).
Insgesamt sind 23 Top-32-Spieler am Start, dazu haben noch 8 schlechter platzierte Spieler und mit Ashley Carty sogar ein Amateur den Einzug in die Hauptrunde des Turniers geschafft. Carty hat in der ersten Runde die Nr. 16 der Weltrangliste Robert Milkins besiegt, während Liam Highfield (80) und Michael Georgiou (96) immerhin Marco Fu (10) und Graeme Dott (17) aus dem Rennen geworfen haben. Uns erwarten 31 Partien und schon einige Erstrundenpaarungen versprechen ein hohes Niveau (z.B. Mark Allen gegen Mark Williams und Judd Trump gegen Michael Holt).
Gespielt wird wahrscheinlich an fünf Tischen in der großen Arena, die kleine Arena wird wohl in diesem Jahr nicht zum Einsatz kommen. Die Spiele des Viertelfinales finden alle parallel am Freitag Abend um 20 Uhr statt. Ab dem Halbfinale wird es dann das Ein-Tisch-Setup geben.
Was nicht so schön ist
Leider wird von allen Spielern, auf die wir hier ein Auge haben, nur einer teilnehmen: Mark Davis, den ich bestimmt zwischenzeitlich aus Versehen bei seinem Spitznamen Dark Mavis nennen werde, besonders, weil sein Konterfei nebst diesem Namen mein T-Shirt zieren wird, das ich bei seinem ersten Spiel tragen werde. Alle anderen, Sean „The Storm“ O’Sullivan, „Angles“ MacManus, Joel Walker, Jack „Lightning“ Lisowski und „Spaceman“ Dominic Dale haben sich nicht qualifiziert. Das liegt unter anderem daran, dass in diesem Jahr zwei (statt vorher einer) Qualifizierungsrunden in England ausgetragen wurden, was durchaus kontrovers betrachtet wird.
Well done WorldSnooker taking just the last 32 to Berlin. Makes much more sense for the players. — Alan McManus (@alan_mcmanus) December 9, 2014
Fact is all 128 should be going to germany for the GERMAN masters, its a GREAT VENUE. — Mark Williams MBE (@markwil147) December 9, 2014
@alan_mcmanus it’s the right decision but an easy one for the German, best supported event on the calendar regardless who enters it. — Joe Perry (@joegentlemanjoe) December 9, 2014
So sehr ich Alan McManus schätze, aber ich kann nicht nachvollziehen, was seiner Meinung nach der Sinn für die Spieler ist. Ist der Sinn nicht die Teilnahme an dem Turnier? Ist es für ihn selber befriedigend, in der zweiten Runde in einer Turnhalle ausgeschieden zu sein und sich die Reise gespart zu haben? Warum findet dann nicht nur das Finale in Berlin statt?
Für uns Zuschauer bedeutet es jedenfalls eine Halbierung des Teilnehmerfeldes und für exakt denselben Preis wie im letzten Jahr (80,35 € für ein Ticket von Mittwoch bis Freitag) nur 28 statt 60 Partien. Und es heißt natürlich auch, dass wir viel weniger unbekannte Spieler sehen, was für mich persönlich einen großen Verlust bedeutet. Hier in Deutschland konzentriert sich das Interesse fast ausschließlich auf einen Spieler und deshalb wird uns wohl auch wieder so etwas wie auf obenstehendem Bild erwarten. Alle anderen Spieler lassen sich (mit ein bisschen Glück und Geduld) natürlich kostenlos fotografieren! Um dieses Ungleichgewicht ein wenig zu relativieren, ist dieses Turnier eine gute Gelegenheit, indem ich den Fokus meiner Berichterstattung verschiebe.
Was außerdem nicht schön ist: Warum hat der Veranstalter den Slogan „Snookerstars – wir bringen die Stars nach Deutschland“ und erzählt es dann niemandem? Trotz der überraschenden Teilnahme des Publikumsmagneten gibt es gerade für die ersten Tage noch viele Karten. Eine Kurzumfrage in meinem Bekanntenkreis ergab, dass die Fans das Turnier überhaupt nicht wahrnehmen. Im ganzen Stadtbild gibt es keinen Hinweis und die Seite des Veranstalters ist nach Marketinggesichtspunkten ein absoluter Reinfall. Folgender Text findet sich dort: „Zum Beispiel hat Ronnie O’Sullivan Spielnummer 8 und spielt am Donnerstag um 15 Uhr sein erstes Match. Selby am Mittwoch um 15 Uhr sowieneil Robertson Mittwoch Abend.” Und das ist kein Auszug, sondern der komplette Text zu den Spielen!
Ich finde, da ist dieser Artikel die weitaus bessere Werbung.
Was sehr schön ist
Es ist ein unschätzbarer Vorteil eines Live-Ereignisses, mal ein ganzes Turnier in Ruhe sehen zu können: nur das Klacken der Bälle, die Ansagen der Referees, der Beifall und ab und zu mal ein klingelndes Mobiltelefon. Kein „Where’s the cueball going?“ von BBCs John Virgo, kein „That will cost him the frame…“ von Eurosports Joe Johnson und keine „Närwähnstärke“ von Rolf Kalb – es sei denn, ich hole mir so ein Ohrteil, mit dem ich im Fernsehen dann total dämlich aussehe.
Zum Schluss noch ein praktischer Tipp: Es empfiehlt sich, Getränke mitzunehmen oder sie vor Ort zu kaufen. Von dieser Option raten die Betreiber_innen des Tempodrom ab.
Ich werde über meine Erlebnisse täglich berichten und wer mich mit meinem Dark-Mavis-Shirt im Fernsehen sieht, darf mir gerne ein Bildschirmfoto schicken!