Am Wochenende gewann Tom Ford das Shoot-Out in einem Wimpernschlagfinale gegen den jungen Liam Graham. Als „ersten Ranglistentitel“ wollte er es aber nicht gelten lassen. Ab heute ist Schluss mit lustig: Bei den Scottish Open wird wieder ‚richtig‘ Snooker gespielt.
Das Spaßturnier Shoot-Out mit mäßigem Spaß
Das Shoot-Out war im letzten Jahr für mich ein Highlight. Schade, dass Steven Hallworth dieses Mal keinen Startplatz bekommen hatte. Dafür saß er immerhin für Eurosport in der Kommentar-Kabine. Das Publikum war an den ersten Tagen dünn gesät und es kam nicht richtig Stimmung auf. Einzelne Personen nervten mit penetranten und besonders unlustigen (sprich: rassistischen) Zwischenrufen.
Ich hab nichts gegen Anfeuerungen und ein bisschen Quatsch zwischendrin, aber das hat einfach überhaupt keinen Spaß gemacht. Auch am letzten Tag war es nicht wesentlich besser.
Das Snookerspiel selber kam nicht zu kurz
Für die typischen Shoot-Out-Momente wie begeisternde Kommzurücks und Siege in letzter Sekunde war gesorgt. Andrew Higginson rollte trotz schwieriger Bälle ganz tiefenentspannt nicht nur ein Match von hinten auf. Allan Taylor machte das Gleiche mit leichteren Bällen, dafür aber shoot-out-typisch irre schnell.
Maximumbreaks gab es zwar keine und auch nur ein einziges Century. Das hatte es allerdings in sich, denn Zhou Yuelong sah sich einem Tisch mit mehreren Roten an der Bande gegenüber. Ein Wunder, dass er daraus 101 Punkte machte.
Zwar waren auch meine anderen Lieblingsspieler*innen nur so semi-erfolgreich. Mark Davis flog schon in der ersten Runde raus, Noppon Saengkham kam immerhin in die vierte Runde, wo er gegen den Finalisten Liam Graham ausschied. Er bescherte mir aber einen spannenden Letzte-Sekunde-Sieg gegen Matthew Stevens. Danach habe ich Kollegin Målins Favoritem die Daumen gedrückt, es hat ihm leider kein Glück gebracht.
Aber Bai Yulu bereitete mir Freude mit ihrem Erstrundensieg gegen Jamie Clarke, den ihr hier nochmal angucken könnt. Doch in Runde zwei war gegen Zhang Anda leider Schluss für sie.
Frische Gesichter in den letzten Runden
Einer der großen Vorteile beim Shoot-Out ist die Tatsache, dass wir wirklich alle Teilnehmenden im TV zu sehen bekommen. Und weil es so ein Glücksspielformat ist, arbeiten sich auch immer wieder Aktive in die letzten Runden vor, von denen wir sonst nicht so viel hören. Dieses Jahr waren es Liam Graham, Wu Yize und Florian Nüßle, die es bis in die Endphase des Turniers schafften.
Florian Nüßle setzte sich gegen Dean Young, Iulian Boiko, Zhou Yuelong und Antoni Kowalski durch, bevor er im Viertelfinale an Mark Selby scheiterte.
Wu Yize ist trotz seiner erst 21 Jahre mit seinem Ranglistenplatz 27 schon etabliert auf der Tour. Er sorgte hier mit tollen langen Bällen, schönen Breaks und knappen Siegen sowohl für Spannung als auch Qualität. Sein beeindruckender Lauf endete erst im Blue Ball Shoot-Out Halbfinale gegen den späteren Sieger Tom Ford.
Fast noch Teenager Liam Graham gewann gegen Mink Nutcharut, He Guoqiang, Ali Carter, Noppon Saengkham und Martin O’Donnell, bevor er mit einem Sieg über Mark Selby in sein erstes Finale einzog. Viele Fans drückten ihm die Daumen. Die Nervosität war ihm anzumerken, aber er konnte seine hauchzarte 1-0-Führung fast fünf Minuten verteidigen, bevor Ford seine ersten Bälle lochte. Doch nach acht Punkten war schon wieder Schluss. Eine gute Minute vor Schluss lag Graham mit 28-8 vorne. Aber Ford bekam noch eine Chance und lochte zehn Sekunden vor Schluss Blau zum Endstand von 31–28.
Es war herzzerreißend anzusehen, wie Ford in den letzten Sekunden die Sensation verhinderte und Graham den Titel wegschnappte. Die Enttäuschung war Liam anzumerken: Er weinte nach der Partie genauso wie Ford, nur aus anderen Gründen.
Alle Partien und Ergebnisse findet ihr auf unserer Turnierseite.
„Erster Ranglistentitel“ für Ford
Das am Ende ausgerechnet der Shoot-Out-Hasser Tom Ford den Pokal in die Höhe recken durfte, entbehrt nicht der Ironie. Im anschließenden Interview mit Grabbelweltmeister Rob Walker sagte er dann auch, dass seine PTC-Siege von 2010 und 2011 eher die Bezeichnung Ranglistentitel verdient hätten als das Shoot-Out.
Fast wäre er gar nicht angereist, denn er war noch am Mittwoch auf der Beerdigung seines langjährigen Sponsors und guten Freundes Brian Todd und ihm war danach gar nicht nach einer Turnierteilnahme. Doch am Ende konnte er sich doch über den Titel freuen.
Für alle, die Englisch können, hier das Post-Match-Interview, in dem er sich gefangen hatte. Und in dem er erklärt, warum sich ein Heimturnier für ihn gar nicht nach Turnier anfühlt.
Scottish Open: Titelverteidiger schon raus
Nach dem Speed-Format mit nur einem Frame geht es bei den Scottish Open jetzt gemächlich weiter. Best of 7 bis einschließlich Achtelfinale, Best of 9 im Viertelfinale, Best of 11 im Halbfinale und Best of 17 im Finale. Jeweils zwei bis drei Matches werden parallel gespielt.
Kaum losgegangen ist es für den zweimaligen Scottish-Open-Sieger Gary Wilson schon wieder vorbei. Er verlor 2–4 gegen Long Zehuang. Gerade am Tisch sind unter anderem John Higgins, Joe O’Connor und Graeme Dott. Barry Hawkins, Chris Wakelin und Mark Allen steigen heute noch ins Geschehen ein. Morgen geht es weiter mit Mark Davis, Si Jiahui und Noppon Sangkham. Oder auch Mark Selby, Ding Junhui und Weltmeister Kyren Wilson. Ach ja, und Ronald steht für 20 Uhr auch noch im Spielplan. Judd Trump, Mark Williams und David Gilbert haben schon abgesagt.
Alle Spielpaarungen, -zeiten und Ergebnisse findet ihr auf unserer Turnierseite. Wann Eurosport sendet, steht hier.
Bai Yulu kann sich obendrauf Hoffnung machen, in 2025 in Berlin beim German Masters spielberechtigt zu sein.(5:4 gegen Liam Pullen) Eine Hürde hat sie schon genommen. (die zweite Hürde ist Yuan Sijun)
Da ich sicherlich in Berlin vor Ort dabei sein werde, würde es mich erfreuen von ihr ein Bild der Erinnerung und eine autographische Verschriftlichung zu erhaschen.
Ich würde es begrüßen, wenn in Berlin alle 128 Spielerinnen und Spieler antreten dürften, aber das größere Feld mit 64 (wie letztes Jahr) ist schon eine deutliche Verbesserung, da die Top 32 wenigstens automatisch qualifiziert sind.
Herr Mark Selby in einem kurzen Dialog steht bei mir ganz oben auf der Liste, mal schauen, ob sich Ronnie O’Sullivan dieses Jahr dazu herablässt, am Turnier teilzunehmen. Es wäre für ihn sicherlich eine Erfahrung, zu für ihn ehrenamtlichen Konditionen den Menschen etwas Aufmerksamkeit zu schenken.