Beim Finale des German Masters kommt es zur Neuauflage des letztjährigen Champion of Champions Endspiels: Judd Trump und Neil Robertson qualifizierten sich gestern auf recht unterschiedliche Weise.
Gereifter Trump mit Seelenruhe zum Sieg
Ich muss gestehen, dass ich das zweite Halbfinale spannender eingeschätzt habe. Dieser Irrglaube kam aber nicht daher, dass ich Graeme Dott unterschätze. Sondern eher, weil ich ihm noch nicht verziehen habe, dass er uns vor zwei Jahren die Abendsession ruiniert hat. Nun gut, ich wurde Lügen gestraft.
Das Match war ausgeglichen, abwechslungsreich und hochklassig. Die beiden boten uns alles, was ein gutes Snookermatch haben sollte: tolles Breakbuilding, langwierige Safety-Duelle und dramatische Kommzurücks. Zur Pause stand es berechtigterweise unentschieden und so ging es hin und her bis zum 4–4.
Dieser achte Frame war ein Beispiel dafür, warum ich diesem „neuen“ Judd Trump wirklich gerne zuschaue. Es gab es eine ziemlich lange Safetyphase und die ganze Zeit dachte ich: „Nun wird Trump gleich einfach draufdreschen. Aus Ungeduld irgendeinen Unfug spielen.“ Doch seltsamerweise spielte er noch die 45ste Safety mit einer Engelsgeduld. Am Ende holte sich Dott den Frame auf Schwarz, aber Trump ließ sich überhaupt nicht irritieren und spielte im nächsten Frame eine 110. Am Ende ging es 6–4 aus und niemand im ausverkauften Tempodrom konnte sich über irgendetwas beschweren.
Wie verdammt wichtig ist dieser Frame. Das weiß auch Judd, deswegen spielt er für seine Verhältnisse sehr verhalten. Man merkt inzwischen, wie gereift der ist. #147sf
— Chris (@BOff147) February 1, 2020
Rasanter Robbo am Abend
„Traditionsgemäß verstellt sich Muphy wieder auf sämtliche Farben.“ Was meine Sitznachbarin gegen Ende des Spiels so trocken von sich gab, war leider das zutiefst wahre Motto des Spiels. Sicher hat Neil Robertson auch gut gespielt, aber ohne Shaun Murphys freundliche Hilfe wäre der Sieg nicht so deutlich gewesen. In den letzten vier Frames holte er gerade mal 15 Punkte. Robertson spielte wieder sein hervorragendes Snooker, machte zwei Centuries und noch drei 50+ Breaks. Viel mehr lässt sich über das Spiel nicht sagen, wenn wir den Murphy nicht völig verreißen wollen.
Furioses Finale?!
Es heißt ja, wenn die Halbfinalspiele Superknüller waren, gibt es ein maues Finale. Wenn das stimmt, dann wissen wir leider nicht, was uns nachher erwartet. Vielleicht gibt es eine Session, spannend und umkämpft und in der anderen Session eine schmerzhafte Solo-Show eines Spielers. Den Namen und der momentanen Form nach müsste es der Knüller werden, was die über 2000 Menschen im Tempodrom bestimmt zu schätzen wüssten. Die Atmosphäre hier ist ja berühmt und auch Robertson erzählte im anschließenden Interview nochmal, dass dieser Veranstaltungsort so besonders ist.
Dass das Tempodrom heute bis auf den letzten Platz besetzt sein wird, steht außer Frage. Wir hoffen, dass auch heute, wenn die Luft vielleicht nicht ganz so feucht und stickig ist wie gestern, niemand in Ohnmacht fällt und alle ihren Spaß haben.
Falls ihr nicht vor Ort sein könnt: Hier erfahrt ihr, wann das Finale im Fernsehen übertragen wird.