Im ausverkauften Tempodrom gewinnen „der Mann in Form“ Shaun Murphy gegen einen seiner unbequemsten Gegner Liang Wenbo mit 6:4 und „der Mann in Form“ Mark Selby gegen Stephen Maguire mit 6:2 ihre Halbfinalspiele und bescheren uns morgen ein vielversprechendes Finale.
Alles schwärmen vom Solitärtischaufbau (one table setup). Ich habe mich also heute doch ins Tempodrom aufgemacht, mir mit meiner Berühmtheitskarte Einlass verschafft und mich selber überzeugt. Und bin nicht überzeugt. Es ist auf alle Fälle positiv zu vermerken, dass diese Menschenmenge aufregend wirkt und dass es nach Spielbeginn in der Halle sofort konzentrierter ist. Auch dass das Rumgerenne durch Ordner an den Türen unterbunden wird, fand ich toll. Aber abgesehen von der schlechten Luft, unter der wir in den letzten drei Tagen nur am Rande zu leiden hatten, ist mir der Tisch so einfach zu weit weg. Die Intimität, die durch die räumliche Nähe zu den Tischen enstehen konnte und die ich im vorletzten Bericht beschrieben habe, wollte sich heute nicht einstellen. Und dann versperren die Werbebanden auch noch die Sicht aus der ersten Reihe.
Das erste Halbfinale
Shaun Murphy machte es am Nachmittag gegen Liang Wenbo wieder im uns mittlerweile bekannten Shaun-Murphy-Stil: eine Führung herausholen, sie in einen Rückstand verwandeln und anschließend doch gewinnen. Die ersten drei Frames entschied er für sich, unter anderem mit einem 141er Break. Doch dann verlor er die Spur: Wenbo holte sich mit einem 90er Break den vierten Frame zum 3:1 Pausenstand. Auch nach der Pause fand Murphy eine ganze Weile nicht ins Spiel und Wenbo holte auf. Murphy hatte es heute nicht so mit den Gelben: zweimal verschoss er sie zu frameentscheidenden Chancen für Wenbo. Aber beim Stand von 3:4 fiel ihm offensichtlich ein, welchen Spitznamen er trägt und holte sich auf magische Art mit einer 145 und 87 die letzten drei Frames. Hierbei zeigte er seine relativ neue Fähigkeit, jeden Ball unabhängig vom Spielstand so gut wie möglich zu spielen. Vor einiger Zeit hätte wäre er dazu nicht in der Lage gewesen, die verschossene Gelbe aus dem 7. Frame wegzustecken und selbstbewusst weiterzuspielen, sagte er im anschießenden Interview.
Das zweite Halbfinale
Der Abend begann dieses Mal damit, dass die Schiedsrichterin Maike Kesseler sich von Rolf Kalb knutschen ließ. Er kommentierte das mit „magische Momente meines Jobs“, während Maike es wohl unter Berufsrisiko abhakt.
Mark Selby beginnt den Abend damit, Breaks von 68, 94 und 73 einzulochen. Stephen Maguire hat immer noch ein bisschen die Seuche am Queue, die wir gestern schon sehen konnten. Er locht geniale Rote, hat dann aber keine Fortsetzung. Oder er verschießt knifflige Bälle und lässt etwas liegen. Zur Pause hat er sich wenigstens noch einen Frame geholt und liegt nur 1:3 zurück. Der große Unterschied bei den beiden ist die Chancenverwertung. Während Selby sich hartnäckig auch durch unaufgeräumte Bilder kämpft und punktet, nutzt Maguire die wenigen Chancen, die er bekommt, nicht konsequent genug.
Nach der Pause macht Selby souverän bis zur 5:1-Führung weiter wie zu Beginn des Spiels, doch den umkämpften 7. Frame kann wieder Maguire für sich entscheiden. Im letzten Frame allerdings vergibt der Schotte die Chance, Selby den Frame noch wegzuschnappen. Dieser kommt nach einer Safety von Maguire wieder an den Tisch und räumt ab zum 6:2 Matchgewinn. „He played a decent safety, but it wasn’t decent enough“, lautet der passende Kommentar.
„Ich habe gepunktet, wenn ich die Chance dazu hatte. Ich habe mich während des Matches gut gefühlt“, sagt Selby nach dem Spiel. Für morgen erwartet er im Finale gegen seinen guten Freund ein hartes Spiel.
Heute durften die Experten eines bekannten Sportsenders ihr exponiertes Studio neben dem Foyer verlassen und direkt am Tisch fachsimpeln. Colin Murray, Ronald O’Sullivan, Jimmy White und Neal Foulds bringen schon seit Mittwoch schöne Einsichten und Interviews. Das Foto hat wie immer Monique Limbos gemacht, bei der wir uns bei dieser Gelegenheit mal wieder für die Möglichkeit der Nutzung bedanken möchten.