Was der Nachmittag lahm war, war der Abend spannend. Nach 23 Jahren erreicht Alan McManus mit einem 13-12 gegen John Higgins wieder ein Halbfinale der WM! Und Barry Hawkins bewarb sich in seinem Spiel gegen Marco Fu vergeblich um den Titel des grandiosesten Comebacks der WM-Geschichte.
Sowohl Alan McManus wie auch Barry Hawkins ließen sich trotz Vorsessionrückstand nicht von ihren Gegnern abschütteln. Während Hawkins gleich drei Frames vor der Pause holte, teilten sich die beiden Schotten die vier Frames gerecht untereinander auf und so stand es in beiden Partien nach der ersten Mini-Session 11-9.
Ein Schotte im späten Glück
Alan ‘Angles’ McManus fiel durch tolles Stellungsspiel, aber auch mit leichten Gymnastikübungen auf. Er hatte offensichtlich immer noch Nackenprobleme, die er den ziegelsteinharten Hotelkopfkissen anlastete und die mehr als einmal den sauberen Stoß seines Queues verhinderten. Auch Higgins verschoss den ein oder anderen Ball, besonders mit dem Hilfsqueue. Doch auf sein berühmtes B-Spiel konnte er sich erst noch verlassen. Doch kurz vor Schluss verlor er die Spur und McManus konnte zum 11-11 ausgleichen.
Im 23. Frame machte ‘Angles’ ein 128er Break zum Niederknien. Hier sah man nicht nur die Erfahrung, sondern auch Gelassenheit. McManus ist ein Mensch, der mit seiner Karriere zufrieden und dankbar für dieses privilegierte Leben ist. Doch trotzdem ist er immer noch ein harter Arbeiter und er kann hervorragend fokussieren. So kam er im letzten Frame wieder an den Tisch, nachdem Higgins eine Rote auf die Mitte verschossen hatte und spielte auch diesen Frame mit Seelenruhe und betörendem Stellungsspiel zu Ende. Im Halbfinale trifft er auf Ding Junhui und damit stehen seit Ewigkeiten das erste Mal zwei Qualifikanten in der Vorschlussrunde der WM.
Das geschichtsträchtigste Comback
Barry Hawkins kam von einem 1-9-Rückstand und Fu konnte heilfroh sein, dass er kurz vor der Pause noch den Frame zum 11-9 gewinnen konnte. Denn das schien den Elan von Hawkins, der in den letzten drei Jahren immer die Runde des One-Table-Setups erreichte, gebremst zu haben. Nach dem Intervall machte Fu ein 93er Break und gewann den nächsten Frame nach viel Hin und Her. Doch Hawkins konnte noch einmal nachziehen: Mit einer 80 kam er zum 11-12 heran. Im letzten Frame sah es schon nach Ausgleich aus, als Barry mit 60 Punkten verschoss. Mit seiner 75er Clearance, die unter diesen Umständen nur als grandios zu bezeichnen ist, zog der Mann aus Hong Kong ins Halbfinale ein, wo er auf Ex-Weltmeister Mark Selby treffen wird.
Nach dem Spiel sagte Higgins, er wäre „zusammengebrochen und Alan nicht. Wenn er so weiterspielt, hat er eine großartige Chance. Ich hoffe, er gewinnt hier.” McManus gab wieder eine seiner philosophischen Pressekonferenzen. Fazit: Er fühlt sich wohl, hält die These, dass die Qualifikanten müde sind für Quatsch und freut sich auf das Spiel gegen Ding, den er für einen Top-4-Spieler hält. Er musste aber auch schnell wieder zurück ins Hotel, um ein paar Tage nachzubuchen, denn er hatte sein Checkout schon für morgen geplant. Wer glaubt hier eigentlich mehr an Angles? Ich oder er?
Wer übrigens mal das Crucible Theatre durch die Augen von Alan McManus ‘lesen’ möchte, die/der schaue hier.