„Warum gibt es keine Frauen im Snooker?“

Erfolgreiche Frauen im Snooker: Schwarz-weiß-Foto von einer jungen, weißen Frau und einem älteren Herren. Sie hält einen Glaspokal in der Hand.
Allison Fisher 1991 © World Women’s Snooker

In diesem Artikel geht es um Frauen im Snooker. Warum gibt es angeblich keine? Wir beantworten hier die meistgestellten Fragen, die uns immer wieder begegnen.

Wer sich ein bisschen auf Social Media herumtreibt, wird diese Fragen kennen. Sie werden dort regelmäßig gestellt. In Massen. Bei so vielen Fragen scheint der Bedarf an Antworten groß zu sein. Wir möchten deshalb dieses schwarze Loch der Ahnungslosigkeit mit Wissen füllen und die wichtigsten dieser Fragen hier beantworten.

„Warum gibt es keine Frauen beim Snooker?“

Diese Frage kommt relativ häufig vor, besonders im auf Twitter. Wir fragen uns: Wieso nehmen eigentlich so viele Menschen an, dass es keine Frauen im Snooker gibt? Nach dem Motto: Was ich nicht sehe, ist nicht da. Und zugegeben sind sehr wenige Frauen im Snooker zu sehen. Aber trotzdem … Es gibt doch genug Internetz, um da mal mehr mit zu machen, als ahnungslose Fragen reinzuschreiben. Zum Beispiel „Frauen“ und „Snooker“ in eine Suchmaschine eingeben, auf SnookerPRO lesen oder Wikipedia zu Rate ziehen.

Meine Antwort: Natürlich gibt es Frauen beim Snooker. 1981 wurde World Women’s Snooker (damals noch World Ladies Billiards and Snooker Association) gegründet und es gibt eine World Women’s Tour. Die ersten Frauen auf der Main Tour von World Snooker Tour waren im Mai 1991 Allison Fisher, Ann-Marie Farren, Karen Corr, Stacey Hillyard and Georgina Aplin. Momentan spielen auf der Main Tour Reanne Evans, Weltmeisterin Siripaporn Nuanthakhamjan, Mink Nutcharut und Rebecca Kenna. Ng On Yee war zwei Jahre Profi, verlor aber in der letzten Saison ihre Tourkarte. Außerdem gibt es unzählige Amateurinnen auf der ganzen Welt.

„Warum dürfen die Frauen mitspielen, wenn sie nie ein Spiel gewinnen?“

Dies ist natürlich eine rhetorische Frage, die im Grunde gar keine Antwort erfordert. Das ist klassisches Trolling, um den Frauen das Recht abzusprechen, auf der Main Tour zu spielen. Das Argument lautet: Sie seien zu schlecht.

Meine Antwort: Alle, die sich auf irgendeinem Weg für die Tour qualifizieren, dürfen unabhängig von ihrem Geschlecht so gut oder schlecht spielen wie sie können oder wollen.

Außerdem haben schon viele Frauen Spiele auf der Main Tour gewonnen. Stacey Hillyard zum Beispiel hat in der Saison 1991/1992 acht Spiele gewonnen. Stephen Hendry hat in der zurückliegenden Saison noch nicht einmal acht Frames gewonnen, geschweige denn ein einziges Match.

Mit ihrem 5–4-Sieg gegen Sukhbir Grewal beim Dubai Duty Free Classic im Juli 1991 gewann Allison Fisher als erste Frau ein Profi-Match. Ihr folgte im gleichen Turnier Stacey Hillyard, die sich mit drei Siegen als erste Frau für die Endrunde eines Profi-Turniers qualifizierte. Erst in der zweiten Hauptrunde schied sie gegen Alex Higgins aus.

Reanne Evans qualifizierte sich 2013 mit einem Sieg gegen Thepchaiya Un-Nooh für die Endrunde des Wuxi Classic. Bei der Qualifikation zur WM 2017 gewann sie 10–8 gegen Robin Hull und beim Shoot-Out 2023 gegen Stuart Bingham. Zum European Masters 2023 qualifizierte sie sich mit einem Sieg über Jenson Kendrick. Ng On Yee gewann gegen Wu Yize mit 4–2 bei den Welsh Open 2022, mit 4–3 gegen Ken Doherty bei den British Open 2022 und mit 6–4 gegen Jenson Kendrick bei den UK Championship 2022. Mink Nutcharut gewann bei den Northern Ireland Open mit 4–2 gegen Mitchell Mann und bei der UK Championship 2023 mit 6–3 gegen Adam Duffy.

Siege im Amateurbereich

Bai Yulu, die (noch) nicht auf der Main Tour spielt, gewann 2023 den Russian International Cup gegen ausschließlich männliche Gegner (z.B. Ivan Kakovskij, Deng Haohui, Egor Plishkin) und machte dabei Breaks von 101, 74, 61, 57, 50. Auch in der Q-School 2023 konnte sie Siege z.B. gegen Joshua Thomond verbuchen.

Seit Ng On Yee von der Main Tour gefallen ist, konnte sie in der Asian Q-School, der WSF-Championship und der Q-Tour mehrere Siege gegen Männer verbuchen.

Bayarsaikhan Narantuya erreichte bei der WSF-Championship 2024 die KO-Runde mit Siegen über Bulent Fazliu and Harry Flower .

„Warum bekommen Frauen eine Wildcard und müssen sich nicht richtig qualifizieren wie die Männer?“

Die einzigen, die momentan auf der Main Tour mit Wildcards spielen, sind Ex-Rekordweltmeister Stephen Hendry und Socken-Weltmeister Ken Doherty. „Richtig“ qualifizieren können sich die Aktiven über verschiedene Wege wie über die verschiedenen Q-Schools, die Q-Tour, die CBSA China Tour, aber auch verschiedene Amateurmeisterschaften und die World Women’s Tour. Das hat einerseits den Sinn, durch die Präsenz von Akiven aus diesen Ländern oder Kontinenten die Entwicklung des Sports in bestimmten Regionen zu fördern. Und das Ziel im Falle der Frauen-Tour ist die Gleichstellung der Geschlechter im Sport.

Meine Antwort: Die Frauen haben keine Wildcards bekommen. Im März 2021 wurde die World Women’s Snooker Tour offizieller Qualifikationsweg für die professionelle World Snooker Tour.

„Warum wurden die Frauen zum Mixed Doubles eingeladen, wo sie doch viel schlechter sind als viele männliche Profis?“

Facebook-Kommentare mit den nebenstehenden Zitaten von Stevens und Kenna.

Zum Vergrößern bitte klicken.

Auch diese Frage zielt darauf, den Frauen das Recht abzusprechen, irgendwo mitzuspielen. Laut Matthew Stevens fühlten sich Spielerkollegen geschädigt, weil die Frauen £10.000 Antrittsgeld für ein Wochenende bekommen haben. Rebecca Kenna fragte zurück: „Und sie fühlen sich nicht geschädigt, wenn die vier besten männlichen Spieler zu einem Turnier eingeladen werden und das Geld bekommen?“

Meine Antwort: Das Prinzip des Mixed Doubles sind Teams bestehend aus je einem Mann und einer Frau. Da viele Leute gar nicht wissen, dass auch Frauen Snooker spielen (siehe oben), wurde dieses Turnier ausgetragen, um die Frauen im Fernsehen zu zeigen. Dadurch sollen Mädchen und Frauen ermutigt werden, Snooker zu spielen. Ohne die Frauen hätte gar kein Mixed Doubles stattgefunden.

„Warum bekommen Frauen im Snooker doppelt so viele Gelegenheiten zu spielen wie die Männer?“

Meine Antwort: Diese Frage bezieht sich darauf, dass die vier Frauen auf der Main Tour auch auf der World Women’s Tour spielen können. Die Frauentour ist eine sogenannte Development Tour, eine Entwicklungstour. Wie ich vor einigen Jahren schon berichtet habe, soll die Frauentour einen Rahmen bilden, in dem Frauen sich entwickeln, gegeneinander im Wettbewerb stehen und nun auch den Sprung ins Profi-Lager machen können. Da es immer noch sehr wenige aktive Frauen gibt, ist der Standard noch nicht hoch genug, um Spielerinnen hervorzubringen, die bei den Turnieren der Main Tour bis in spätere Runden vordringen können. Da sie deshalb relativ wenige Profi-Matches spielen, dient für sie die Frauentour als zusätzliche Gelegenheit, Matchpraxis zu bekommen.

Messen mit zweierlei Maß

Diese Turniere haben ein relativ geringes Preisgeld und sind deshalb nicht wirklich attraktiv. Den Frauen diese Möglichkeit nicht zu gönnen, sagt viel darüber aus, wie (un-)willkommen Frauen im Snooker noch sind. Und dies als Benachteiligung der Männer auszugeben, ignoriert völlig die Tatsache, dass Männer über Hundert Jahre Vorsprung haben. Frauen waren lange – und sind es noch heute – vom Snooker ausgeschlossen. Ihnen werden Steine in den Weg gelegt und sie müssen dauernd mit zusätzlichen Belastungen kämpfen. Es hat sich deshalb keine breite Masse und damit auch keine Spitze herausgebildet. Alle vermeintlichen Vorteile und zusätzlichen Möglichkeiten dienen dazu, diesen Rückstand auszugleichen und Frauen über die nächsten Jahre in die Weltspitze zu bringen.

Und ganz davon abgesehen gibt es auch für Männer doppelte Gelegenheiten. So spielen zum Beispiel bei der World Seniors Snooker Championship mehrere Profis wie Mark Davis, Ken Doherty, Jimmy White und Stephen Hendry. Auch Spieler wie Alfie Burden und Peter Lines, die mangels Profi-Erfolg immer mal wieder Amateure sind, spielen dort mit. Und wieder andere hüpfen rüber zum Poolbillard und spielen dort Turniere mit.

„Was hat Erfolg im Snooker damit zu tun, weiß, männlich und aus UK zu sein?“

Ja, ich gestehe es lieber gleich. Diese Frage hat meines Wissens noch nie jemand gestellt. Ich habe sie mir ausgedacht. Aber ich wünschte, dass diejenigen, die die bisherigen Fragen unter Posts von World Women’s Snooker oder Spielerinnen klatschen, die sich im Chat eines jeden Live-Streams darüber das Maul zerreißen, wie schlecht die Frauen doch spielen oder uns hier mit Kommentaren nerven, mal über meine ausgedachte Frage nachdenken. Ja, ich weiß auch, dass das nicht geschehen wird.

Wenn ein Shaun Murphy oder ein Ronnie O’Sullivan eine bessere Frauentour fordern, sollten sie stattdessen mal innehalten. Vielleicht wollen die Frauen gar keine bessere Frauentour mit niedrigen Preisgeldern und wenig öffentlicher Wahrnehmung. Vielleicht wollen sie einfach die gleichen Chancen auf der Profi-Tour wie die Männer. Und dazu würde gehören, dass ihre Anwesenheit auf der Tour nicht ständig infrage gestellt wird. Dazu würde auch gehören, dass sich die männlichen Kollegen, wenn schon nicht wohlwollend und ermutigend, dann aber wenigstens nicht abwertend über die Spielerinnen äußern. Und dass die World Snooker Tour niemals und von niemandem als „Männertour“ bezeichnet wird.

Und wer jetzt den Drang verspürt „Sprachpolizei!“ zu rufen, dem möchte ich versichern, dass ich niemandem verbiete, das zu sagen. Es ist trotzdem faktisch falsch. Ihr behauptet von euch, die Frauen wirklich unterstützen zu wollen? Dann benutzt bitte keine Begriffe, die der Sache schaden.

„Ist das nicht Sexismus gegen Männer?“

Also, diese Frage führt jetzt wirklich zu weit. Da beantworte ich doch lieber Fragen zu O’Sullivans Penis.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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5 Gedanken zu „„Warum gibt es keine Frauen im Snooker?“

  1. Peter Parker

    Ich denke das ist das Problem in unserer Zeit.
    Frauen wollen alle Männer Domänen erobern. Und die besseren Männer werden. Männer wollen gar keine starken Frauen sondern lieben weibliche Attribute. Die starke Powerfrau wirkt unweiblich, stellt eine Bedrohung dar weil sie die Männlichkeit in Frage stellt. Männer sind in der Existenzkrise weil sie nicht wissen wie man mit einem Heer von Mannsweibern umgeht  ein Teufelskreis. Zum sportlichen Aspekt. Ich kenne diese leidige Debatte auch vom Tennissport. Schaue trotzdem nur Männer Tennis weil Frauen Tennis einfach nur langweilig ist!

  2. Lula Witzescher Artikelautor

    Herzlichen Glückwunsch zum frauenfeindlichsten Kommentar seit langem! 🏆

    Aber es ist natürlich auch ein Unding, dass alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben möchten wie Männer.

  3. Rainer

    Ich habe einen neuen Begriff gelernt: „Männertour“. Ich hatte ihn bisher noch nie, nicht in Kommentaren, Gesprächen, Artikeln oder auf Twitter gehört oder gelesen.
    Aber davon abgesehen: Vermutlich können Männer sich leichter auf ein einziges Ziel fixieren, in einen „Tunnel“ geraten, sich festbeißen, während Frauen nicht davon ablassen können, viele Dinge gleichzeitig zu bedenken. Vielleicht (ich kann mich auch irren) liegt es daran: Männer mussten in Jahrtausenden der Menschheitsentwicklung nur an die Jagd denken (durften dabei aber keinen Fehler machen) und Frauen an „alles übrige“. Das macht Männer nun wirklich nicht zu den besseren Menschen, aber vielleicht zu den besseren Snooker-Spielern. So what.

  4. Lula Witzescher Artikelautor

    Der Begriff „Männertour“ wird von Menschen, die Snooker wirklich verfolgen, auch nicht häufig genutzt. Aber mir begegnet er in der Diskussion um Frauen im Snooker doch manchmal. Und nun hat gerade Ronnie O’Sullivan mit seiner großen Reichweite ihn benutzt, deshalb fand ich es wichtig, darauf einzugehen.

    Menschen haben unterschiedliche Fähigkeiten und die Bandbreite ist da sehr groß. Manche haben längere Arme, manche können besser gucken, manche sind mental stark und lassen sich von Misserfolgen nicht so beeinflussen. Wir sehen in vielen Bereichen Frauen, die in einen Tunnel geraten und sich festbeißen können. Da es nicht möglich ist, in dieser binär denkenden Gesellschaft wirklich geschlechtsneutral aufzuwachsen, können Faktoren wie Ermutigung, bestimmte Dinge zu lernen oder nicht zu lernen gar nicht herausgerechnet werden. Deshalb ist es schwer zu bestimmen, welche Fähigkeiten angeboren und welche erlernt worden sind.

    Führt das Prinzip vom Jagen & Sammeln tatsächlich (heute immer noch) zu unterschiedlichen Fähigkeiten? Oder ist das nicht ein gesellschaftliches Vorurteil, damit Frauen sich auch weiterhin um „alles übrige“ kümmern und Männern den Rücken freihalten, damit sie sich auf eine Sache konzentrieren und richtig gut darin werden können? Das werden wir wohl erst erfahren, wenn auch Frauen der Rücken freigehalten wird und sie sich auf Snooker konzentrieren können. Das bedeutet, dass sich jemand anders um „alles übrige“ kümmern müsste.

    Daran sehen wir, dass wir auch außerhalb des Sports eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung Gleichstellung brauchen, damit Frauen im Snooker erfolgreich sein können. Den Leistungsunterschied lediglich mit mangelnden Fähigkeiten der Frauen zu erklären, lässt diese Dinge außer Acht.

  5. Publicviewer

    Ich denke beim Snooker, ganz anders als beim Tennis, Schwimmen oder der Leichtathletik, haben die Frauen körperlich ganz ähnliche Voraussetzungen.
    Das könnte Man(n)/Frau auch schön vergleichen.
    Genau so, wie ich mich immer gefragt habe, wieso Frauen im Straßenrennsport z.B. Motorräder nie einen Stich gemacht haben?
    Die wären i.d.R. sogar leichter als die Männer…. ;-)

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