Nach einer wunderbaren Woche mit hochklassigen Spielen schlägt Ronald O’Sullivan Barry Hawkins In einem relativ mäßigen Endspiel mit 10-1 und lässt sich in seinem 11. Masters-Finale zum 6. Mal zum Champion krönen.
Die Nachmittagssession hätte mit der 7-1-Führung von O’Sullivan kaum deutlicher sein können. Hawkins hatte sich zwar den ersten Frame geholt, aber O’Sullivan sammelte alle restlichen ein. Dabei gab es sowohl zerfranstere Frames, in denen Hawkins seine Chancen hatte, sowie auch klare Entscheidungen wie im dritten Frame ein Century mit 136 Punkten.
Hawkins zeigte nicht viel von seinem Rhythmus, den er im Turnierverlauf kontinuierlich aufgebaut hatte und der ihn gerade im Spiel gegen Trump so souverän machte. Er verschoss vermeintlich leichte Bälle und hatte bei den kniffligeren Pots das Glück nicht auf seiner Seite, wohingegen O’Sullivan sogar die unmöglichsten Treffer gelangen. Beispielhaft war das im siebten Frame: Hawkins verschießt eine Rote, diese bleibt direkt vor dem Loch liegen und O’Sullivan versenkt nicht zu eine knifflige Schwarze zu Beginn, sondern auch noch den Frameball – eine schwierige Rote.
Kein Midssession-Interval am Abend
In der Abendsession, die nicht mehr mit der größten Spannung erwartet wurde, sahen wir als erstes einen lachenden Barry Hawkins, der seinen Einzug ins Innere des Ally Pally sichtlich genoss. Im ersten Frame des Abends versuchte er, sich ins Spiel zurückzukämpfen, leider mit genauso wenig Erfolg wie am Nachmittag. Obwohl er mehr als 10x am Tisch war, gelang ihm kein entscheidendes Break. O’Sullivan machte zwar den ein oder anderen Stellungsfehler und verschoss auch einige Bälle, aber das Glück war immer noch auf seiner Seite: Den Frame gewann er auf Pink, die erst in der Tasche wobbelte, wieder heraussprang und auf dem Weg quer über den Tisch auf den Spielball traf, der sie ins Loch abfälschte.
Für Frame Nummer zehn brauchte O’Sullivan zwei Anläufe und im letzten holte er sich mit einer 75 Frame, Match und Titel, der mit 200.000 £ versilbert wird.
Hawkins hatte im Anschluss Schwierigkeiten, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. Seine guten Leistungen im Laufe der Woche gingen in seiner Enttäuschung über seinen Finalauftritt unter. Auch wenn er es mit einem Lachen sagte, ein Funken Wahrheit war vielleicht daran an seiner Aussage, er wünsche sich, dass sein Gegner schon im Ruhestand wäre.
O’Sullivan wiederholte zum Glück nicht seine Selbstkritik von gestern, sondern gab zu, “over the moon” zu sein, was für ihn schon ein ungewöhnlich großes Glücksgefühl zu sein scheint. Er zeigte sich zufrieden mit seinem Spiel. Ihm war klar, dass er sein Niveau für das Finale steigern musste. Er hätte versucht, sich auf jeden einzelnen Ball zu konzentrieren und gut ins Spiel zu kommen und das sei ihm gelungen. Außerdem war er glücklich, seine Emotionen im Griff zu haben. Auf die Frage, wo und wann wir ihn in dieser Saison noch sehen würden, hielt er sich etwas bedeckt. UK- und europäische Turniere seine denkbar. Das einwöchige Masters sei ja noch relativ überschaubar, aber 17 Tage WM…
Wir werden es wohl abwarten müssen, wie er sich letztendlich entscheidet. Das Potential für einen sechsten WM-Titel könnte man schon sehen, aber ob er wirklich bis dahin nochmal den Biss aufbringt?