Das Viertelfinale des Masters 2021 steht fest

Yan Bingtao beim Lochen mit dem Hilfsqueue. Im Hintergrund sitzt Neil Robertson auf seinem Stuhl und kann nur zuschauen.
Yan Bingtao erreicht bei seinem Masters-Debüt das Viertelfinale. © World Snooker/Tai Chengzhe

Heute startet das Viertelfinale des Masters. Nachdem Yan Bingtao und Stephen Maguire überraschend die Topfavoriten Robertson und Selby schlugen, ist das Feld vor dem Viertelfinale ungewöhnlich offen. Wir schauen auf die Chancen der verbleibenden Acht auf den Masters-Titel.

Die erste Runde des Masters ist vorüber und einige der erwarteten Namen sucht man vergeblich unter den Viertelfinalisten. Nachdem Judd Trump wegen eines positiven Corona-Tests nicht antreten durfte, verloren die beiden anderen Topspieler der Saison, Mark Selby und Neil Robertson, ihre Auftaktmatches. Für die verbleibenden acht Spieler eröffnet sich damit eine sehr gute Gelegenheit auf den Titelgewinn. Aber wer nutzt die Gunst der Stunde?

Schafft es Stuart Bingham seinen Masters-Titel zu verteidigen?

Im Gegensatz zur Weltmeisterschaft im Crucible ist das Masters nicht verflucht. Erstmalige Sieger konnten ihren Titel bereits verteidigen. Seit Paul Hunter im Jahr 2002 ist es aber keinem mehr gelungen. Einer von vier nötigen Siegen auf dem Weg zur Titelverteidigung ist Stuart Bingham bereits geglückt.

Nachdem er bei der Championship League schon für das erste Maximum des Jahres gesorgt hatte, versuchte er es beim Masters erneut. Er lag trügerisch komfortabel mit 5–1 vorne. Nach 8 Roten und Schwarzen endete jedoch das Break. Dass er das Maximum-Break versuchte, anstatt Frame und Match zu sichern, hätte sich beinahe als Fehler erwiesen. Nach dem Steal des siebten Frames setzte Thepchaiya Un-Nooh bei seinem Masters-Debüt zu einem Comeback an. Am Ende behielt Bingham jedoch mit 6–4 die Oberhand. Durch das Ausscheiden von Robertson und Selby haben sich seine Chancen auf einen Finaleinzug deutlich erhöht.

Gute Gelegenheit für die „Class of 92“

Wenn man irgendwen nicht niemals unterschätzen darf, ist es die sogenannte „Class of 92“. Ronnie O‘Sullivan, John Higgins und Mark Williams, die alle 1992 Profi wurden und auch fast 30 Jahre später immer noch nicht wegzudenken sind aus den Favoritenlisten. Zwei von ihnen haben das Viertelfinale des Masters erreicht.

Kann Ronnie O‘Sullivan nach der Weltmeisterschaft auch das Masters gewinnen? Sicherlich gilt er nun zurecht als Topfavorit. Trotz zum Teil durchwachsener Leistungen konnte er in dieser Saison bereits zwei Finals erreichen. Nun trainiert er laut eigenen Aussagen auch wieder abseits des Matchtisches, was man seinem Spiel auch deutlich anmerkt. Das Match gegen Ding Junhui war absolut hochklassig und voller hoher Breaks beider Spieler. Am Ende profitierte O‘Sullivan ein bisschen davon, dass Ding kurz vor der Ziellinie viele unnötige Fehler machte.

Wie auch sein nächster Gegner O‘Sullivan setzte sich John Higgins im Decider durch. Sein Match gegen Mark Allen war durch einige Höhen, aber auch einige Tiefen geprägt. Von den Leistungen der ersten Runde sollte man annehmen, dass Ronnie O‘Sullivan sich im Viertelfinale durchsetzt. Aber John Higgins ist nach einer Woche Championship League gut im Wettkampfmodus angekommen. Dort spielte er in allen drei Gruppen und konnte die letzte auch gewinnen. In allen drei Gruppen ging er als Tabellenführer in die Play-Offs. Wir denken der Schotte könnte hier beim Masters für eine kleine Überraschung gut sein.

Macht Kyren Wilson nachdrücklich auf sich aufmerksam?

Kyren Wilsons Jahr 2020 war recht respektabel. Er erreichte die Finals bei den Welsh Open und den Gibraltar Open. Im Sommer spielte er sein erstes, aber bestimmt nicht letztes WM-Finale. Und durch den Sieg bei der Championship League im Oktober steht sein Name auf der überschaubaren Liste der Ranglistenturnier-Sieger dieser Saison. Er ist Nummer 5 der Weltrangliste und Nummer 4 der Saison-Rangliste. Dennoch wird er gerne übersehen.

Ende 2020 häuften sich die Jahresrückblicke. In vielen davon wurde von den „Großen 4“ gesprochen, die derzeit in Niveau deutlich vor allen anderen liegen: Judd Trump, Neil Robertson, Mark Selby und Ronnie O‘Sullivan. Wer sicherlich deutlich vor allen anderen liegt, ist Judd Trump. Aber in einem Atemzug mit Robertson, Selby und O‘Sullivan kann man Kyren Wilson sicherlich auch erwähnen. Das Masters 2021 könnte eine gute Gelegenheit für Kyren Wilson sein, sich mit einem Triple-Crown-Titel auch mal nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen. Zu wünschen wäre es ihm.

Neue Chancen für alle nach der Weihnachtspause

Nach einem Milton-Keynes-Marathon vor Weihnachten hatten alle Spieler nochmal die Gelegenheit Zuhause physisch und mental durchzupusten und konnten frisch ins neue Jahr starten. Das merkte man insbesondere Dave Gilbert und Stephen Maguire an. Beide hatten bisher Schwierigkeiten, sich in der tristen Kulisse des Stadium MK zu motivieren. Aber beiden hat die Pause merklich gut getan. Sie konnten nicht nur ihr Auftaktmatch gewinnen, sondern zeigten dabei auch eine gute Leistung. Gilbert trifft im Viertelfinale auf Kyren Wilson.

Stephen Maguire und Yan Bingtao sorgten für die beiden dicken Überraschungen in der ersten Runde. Statt des von vielen erwarteten erneuten Duells zwischen Selby und Robertson treffen nun Maguire und Yan im Viertelfinale aufeinander. Beide hatten bisher sicherlich nicht die Saison, die sich erhofft haben, können aber nun mit viel Selbstvertrauen ins restliche Turnier starten. Insbesondere Yan dürfte nach seinem nervenstarken Comeback gegen Robertson und dessen Lob nach dem Match mit stolzgeschwellter Brust antreten. Bei seinem Masters-Debüt erreicht Yan direkt das Viertelfinale.

Auch für Shaun Murphy lief die Saison bisher nicht nach Plan. Neben Ronnie O‘Sullivan zeigte er bei seinem Erstrundensieg gegen Mark Williams die vielleicht überzeugenste Leistung aller Viertelfinalisten bisher. Herausragend war die lange Schwarze entlang der Bande, mit der er den vierten Frame zur 3–1 Führung zur Pause gewann. Im Viertelfinale trifft er heute Abend auf den Sieger des Masters 2020 Stuart Bingham.

Murphy, Maguire, Yan und Gilbert haben vor dem Masters noch nicht die Form gezeigt, die sie vor der ersten Runde zu den Topfavoriten zählen ließ. 2020 ist vorbei und die Vier können zu Beginn von 2021 zeigen, dass nun mit ihnen zu rechnen ist.

AutorIn: Målin

Målin mag Zahlen und Tabellen. Wenn sie gerade kein Snooker guckt, wirft sie wahrscheinlich einen Blick auf die Provisional Rankings. Ist durch Langeweile zum Snooker gekommen und weil sie schon in jungem Alter einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer hatte. Neben Artikeln kümmert sich Målin bei SnookerPRO um die Spieler*innenprofile. Twitter: @esel_freund

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