Als ich im Jahre 1996 unsere Tipprunde zur Männerfußball-EM haushoch gewann, weil ich als Einzige auf Tschechien gesetzt hatte (mein Finaltipp: D-Tsch 1:2), verschaffte mir das auf Jahre hinaus erhebliche Vorschusslorbeeren in unserer Runde. Leider gelang mir nie wieder so ein Wurf. Entweder dachte ich zu lange nach oder ich hatte zu viel Expertinnenwissen, vielleicht wünschte ich auch immer zu sehr. Mir fehlte die gewisse Unbefangenheit und so waren meine Tipps schlichtweg jedes Mal eine Katastrophe. Als nach diversen peinlichen Fehlschlägen und vielen vorletzten Plätzen die Häme meiner Mitspieler_innen immer unverhohlener wurde, hörte ich auf, Fußballergebnisse zu tippen. Ich dachte aber immer wieder an meinen Triumph von damals und begann mich zu fragen: Lag es wirklich daran, dass ich den Tippschein 1996 komplett ausgewürfelt hatte?
Beim Snooker habe ich mit dem Tippen gar nicht erst angefangen. Aber jetzt, wo die Zeit der großen Vorhersagen angebrochen ist, schaue ich mich mal um, was andere in dieser Sache unternehmen.
So sehr ich Snookerisland vor Ort bei der Quali schätzen gelernt habe (für die Berichterstattung in bilderlosen Zeiten): Das Regelwerk des 2014 DAFABET WORLD SNOOKER CHAMPIONSHIP PREDICTION CONTEST auf www.snookerisland.com ist mindestens so unnötig lang und unübersichtlich, wie der Titel des Wettbewerbs. Das ist nur etwas für Exceljunkies, alle anderen können ihren Spielstand dort gar nicht verfolgen.
Als Nächstes werfe ich einen Blick auf den Crucible Contest auf http://event-prediction.com. Hier wird einfach bis zum Finale durchgetippt, ansteigende Punktzahlen pro Runde für jeden richtig getippten Gewinner. Im letzten Jahr hat die Gewinnerin 56 Punkte von 80 erzielt, am Tabellenende stehen Leute mit 6 und 7. Die hätte ich allerdings locker geschlagen, denn egal was Hoffnung und Unverstand mit mir machen mögen, niemals hätte ich Marcus Campbell sein Auftaktspiel gewinnen lassen. Der meistgetippte Favorit war übrigens Mark Selby mit 226 von 928 Nennungen vor dem späteren Sieger mit 200 Nennungen.
Etwas intimer geht es bei break-off.com zu. Eine überschaubare Anzahl von Tippern, einige Zusatzfragen. Hier werden die Runden erst getippt, wenn die Paarungen feststehen. Allerdings kann man sich per E-Mail erinnern lassen, wenn die Deadline für den nächsten Tipp naht, damit man nichts verpasst.
Am Besten gefällt mir persönlich Snookerbackers Favoritencheck. Kein Tippspiel, sondern ein akribisch recherchierter Beitrag, der sich nur auf den einen Punkt fokussiert: den Titel. Er fragt: „Wie haben die Favoriten in der Vergangenheit abgeschnitten?“ Hier findet ihr das Barometer der Buchmacher den knallharten Fakten gegenübergestellt – ein lückenloser Rückblick auf die WM seit 1981.
Mir gefällt diese Herangehensweise so gut, dass ich mich wider alle Erfahrungen hier und heute zu einer Vorhersage den zukünftigen Weltmeister betreffend hinreißen lasse:
Der Favorit wird der Erwartung gerecht, die Erwartungen mal wieder nicht zu erfüllen, indem er nicht ganz erwartungsgemäß die Erwartungen doch erfüllt – oder auch nicht.
Die Würfel haben gesprochen.
Die Fakten zur WM findet ihr hier: WM 2014.