Sechster WM-Titel für Ronnie O’Sullivan

Ronnie O'Sullivan mit dem Pokal für den Weltmeister

Ronnie O’Sullivan wird zum sechsten Mal Weltmeister. Er holte sich gegen Kyren Wilson den silbernen Pott mit der Lady auf dem Deckel und das Preisgeld von £500.000.

Es ist sein  37. Ranglistentitel und er ist mit seinen 44 Jahren der älteste Weltmeister seit Ray Reardon. Außerdem klettert er auf Platz 2 der Weltrangliste, Wilson mit Platz 6 auf seine bisher beste Platzierung.

Lediglich einen Frame spielten die beiden am Abend, bevor O’Sullivan das matchgewinnende 18–8 machte. Denn am Nachmittag lief es für Kyren Wilson nicht so gut, als er von acht Frames nur einen gewinnen konnte.

Ronnie O’Sullivan ohne Feuerwerk

Nach den hochdramatischen Halbfinalspielen waren unsere Hoffnungen auf ein spannendes Finale schon gedämpft. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass meist nur eine der beiden Runden es wirklich in sich hat.

Leider kam es dann auch so. In der ersten Session hatte Wilson schon den Anschluss verloren, als sie mit 2–6 aus seiner Sicht endete. Das Spiel war nicht sonderlich schön anzusehen, machten die Konditionen am Tisch beiden zu schaffen und brachten sie zu vielen Fehlern. Doch war es Ronnie O’Sullivan, der sich unerwarteterweise damit besser arrangieren konnte.

Am Abend war es dann etwas ausgeglichener und Wilson kam bis auf 6–8 heran. Doch am Ende der Session stahl O’Sullivan einen sicher geglaubten Frame und baute mit 10–7 seinen Vorsprung wieder aus.

Ein kurzer zweiter Tag zum WM-Titel

Den ersten Frame des Tages holte sich Wilson mit einer 73. Die nächsten sieben Frames gingen mit Breaks von 53, 61, 57, 60, 71 und 72 an O’Sullivan. Nicht, dass Wilson hier keine Chancen hatte und O’Sullivan wie ein Gott spielte. Die Unterschiede waren nicht so groß, wie das Ergebnis glauben macht. Wilson unterliefen viele ‚kleine‘ Fehler und auch O’Sullivan lochte nicht alles. Aber insgesamt waren die langen Bälle in der zweiten Hälfte bei Ronnie sicherer und Wilson hatte zusätzlich Schwierigkeiten beim Stellungsspiel. So endete die Session mit 17–8. Am Abend dann wieder eine nicht genutzte Chance von Kyren Wilson und Ronnie O’Sullivan räumte ab. Leider scheiterte er mit einem Miscue an der letzten Schwarzen zum Century. Das wäre das 80. des Turniers gewesen und hätte nochmal ordentlich Geld in die Charity-Kasse bedeutet. [update: Betrfred hat es als Century gezählt und die £25.000 doch an das Jessie May Children’s Hospice gespendet.] Insgesamt gab es im Finale zwei Centuries, je eins von jedem Spieler. Mit 79. Centuries ist der Rekord vom letzten Jahr nicht annähernd erreicht worden.

Dankbarer Kyren, entspannter Ronnie

Kyren Wilson hat sich mit dem Finale gegen Ronnie O’Sullivan schon einen Traum erfüllt. Sicher hätte er es auch gerne gewonnen, aber er meinte, er wäre ja noch jung genug, um weitere Chancen zu bekommen. Er ist auch der Meinung, dass in der Welt momentan wichtigere Dinge passieren als Snookermatches.

Dass er seinen Humor noch anbringen konnte nach dieser Enttäuschung, war beeindruckend. Auch wenn er nicht sicher ist, ob er nicht doch in ein paar Tagen mit Tränen in den Augen aufwacht.

Ronnie O’Sullivan gibt vernünftige Interviews

Ronnie O’Sullivan gab sich anschließend extrem entspannt und sagte auch nur ein paar Mal „Cue Action“. Wie immer fand er lobende Worte für seinen Gegner. Und wie ebenfalls erwartet sagte er, dass er sich ohne Publikum wohler gefühlt hat. Es war ja erst zum Finale wieder eine begrenzte Zahl an Menschen im Crucible zugelassen. Auch wenn die Leute ihn unterstützen, spiele er ohne diesen Druck besser. Manche mutmaßen, dass er sich eine WM mit vollem Haus nicht noch einmal antun würde.

Davon bin ich nicht überzeugt. Denn im Interview mit Collin Murray beschrieb er nochmal die mentale Arbeit, die er in der letzten Zeit geleistet hat. Wie gut es ihm gelingt, im Moment zu bleiben. Es war während dieses manchmal eher selbyesken Finales auch zu merken, wie sehr Ronnie sich weiterentwickelt hat, was Frustrationstoleranz und Anpassungsfähigkeit betrifft. Es ist schwer zu glauben, dass er das jetzt nicht mehr nutzt. Und insgeheim glaube ich auch, dass es ihm diebische Freude machen würde, den 7T-Hendry von seinem alleinigen 7T-Thron zu schubsen.

Snooker in Zeiten von Corona

Ich hoffe, dass dies die einzige WM ist, die uns als Corona-WM in Erinnerung bleibt. Auch wenn das Hygienekonzept wirklich vorbildlich war, dieses ganze Hin und Her war nervig und mir scheint es auch ein unnötiges Risiko gewesen zu sein. Klar, wir mussten uns erst an den Dosenapplaus gewöhnen, aber am Ende dachten doch einige, dass es ohne die Gwaan-Ronnie-Rufer auch ganz schön war. Besonders Ronnie natürlich. Und für Anthony Hamilton tut es mir immer noch unendlich leid.

Auch wenn es seltsam war, im Hochsommer zu Hause vor dem Bildschirm zu sitzen und Snooker zu gucken, war ich doch froh, dass die WM stattgefunden hat. Eine Menge Leute haben eine Menge Arbeit reingesteckt und am Ende war es doch eine gelungene Veranstaltung. Und ich kann beim nächsten Mal meinen neuen Hashtag ausprobieren: #RonaldVII.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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