Am Dienstag konnten sich am „Judgement Day“ folgende acht Spieler für die Endrunde der Weltmeisterschaft im Crucible qualifizieren: Scott Donaldson, Lyu Haotian, Stephen Maguire, Michael White, Thepchaiya Un-Nooh, Jamie Jones, Ding Junhui und Ashley Hugill.
Gestern war der erste Tag, an dem die letzte Qualifikationsrunde gespielt und die erste Hälfte der Qualifikanten ermittelt wurde. In den acht Tagen zuvor fanden die ersten drei Runden der Qualifikation statt. Diese sorgten schon für jeden Menge Spannung, Überraschungen und Drama, denn für viele ging es dabei nicht nur um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft, sondern auch um ihren Verbleib auf der Tour.
Nigel Bond verlor sein Match gegen Lukas Kleckers und fiel damit von der Tour. Er erklärte seine Karriere damit zu beenden. Lukas Kleckers und Simon Lichtenberg hätten die Endrunde erreichen müssen, um auf der Tour zu bleiben. Sie präsentierten sich gut und gewannen einige Runden, Lukas scheiterte in der dritten Runde sogar nur sehr knapp an Matthew Selt, doch am Ende reichte es nicht. Auch einige andere Spieler verloren ihre Tourkarte, darunter: Fergal O’Brien, Michael Holt (noch nicht offiziell, aber voraussichtlich), Kurt Maflin, Sunny Akani, Steven Hallworth sowie einige der ganz jungen Talente wie Iulian Boiko, Jamie Wilson, Aaron Hill und (voraussichtlich) Gao Yang. Das wird eine prominent besetzte Q School dieses Jahr.
Nigel Bond has confirmed his retirement from the professional ranks after being relegated from the tour last night after 33 years.
He will remain involved in snooker through coaching and will play in the seniors events.
Best of luck, Nigel. Pure snooker man.— David Hendon (@davehendon) April 8, 2022
Judgement Day nichts für schwache Nerven
In der letzten Runde der Qualifikation wird endlich wieder das gewohnte Langformat der Weltmeisterschaft gespielt. Und es geht um alles oder nichts – das suggeriert jedenfalls die Bezeichnung „Judgement Day“. Natürlich wollen alle ihre Saison mit einer Teilnahme am Crucible abschließen. Blanke Nerven sind garantiert. Nicht nur bei den Spielenden, sondern auch bei den Fans, wie ich gestern mal wieder selbst leidlich erleben musste.
Den Überblick über nurmehr acht Tische kann man kaum behalten. Vier davon werden bei Eurosport im Player gestreamt. Dazu kommt die schon Kult gewordene Konferenzschaltung. Dieses Jahr mit Ken Doherty und Rob Walker. Der erste Tag ist vorbei. Das ist passiert:
Die Schnellstarter
Manche konnten sich den Stress und das Drama am Judgement Day ganz ersparen. Scott Donaldson, Jamie Jones und Lyu Haotian gingen schnell deutlich in Führung und gaben diese auch nicht mehr ab. Donaldson und Lyu gingen mit 8–1 gegen Allan Taylor bzw. Dominic Dale in die Pause zwischen den Sessions. Jones gab nach einer 7–0 Führung noch die letzten beiden Frames gegen Tom Ford ab.
Als erster Qualifikant stand am Abend Scott Donaldson fest, der schnell die fehlenden beiden Frames holte und Allan Taylor keine Chance ließ. Taylor hatte in der Runde zuvor Ricky Walden geschlagen, von dem nach einer tollen Saison alle eine WM-Qualifikation erwartet hatten. Taylor verpasste aber die Chance zum Debüt im Crucible. Für Donaldson wird es die zweite Teilnahme nach 2019.
Dominic Dale versuchte beim Rückstand von 1–9 noch ein beherztes Comeback. Mit Breaks von 94, 110 und 67 Punkten holte er sich die nächsten drei Frames, doch der Versuch kam zu spät und Lyu Haotian sicherte seine Rückkehr ins Crucible mit einem 10–4. Ob Rob Walker beim dritten Anlauf lernt, seinen Namen auszusprechen? Sein Kommentar am Judgement Day lässt daran Zweifel. Auch Tom Ford versuchte sich noch an einem Comeback, am Ende qualifizierte sich Jamie Jones doch problemlos mit 10-5. Stress vermieden? Jones gab sich im Interview äußerst gelassen. Im Gegensatz zu anderen Turnieren sei er bei den langen Matches der Weltmeisterschaft nie nervös. Da war er am Judgement Day vermutlich allein. Für die Endrunde im Crucible wünschte er sich Ronnie O’Sullivan als Gegner.
Thepchaiya Un-Nooh in seinem Element
Für das größte Break-Festival sorgte das Match am Haupttisch. Matthew Selt ist ja durchaus auch mal für eine etwas defensivere taktischere Spielweise bekannt, aber in diesem Match gab es kaum davon. Thepchaiya Un-Nooh drückte mit seinem Stil dem Match seinen Stempel auf und Selt spielte genau das gleiche Snooker. Die ersten Frames teilten sie sich. Bei Führung 3–2 für Selt spielte Un-Nooh zwei Total Clearances (145, 138) in Folge. Selt schickte da auf seinem Stuhl schon leise Flüche in den Himmel, konnte dann aber seinerseits mit zwei guten Breaks, davon ein Century, die letzten beiden Frames der Session gewinnen und die Führung wieder herstellen. Er gewann auch den ersten Frame des Abends. Aber dann warf Thepchaiya Un-Nooh seine Break-Maschinerie an. Selt wusste, dass jeder Fehler von ihm direkt bestraft wurde, was den Druck nicht gerade geringer machte. Frame 14 konnte er noch stehlen, die restlichen Frames des Abends gingen an Thepchaiya Un-Nooh. Er beendete das Match mit Century Nummer 3 und 4.
Bei seinen bisherigen drei Teilnahmen bei der Weltmeisterschaft hatte Thepchaiya Un-Nooh wenig Losglück. Er traf in der ersten Runde des Crucible auf John Higgins, Judd Trump und Ronnie O’Sullivan. Alle erreichten dann später des Finale bzw. wurden in dem Jahr sogar Weltmeister. Dieses Mal hofft Un-Nooh auf ein etwas leichteres Los. Vielleicht schafft er ja dieses Jahr seinen ersten Sieg.
Maguire nicht ‚on fire‘, sondern mal ganz anders
Nach dem Match interviewt meinte Maguire, sein Match war wohl nicht gut anzusehen. Das liegt natürlich im Auge der Betrachterin. Das Match zwischen Stephen Maguire und Zhou Yuelong war durchgängig auf recht hohem Niveau und ein enger Schlagabtausch. Zum ersten Interval war Zhou mit einem sehr sehenswerten Century 3–1 in Führung gegangen. Danach unterliefen ihm einige Fehler, die Maguire gut nutzen konnte, um vier Frames in Folge zu gewinnen. Der letzte, umkämpfte Frame der Session ging wider an Zhou, sodass die beiden am Abend Kopf-an-Kopf starteten. Die zweite Session war geprägt von langen Safetyschlachten. Beide Spieler wussten, dass sie ihrem Gegner keine Chancen lassen durften. So zeigten zwei sonst sehr offensiv ausgerichtete Spieler ungewöhnlich viel taktisches Safetyspiel. Das jedoch auf hohem Niveau. Maguire setzte sich mehrmals ab, aber Zhou kam wieder zurück. Im letzten Frame gelang Maguire zwar kein hohes Break, aber durch starkes Safetyspiel erarbeitete er sich Chance für Chance und gewann am Ende 10-7.
Er habe alles versucht, um das Match nicht zu verlieren, sagte Maguire im Interview. Überall habe er Grabsteine und Totenschädel gesehen, wenn er auf den Tisch geguckt habe. Das war tatsächlich ein sehr ungewöhnlicher Stephen Maguire gestern. Kein überschäumendes Temperament, keine typischen Hit-and-Hope-Shots, sondern ein besonnener und ungewöhnlich geduldiger Maguire. Kein Feuer, sondern Wasser. Aber eines, vor dem sich alle Gesetzten im Crucible in Acht nehmen sollten.
Zwei Rückkehrer
Vor zwei Jahren ist Michael White von der Tour gefallen. Seit dem versucht er vergebens sich als Amateur zurückzukämpfen. Das ist ihm nun gelungen. Schon das Erreichen des Judgement Days garantierte ihm die Tourqualifikation über die Punkte auf der Einjahres-Rangliste. Diesen Erfolg konnte er mit dem erneuten Einzug ins Crucible krönen. Er ist der zweite Amateur, dem das gelingt. Sein Match gegen Jordan Brown war das ausgeglichenste am ersten Judgement Day. Lange konnte sich keiner so richtig absetzen, bis Michael White beim Stand von 6–7 drei Frames in Folge mit guten Breaks von 66, 71 und 87 holen konnte. Jordan Brown konnte noch einmal verkürzen. Der 18. Frame war dann sehr umkämpft und Michael White holte ihn sich mit einer sehr starken letzten Schwarzen. Im Interview nach dem Match zeigte er sich dann emotional.
Ding Junhui ist diese Saison aus dem Top 16 gefallen und musste daher die Qualifikation spielen. Nach einer bestenfalls durchwachsenen Saison zeigte er vor der Weltmeisterschaft eine gute Form, sodass alle mit seiner Qualifikation rechneten. Er musste dafür aber mehr kämpfen als gedacht. Am Judgement Day traf er auf den amtierenden Senioren-Weltmeister David Lilley, der ebenfalls Amateur wie White durch die drei Siege in der Qualifikation seine Rückkehr auf die Tour schon geschafft hat.
Ding legte in dem Match direkt mit einer 137er Total Clearance los und holte dank einer 76 auch den zweiten Frame. Es wurde dann aber nicht das erwartet einseitige Match. Auch Lilley nutze seine Chancen dann für hohe Breaks und bestrafte Dings Fehler. Am Ende der ersten Session führte er sogar 5–4. Am Abend machte er mit seinen soliden Breaks weiter und baute seinen Vorsprung auf 7–4 aus. Für den Favoriten Ding Junhui sah es zwischenzeitig nicht gut aus. Doch im Folgenden spielte der Jüngere der beiden seine ganze Erfahrung aus. Er behielt die Oberhand in den taktischen Duellen. Beiden unterliefen ein paar Fehler, doch am Ende war es immer Ding, der seine Chancen in Punkte umwandeln konnte. Er gewann die letzten sechs Frames in Folge und gewann am Ende 10–7.
Duell der Neulinge
Dramaturisch eine etwas bedauerliche Entscheidung war es, das Duell zwischen Joe O’Connor und Ashley Hugill nicht auf einen der gestreamten Tische zu legen. Beide waren noch nie in der Endrunde im Crucible dabei, ein Debütant war aus diesem Duell also garantiert. Das Match versprach also genau das Drama, auf das wir uns am Judgement Day doch so freuen. Leider war es dann nur in Ausschnitten zu sehen.
Beide hatten in der Runde zuvor eine beeindruckende Leistung gezeigt. Joe O’Connor hatte bei seinem 6–1-Sieg über Ben Woollaston nur drei Bälle verschossen – solche nicht mitgezählt, wenn der Frame schon entschieden war. Ashley Hugill war trotz Lebensmittelvergiftung ein beeindruckendes Comeback gegen Martin Gould gelungen. Nach 2–5 Rückstand gewann er das Match noch im Decider.
Ashley Hugill gibt sein Debüt im Crucible
Trotz eines Century-Breaks von 112 Punkten von Hugill im zweiten Frame, gelang O’Connor der bessere Start und er ging mit 3–1 ins Intervall. Doch dann wendete sich das Blatt, Hugill gewann die letzten fünf Frames der Session und startete am Abend direkt mit einem weiteren Century. Das brachte ihm einen komfortablen 7–3-Vorsprung ein. Doch Joe O’Connor konnte nochmal heran kommen. Er spielte drei gute Breaks und verkürzte auf 6–7, aber Hugill setzte sich erneut auf 9–6 ab. Im folgenden Frame sah es schon gut für Hugill aus, aber O’Connor bekam die Chance zum Steal. Er verpasste zwar die Clearance, als er am Ende überraschend Schwarz verschoss, gewann den Frame aber auf die Respotted Black und erhielt so seine Chancen.
Der 17. Frame war umkämpft. Die beiden lieferten sich ein sehr langes Safetyduell auf Braun. Joe O’Connor bekam die Chance, verpasste aber den Longpot knapp. Braun blieb zwar nicht lochbar liegen, aber Hugill nutze die Chance für eine gemeine Safety, die ihm dann die Chance einbrachte, zumindest Braun, Blau und Pink abzuräumen. Er brauchte aber alle Farben. Es folgte ein weiteres Safety-Duell auf Schwarz. Ashley Hugill lochte sie als spektakuläres Double – nach seinen Aussagen im Interview aber wohl ein Fluke. Ähnlich wie White und auch Thepchaiya Un-Nooh sichert er sich in der Qualifikation nicht nur den Tourverbleib, sondern er kann das mit einem Einzug in die Endrunde krönen. Genieß dein Debüt, Ashley!
Judgement Day 2
Heute geht es in die zweite Runde mit den folgenden acht Begegnungen:
David Gilbert – Anthony Hamilton (*)
Jimmy Robertson – Chris Wakelin
Noppon Saenkham – Robert Milkins (*)
Liam Highfield – Yuan Sijun
Ali Carter – Matthew Stevens (*)
Jackson Page – David Grace
Graeme Dott – Jamie Clarke
Lei Peifan – Hossein Vafaei (*)
Die mit (*) markierten Matches werden im Eurosport Player übertragen. Außerdem gibt es auch heute wieder den kostenlosen Konferenz-Livestream mit Rob Walker und Ken Doherty auf den YouTube- und Facebook-Kanal der World Snooker Tour. Die Ergebnisse findet ihr auf unserer Turnierseite.