Aufstand der Zwerge in Xi’an

Screenshot der Ergebnisse vom Grand Prix in Xi'an: Mark Davis 5-4 Mark Selby Oliver Lines 5-4 Mark Allen

Heute war ein guter Tag für das Team von SnookerPRO: Ein ganz klitzekleines bisschen überraschend gingen beim Grand Prix in Xi’an drei ‚unserer‘ Spieler in Entscheidungsframes über die Ziellinie, bei denen der jeweilige Gegner ein klitzekleines bisschen höher im Kurs stand: Oliver Lines, Mark Davis und Matthew Stevens. Dieser Artikel ist eine Gemeinschaftsproduktion von Hjördis, Målin und Lula.

Oli Lines gegen Mark Allen

Ich muss zugeben, in Oli Lines hatte ich heute vorab wenig Vertrauen. Das, obwohl er ja eine gute Saison spielt. Aber Mark Allens Matchplay derzeit ist auch wirklich angsteinflößend. Ich habe also erstmal andere Streams angeworfen und erst rübergeschaltet, als Oli Lines dabei war, den großen Rückstand im ersten Frame in kleinen Schritten Stück für Stück aufzurollen. Gerade rechtzeitig, um noch eine lange und sehr unterhaltsame taktische Safetyschlacht auf die letzten Bälle zu genießen. Am Ende sicherte sich Oli den Mammutframe auf eine Respotted Black.

Der Rest des Matches verlief dann im Gegensatz dazu eher kurzweilig: Mal war es Oli Lines, mal Mark Allen, der den Frame mit einem schnellen Break erfolgreich eintütete. So wurde es trotz Decider am Ende auch nicht unnötig spannend. Nach 3−4 Rückstand ließ Oli nichts mehr anbrennen und gewann die letzten beiden Frames, ohne seinen Gegner auch nur noch einen einzigen Punkt erzielen zu lassen. Das tröstete über meinen leichten Frust bei Lulas Glücksmoment (siehe unten) mehr als hinweg.

Mark gegen Mark

Auch ich hatte heute nicht allzuviel Vertrauen in Mark Davis. Als ich damals seine Auslosung gesehen habe, dachte ich, dafür braucht er doch gar nicht erst so weit zu reisen. (Ich weiß, dass Dark Mavis diese weiten Trips eh nicht besonders gerne macht, aber dann auch noch einen Mark Selby in der ersten Runde …) Naja, jedenfalls kam ich von der Arbeit und erwartete nicht, noch etwas vom Spiel zu sehen. Umso erstaunter war ich, als ich den 3–3-Spielstand sah.

Offensichtlich hatten sie sich bis dahin friedlich im Gleichschritt bewegt und Mark Davis hatte sogar ein Century-Break (129) gespielt. Doch gleich der erste Frame, den ich sah, der siebte nämlich, der ging an Mark Selby. Den ich ja ebenso wie Målin gerne mag, aber bei dieser Paarung gelten natürlich andere Regeln.

Es kann nur einen geben!

— Lula Witzescher (@lulawitzescher.bsky.social) 8. Oktober 2025 um 16:38

Im achten Frame war Selby auf Kurs, das Match für sich zu entscheiden. Aber Davis packte ungeahnte kämpferische Qualitäten aus und stahl den Frame auf Schwarz. Damit hatten wir auch hier einen Entscheidungsframe, in dem Davis das erste Break vergönnt war. Allerdings hatte er nach dem Split der Roten keine Chance, eine davon zu lochen und bei der Safety traf er Gelb und der Spielball lief nicht sicher. Doch Selby verschoss den langen Einsteiger. Davis kam mit einer supercleveren Kombination, an der neben drei Roten (von denen zwei fielen) auch noch Schwarz beteiligt war, wieder in ein Break. Mark Selby spielte anschließend noch ein bisschen um Foulpunkte, legte aber statt einem zwingenden Snooker dem Mark Davis eine letzte Chance hin. Die ließ dieser sich nicht nehmen und ich tanzte schön eine Runde auf dem Tisch.

Matthew Stevens gegen Judd Trump

Ich muss gestehen, dass ich bislang kein Match gesehen habe. Mir fehlte einfach die Zeit. Als ich heute dann erfahren hatte, dass Judd Trump ausgeschieden ist, war ich etwas erstaunt. Musste dann aber grinsen. Denn nach seinem gestrigen Maximum hatte ich mich still und heimlich gefreut, weil er nun zumindest nicht als Sieger aus dem Turnier gehen wird. Kurzum: Ich musste das Match zwischen Judd Trump und Matthew Stevens also nachgucken.

Wirklich Spaß gemacht hat das Match erstmal nicht. Beide Spieler hatten mit dem Tisch ihre Probleme und hohe Breaks waren Mangelware. Zum MSI lag Judd wenig überraschend mit 3–1 in Führung. Nach der Pause war das Glück dann mehr auf Matthews Seite, der dann nach dem siebten Frame erstmalig in Führung ging.

Der achte Frame war dann DER Frame überhaupt. Matthew ging in Führung und Judd brauchte drei Snooker, um noch irgendwas reißen zu können. Und es gelang ihm! Er konnte Matthew tatsächlich die benötigten Foulpunkte abringen und gewann diesen Frame mit der respotted Black. Decider! Der dann aber wieder unspektakulär an Matthew Stevens ging. Die Weltnummer 1 hatte ausgespielt.

Die Underdogs machen den Draw in Xi’an weit auf

Doch ganz allgemein scheint die zweite Runde in Xi’an ein gutes Pflaster für die niedriger Platzierten gewesen zu sein. Auch Stan Moody konnte einen Erfolg gegen einen Top-16-Spieler feiern. Und Robert Milkins hielt den Weltmeister in Schach und sicherte sich mit einem 5–2 den Einzug in die Runde der letzten 32.

In der oberen Draw-Hälfte tummeln sich noch Kyren Wilson, Ronnie O’Sullivan, Neil Robertson, Shaun Murphy, Ding Junhui und erfreulicherweise auch die Nr. 18 der Weltrangliste Wu Yize. In der unteren Hälfte sind aus den Top 16 noch Barry Hawkins, Mark Williams und Si Jiahui dabei. Eine gute Chance also für die niedriger Platzierten, hier ein paar Punkte zu sammeln.

Alle Spiele vom Grand Prix in Xi’an mit Zeiten und Ergebnissen findet ihr auf unserer Turnierseite. Die Eurosport-Sendezeiten stehen hier.

Anna Prisjažņuka erneut Europameisterin

Bei der Wiederholung des letztjährigen Finales der EBSA Europameisterschaften Rebecca Kenna gegen Anna Prisjažņuka setzte sich dieses Mal die Lettin durch. Beide waren vorab die Topfavoritinnen. Rebecca Kenna hatte im Vorjahr gewonnen, Anna Prisjažņuka gewann den Titel 2023. Der Weg ins Finale hätte aber für beide kaum unterschiedlicher laufen können. Bex Kenna schien auf ihrer Mission Titelverteidigung unaufhaltsam und bretterte durch ins Finale, ohne auch nur einen einzigen Frame abzugeben. Anna Prisjažņuka verlor in der Gruppenphase schon etwas überraschend ein Match gegen Ellise Scott und auch im Halbfinale gegen Anja Vandenbussche tat sie sich schwer.

Wir befürchteten ein einseitiges Finale, aber das wurde es zum Glück nicht. Anna holte sich den ersten Frame, dann ging es immer weiter schön im Wechsel. Ein besonderes Highlight war der sechste Frame, in dem beide ihr höchstes Break spielten. Bex legte vor, Anna zog nach und am Ende entschied Bex den Frame nach längerem umkämpften Duell auf die Farben mit einem superfiesen Snooker auf Pink, dem Anna nicht entkommen konnte. Es folgte ein typischer nervöser Decider, in dem kurzes Einfrieren des Bilds zusätzlich zur Spannung beitrug. Am Ende lochte Anna Prisjažņuka Blau und Pink und machte so ihren zweiten EM-Titel perfekt. Herzlichen Glückwunsch!

Für Anna freuen wir uns auch insbesondere deswegen, da es ein kleiner Underdog-Sieg ist, der mal wieder daran erinnert, dass die Snookerwelt aus mehr als nur England und China besteht.

Wer Lust hat, das Finale nochmal nachzuholen, kann sich den Stream auch noch nachträglich auf Youtube ansehen:

Noch mehr Europameistertitel zu vergeben

Bei den Europameisterschaften der EBSA (European Billards & Snooker Association) in Albanien gibt es noch eine Reihe anderer Wettbewerbe. Den Titel der Senioren konnte Craig Steadman verteidigen. Daneben laufen bereits die Teamwettbewerbe der Senior*innen und Frauen, nächste Woche auch der Männer. Außerdem wird die Europameisterschaft der WDBS (World Disability Billiards & Snooker) ausgetragen. Ebenso ein Shootout-Format, sowie ein Turnier im 6-Reds Format. Und auch das nächste Event der Q Tour wird am Wochenende ebenfalls in Golem, Albanien stattfinden.

Wem die anderen Snookerangebote noch nicht ausreichen, kann ja mal reinschauen. Insbesondere die Team-Wettbewerbe sind immer sehr nett anzusehen als Abwechslung zum sonst so brutalen Individualsport. Eine Übersicht gibt es auf der Homepage der EBSA. Es gibt in der Regel mehrere kostenlose Streams aus denen mal wählen kann, eine Übersicht davon ist im Livescoring zu finden.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. https://bsky.app/profile/lulawitzescher.bsky.social

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