Nach dem (von mir leider ungesehenen) Sieg des Letten Artemijs Žižins über Favorit Ali Carter war heute die Gelegenheit, dem jungen Spieler mal genauer bei der Arbeit zuzuschauen. Gegner war der weit mehr als doppelt so alte Engländer David Lilley, den ich – soweit ich mich erinnere – bislang ebenfalls noch nicht habe spielen sehen. Ganz unparteiisch war ich „aus Gründen“ allerdings nicht, als ich im laufenden Match meine Beobachtungen aufschrieb.
Gerade als ich in die noch punktlose Partie reinschalte, höre ich Neues vom Raumfahrt-Programm „Artemis“. Das nehme ich mal als Omen für meinen persönlichen Favoriten, der dann zwar auch den ersten Ball locht, aber das erste Break seinem englischen Gegner überlässt. Dessen 74er Break reicht dann auch locker zum Framegewinn. Ok. Weltraumprogramme beginnen in der Regel am Boden, bevor auch nur irgendetwas ins All schwebt.
Im zweiten Frame dann die ersten 37 Punkte, bevor eine vom Spot verschossene Schwarze David Lilley abermals in ein flüssiges Break brachte (55 Punkte). Schöne lange Rote zum Einstieg bringt dem jungen Letten den Frame. Bis hierhin eine ansehnliche, flüssige Partie ohne großes Gewürge. Flutscht ganz angenehm den Nachmittag durch.
Im dritten Frame erstmals markantere Fehler und Safe-Duelle, die das Tempo rausnahmen. Vielleicht sollte ich mich dann doch mal vom Weltraumbild verabschieden. Der Younsgter insgesamt stabiler, ohne überragend zu wirken, holt sich mit kleineren Breaks diesen Frame.
Im vierten Frame zeigt Lilley seine ganze Routine und räumt mit cremigen 138 den Tisch ab. Frame 5 wirkte dann weitaus zerfahrener und unrund auf beiden Seiten. Da nutze auch eine hammerharte lange Rote von Žižins nichts, wenn daraufhin Schwarz verschossen wird. Eichhörnchen Lilley bekommt in mehreren Kleinbreaks einen Vorsprung zuwege, während die vier Punkte des Letten auf einzelne Rote mit verschossenem Anschluss zurückzuführen sind. Das ist dann nicht mehr schön anzuschauen. Und nach dem schlussendlich ungefährdeten Framegewinn in einem wenig spektakulären sechsten Frame gebe ich zu, dass ich nicht mehr an einen Sieg des Weltranglistenachzigsten glaube. Nicht an jedem Tag geschieht ein Scott-Donaldson-Comeback.
Zusammenhänge herstellen wo keine sind?
Frame 8 begann damit, dass ich den Kater aus dem Bücherregal rausfischen musste, was dieser laut schnurrend (!) versuchte zu verhindern. Als ich wieder hinschauen konnte, verschoss Lilley gerade nach 24 Punkten und ließ dem Letten eine Chance, welche dieser aber nicht nutzte. Noch einmal musste ich die Katze am Missbrauch mehr oder weniger guter Literatur hindern und als das abschließend erfolgreich war, lag der lettische Rotschopf schon vorne uns spielte relativ flüssig bis 61.
Ähhm, Katze, möchtest Du nochmal ins Bücherregal?
Naja, Lilley gab auch nach einem Foul auf Schwarz nicht auf und zwang Žižins in ein Duell um Foulpunkte, die der Lette nicht ausreichend hergab. Lilley foulte im Endspiel auf die Farben seinerseits und meine Hoffnung auf einen Sieg von Artemijs bekam neue Nahrung. Danke liebe Katze. *schnurr*
Leider wollte die Katze nach der starken Roten von Žižins zum Einstieg in den nächsten Frame nach draußen und konnte nicht mehr als Glücksbringer herhalten.
In der Zwischenzeit wurde der Draw für das Haupt-Turnier veröffentlicht. Der Gewinner dieser Partie wird gegen Barry Hawkins antreten.
Und das könnte jetzt eben doch wieder Žižins sein, dessen starke lange Rote mir immer wieder auffielen. Wie auch sein zunehmend verbissener Blick im laufenden Break, dass er schlussendlich auch mit einem Fehler beendete. Lilley gelang es sauber aus einem 41er Break auszusteigen und zwang Žižins in ein Foul. Als der Engländer dann aber Braun wie ein vorgezogenes Nikolausgeschenk vor die Tasche legte, glaubte ich den Frame für den Engländer verloren. Er bekam aber noch einmal eine Chance auf Pink, die er nicht nutzte.
Also alles auf Anfang: 4–4 und Best of 3. Und ich hatte Unrecht mit meiner obigen Einschätzung. Grüße an die Katze, die gerade draußen irgendetwas erkundet. Falls Žižins das noch gewinnt, richte ich Dir einen Platz im Bücherregal ein. Versprochen.
Lilley legte dann auch mit 74 vor. Kurz kämpfte Žižins um Foulpunkte gab dann aber auf. Frame 10 kann ich kurz fassen: Artemijs Žižins gelang eine 72, nicht im Hurra-Stil gespielt und nicht aus dem Lehrbuch, aber dennoch nett anzuschauen (allerdings war ich mit der Aufmerksamkeit nicht immer bei der Sache) und das heißt: DECIDER! Ganz ohne Katze …
Die kam dann pünktlich zum Framebeginn rein und ließ sich auf meinen Armen nieder, so dass ich gar nicht in der Lage war, im Detail zu schreiben was alles geschah. Es war der übliche Decider: hier und da ein paar Punkte, hier und da ein paar Fehler, mit den etwas größeren Punktepäckchen für den 50jährigen Engländer. Zerfahren. Beide Spieler versuchten es auch offensiv, aber selten kam etwas Brauchbares dabei heraus. Nur dass Lilley eben doch hie und da Pünktchen holte und allmählich der Vorsprung wuchs. Bis …
Naja das könnt ihr jetzt glauben oder auch nicht, aber nachdem die Katze auf meinem Schoß sich ausgiebigst geputzt hatte, beendete sie die Körperpflege, ging durchs Zimmer spazieren und in diesem Moment kamen nach langer Zeit wieder acht Punkte für Žižins. Half ihm aber nichts. Die nächsten neun Punkte holte der Engländer, der damit Frame und Match sicherstellte.
Fazit
Well played anyway Artemijs. Danke für das Spiel. Hat Spaß gemacht. Ich hoffe sehr, dass wir Dich weiter auf der Tour sehen.
Was haben mir die Qualifiers an Erkentnis gebracht? Dass aus Lettland nicht nur die Band Tautumetas und das Märchen vom Hohlen Schwan und der Gurke kommen, sondern auch mein neuer Lieblingsspieler (der sich diesen Part mit dem Ukrainer Iulian Boiko teilt).
Und das Katzen nicht zum Glücksbringer taugen.







