Es kann nur einen geben!

John Higgins und Mark Williams bei der WM 2025 © Zheng Zhai

Ja, ich weiß. Klingt ganz schön episch. Angesichts des ganzen Vorgeplänkels zur Class of 92 und dem Matchverlauf, fiel mir kein besserer Titel ein. Aber der Reihe nach.

Herrlich unaufgeregt

Wie angedeutet, gab es vor dem Match sehr viele Redebeiträge zur Class of 92. Ich will mich hier dazu nicht weiter auslassen, nur soviel: Das WM-Finale 2018 habe ich auch gesehen. Zugegeben war es eines der Matches, die mich endgültig zum Snooker gebracht haben. Dieses Gefühl damals… ach lassen wir das! Es war ein großartiges Finale und ich wollte etwas vom damaligen Spirit nur für mich mit in dieses Viertelfinale nehmen.

Das klappte auch hervorragend, weil die beiden Profis herrlich unaufgeregt die ersten beiden Sessions ohne nennenswerte Ereignisse unter sich aufteilten. Nun ja, bis auf den Umstand, dass Mark Williams in der zweiten Session einige Frames in Folge gewann und kurzzeitig sogar die Führung übernahm. Wie auch immer: Die erste Session gewann John Higgins mit 5–3, die zweite fiel rechnerisch mit demselben Ergebnis an Mark Williams. Letztlich stand es nach der zweiten Session ausgeglichen 8–8. Genau das Ergebnis, das ich erwartet und mir gewünscht hatte. Wie viele andere auch. Den meisten war klar, dass es erst in der letzten Session aufregend werden würde.

Gebrauchter Vormittag für John Higgins

Mittwochvormittag war es dann soweit. Die geneigte Zuschauerin saß gespannt vor dem Bildschirm, voller Vorfreude der Dinge, die geschehen mögen. Saß da, schüttelte den Kopf, ging Tee kochen, schüttelte wieder den Kopf. Das, was da lief, war nicht das, was alle erwartet hatten und sehen wollten. Es war auch nicht das, was einen John Higgins ausmacht.

Die Kurzfassung: Higgins im Break, macht ’nen Fehler, Williams gewinnt den Frame. Zum MSI stand es 8–12 aus Sicht des Schotten. Williams würde nur noch einen Frame zum Sieg benötigen. Alles in allem war es ein absolut gebrauchter Vormittag für John Higgins.

Unaufgeregt aufregend

Zu diesem Zeitpunkt erinnerte ich mich vom Gefühl her an das viel beschworene Match von Alan McManus und Jimmy White im Jahre 2020. Viel Gerede, nichts dahinter.

Aber! John Higgins wäre nicht er selbst, würde er aus dem unerwarteten Rückstand nicht wie Phönix aus der Asche empor steigen. Denn genau dies tat er! Was auch immer er in der Pause getan oder gehört hatte, es wirkte. John Higgins gewann einen Frame nach dem nächsten. Durch einfach solides Spiel. Völlig unaufgeregt. Glück war allerdings auch mit im Spiel. War es im 24. Frame doch ein Kleidungs- bzw. Körperfoul von Williams, das Higgins den Einsteiger ermöglichte und letztlich zum centuriesken Framegewinn von Higgins führte.

Long Story short: Higgins spielte plötzlich so brillant, dass auf einmal ein Decider im Raum stand.

Erster Decider im Crucible

Und nicht irgendein Decider. Es war der erste Decider zwischen den beiden im Crucible. Es wurde also mal wieder Geschichte geschrieben. Diese WM hat es aber auch in sich.

Zurück zum Decider. Wenn man sich die Statistiken ansieht, liegt das Glück eindeutig auf Seiten John Higgins. Von zehn im Crucible gespielten Decidern gewann Higgins neun, bei Williams waren es nur zwei von sieben. (Quelle: Dave Hendon auf X)
Der Einsteiger gelang dann erstmal Mark Williams, der ein zartes Break von 24 spielte. Dann musste er sicher ablegen. John Higgins konnte nicht viel machen, öffnete aber den Tisch. Nachdem Williams „nur“ eine starke Rote lochte, konnte Higgins immerhin bis 31 punkten. Es folgte ein Safety-Battle, in dem Higgins auf 52 Punkte erhöhte.

Dann plötzlich Fehler Higgins. Hatten wir ja lange nicht. Williams überholt punktemäßig auf 56. Es lag nur noch eine Rote auf dem Tisch. Die lochte Higgins mit Hilfsqueue. Die Farben einfach mal so nacheinander in die Taschen zu befördern, sollte sich noch als Herausforderung zeigen. Denn Braun und Blau lagen sehr dicht an der Bande. Während es Higgins gelang, Braun zu versenken, scheiterte er an Blau. Es stand 69–56. Ihr könnt euch ausmalen, was geschah. Williams lochte und gewann das Match. Und ist damit der älteste Halbfinalist seit 40 Jahren.

Die letzten fünf Frames dieses Matches zeigten mal wieder die Klasse der sogenannten Class of 92. Es ist schade, dass es nur ein Viertelfinale war. Zu gerne hätte ich die beiden im Finale gesehen. Von den insgesamt drei Vertretern der Class of 92 sind jetzt nur noch zwei im Rennen um den erneuten Weltmeistertitel. Wird es ein Finale Ronnie O’Sullivan vs. Mark Williams geben? Spätestens am Sonntag werden wir es wissen. Eines steht auf jeden Fall fest: Es kann nur einen geben!

Die anderen Viertelfinale

Das oben beschriebene Match war ja nicht das einzige, das an diesem Tag entschieden wurde. Zhao Xintong und Chris Wakelin trennten sich 13–5, Ronnie O’Sullivan und Si Jiahui 13–9 und Judd Trump besiegte Luca Brecel mit 13–8. Es wäre nicht die WM, gäbe es nicht auch hierbei wieder Rekorde. ROS bestritt sein 23. Viertelfinale und steht jetzt in seinem 14. Halbfinale im Crucible. Judd Trump erzielte sein 104. Century in dieser Saison und brach damit den Rekord von Neil Robertson.

Heute beginnen die Halbfinale. Mit nur einem Tisch, das parallele verfolgen der Spiele fällt endlich weg. Den Anfang machen Ronnie O’Sullivan und Zhao Xintong (14 Uhr). Heute Abend (20 Uhr) folgen Judd Trump und Mark Williams. Gespielt wird best of 33 über vier Sessions.

Alle Matches, die gerade laufen oder noch bevorstehen, findet ihr auf unserer Turnierseite. Die Sendezeiten von Eurosport stehen hier. Mehr Neuigkeiten von den Matches bei unseren Kolleginnen von Total Clearance.

AutorIn: Hjördis

Hjördis unterstützt das Team von SnookerPRO im Hintergrund, schreibt den ein oder anderen Artkel und ist ansonsten zuständig für das Aktuell-Halten der Turniere.

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