WM 2016: Ein chinesisch-englisches Finale

Foto Ding/Selby
Ding Junhui und Mark Selby © World Snooker/Tai Chengzhe

Mit einem 17-15 gegen Marco Fu zieht Mark Selby zum dritten Mal in seiner Karriere ins Finale der Weltmeisterschaft ein. Im zweiten Halbfinale setzte sich Ding Junhui mit 17-11 gegen den Überraschungs-Halbfinalisten Alan McManus durch und ist damit der erste asiatische Spieler in einem WM-Finale.

Über zwei Tage gab es genug Gelegenheiten für Kuriositäten und Rekorde. Alan McManus spielte wegen Nasenblutengefahr mit einem Papiertaschentuchpfropfen im Nasenloch, Marco Fu riss mit der Kreide die Spitze vom Queue ab und war auf die Hilfe von Paul Collier, seines Zeichens eigentlich Schiedsrichter, aber offensichtlich der einzige zur Reparatur befähigte Mensch im Crucible Theater, angewiesen.

Die Partie Ding gegen McManus erlebte zehn Centuries, der alte Rekord stand bei acht in einer WM-Partie. Außerdem machte Ding alleine sieben davon, was ebenfalls einen neuen Rekord darstellt. Und auch die Gesamtpunktzahl, die jemals ein Spieler im Crucible erzielt hat, hat Ding schon jetzt überboten.

Das Spiel war dementsprechend unterhaltsam und hochklassig. Die erste Session war noch sehr einseitig (6-2 für Ding), doch in der zweiten Session gab es ein großartiges Comeback von McManus zum 7-9. In den letzten beiden Sessions war Ding wieder der bessere Spieler, doch McManus gab sich nicht sang- und klanglos geschlagen, sondern kämpfte bis zum Schluss um den Sieg. Nach dem Spiel zeigte er sich enttäuscht, aber auch wertschätzend seinem Gegner gegenüber: „Ich habe meine Chancen nicht genutzt, aber Ding hat es. Der bessere Spieler hat heute gewonnen und ich wünsche Ding im Finale alles Gute.“ Ding fühlte sich anschließend ganz ‘normal’. „Ich habe erst im März und April angefangen, gut zu spielen. Jetzt fühle ich mich selbstsicher genug, gegen jeden Gegner zu spielen.“ Ihm sind die Erwartungen, die in ihn aus der Heimat gesetzt werden, bewusst. Allerdings will er versuchen, sich noch vom Rummel um seine Person fernzuhalten und sich ganz auf das Finale zu konzentrieren.

Kampf auf wechselndem Niveau

Das zweite Spiel war…ich weiß nicht, welche Worte ich dafür gebrauchen soll. Vielleicht kann ich sagen: ausgeglichen umkämpft. Marco Fu und Mark Selby bewegten sich ohne große Vorsprünge und Rückstände durch das Match und bereiteten den Zuschauenden die volle Palette: Spannung, Langeweile, Schmerzen und Erleichterung. Wie bei zwei Top-Spielern zu erwarten gab es auch Höhepunkte, unter anderem die sechs Centuries, die die beiden spielten.

Der 24. Frame war ein über 76 Minuten langes Gerangel inklusive Toilettenpause von Selby und ellenlangem Spiel auf die Farben. Außerdem war er der längste Frame, der jemals dem Publikum im Crucible Theatre beschert wurde. In der letzten Session legte Selby jeweils einen Frame vor und Fu zog nach. Da auch noch Brendan Moore am Tisch stand, bei dem es bekanntlicherweise meistens Entscheidungsframes zu schiedsen gibt, schien alles klar zu sein. Aber Selby konnte nach dem 16-15 auch den nächsten und letzten Frame gewinnen und spaltete dabei die Gemeinde der Zuschauenden in diejenigen, die vom ‘schlimmsten Spiel ever’ sprachen und diejenigen, die sich vor Spannung die Nägel abkauten. Ja, so ist Snooker.

Für Diskussionen sorgte eine Szene, in der Marco Fu beim Hochnehmen seiner Bridgehand eine rote Kugel leicht mit dem Finger berührte. Weder er noch der Schiedsrichter bemerkten das Foul, doch aus den Zuschauerreihen wurden Zweifel geäußert, dass Fu die Berührung wirklich nicht wahrgenommen hätte. Dieser sagte nach dem Spiel: „Ich habe ehrlich nichts gespürt..“

Das Finale beginnt morgen um 15 Uhr, zweite Session 20 Uhr und geht am Montag zu denselben Zeiten weiter.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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