Volle Konzentration – Lukas Kleckers erste Saison auf der Tour

Lukas Kleckers WC2017
Lukas Kleckers beim Riga Masters 2017. © World Snooker/Tai Chengzhe

Den Fans, die ausschließlich die Turniere der Main Tour gucken, ist er vielleicht noch kein Begriff. Aber alle, die sich auch für Qualifikationen und Amateurturniere interessieren, kennen ihn natürlich schon länger: Lukas Kleckers, jüngster Deutscher Meister, frischgebackener Snookerprofi – und der neuste Favoritenschreck.

2015 haben wir Lukas Kleckers zum ersten Mal portraitiert und damals hat er uns schon mit seiner positiven und umsichtigen Einstellung beeindruckt. Wie viele andere Fans hierzulande haben wir mit großer Freude seine Qualifikation für die Main-Tour miterlebt. Wir freuen uns, dass Lukas sich nach seinem furiosen Saisonstart beim Riga Masters und dem World Cup erneut die Zeit genommen hat, unsere Fragen zu beantworten.

Lula Witzescher: Hast du vor dem Spiel gegen Robertson gedacht, dass du es gewinnen könntest?
Lukas Kleckers: Ich versuche, mir so wenig Gedanken wie möglich über meine Gegner zu machen. Mit einer guten Tagesform kann alles möglich sein, es kann aber auch genauso gut umgekehrt laufen. Gegen Neil Robertson lief es in der Tat sehr gut. Ich kam gut ins Match, was sehr wichtig ist und dann Selbstvertrauen gibt. Ich konnte ruhig bleiben und hatte sicherlich auch an der ein oder anderen Stelle den benötigten Lauf. Dass ich dann den Decider mit einem hohen Break gewinnen konnte, war ein sehr gutes Gefühl :-)

Lula: Das nächste Spiel hast du 2-4 verloren. Wie war das für dich? Was war der Grund für deinen Konzentrationsverlust im Spiel gegen Lisowski?
Lukas: Das Spiel gegen Neil Robertson hat sehr viel Kraft gekostet. Die Anspannung war den ganzen Tag über nicht gerade gering und vielleicht konnte ich die benötigte Energie bis zum nächsten Tag nicht zurückbekommen. Mit ein paar Fehlern weniger wäre da auch alles möglich gewesen.

Beim World Cup Anfang Juli in Wuxi, China, trat Lukas im Team mit Simon Lichtenberg erneut stark auf. Matt Huart, WPBSA Media Officer, war beeindruckt durch sein solides Spiel in allen Bereichen.

Und wie hat Lukas selber den World Cup erlebt? „Die Turniere in China sind immer etwas Besonderes. Der Stellenwert dieses Sports ist dort mit wenig anderen Ländern vergleichbar. Der Modus ist knallhart und jeder Frame kann immens wichtig sein. Ich persönlich kam ganz gut zurecht und besonders die Erfahrung ist viel wert. Das Match gegen China hat natürlich besonders Spaß gemacht, da zwei Frames zu gewinnen, war schon ein tolles Erlebnis.“

Auch wenn das deutsche Team nicht in die Endrunde kam, so war es für die Spieler eine wichtige Erfahrung. Und auf alle Fälle konnte Lukas auf sich aufmerksam machen. Hier gibt er gerade eine ganz besondere Visitenkarte ab:

Vor zwei Jahren erzählte Lukas, dass er es noch ein Jahr ohne Ablenkung versuchen möchte, auf die Main Tour zu kommen. Im Gegensatz zu manch jungem Engländer war ihm aber wichtig, sich eine berufliche Alternative zu schaffen.

„Ich habe letztes Jahr mit dem Maschinenbaustudium begonnen und werde das auch weiter fortführen. Snooker hat natürlich absolut Priorität und ich werde auch nicht Vollzeit nebenbei studieren können, aber ich werde mal schauen, wie das in der nächsten Zeit funktioniert.“

Der Beginn des Studiums bedeutete also nicht das Ende seiner Snookerkarriere, nur sein Zeitplan war jetzt deutlich enger. Umso höher ist es zu bewerten, dass er mit der Doppelbelastung Snooker/Studium in diesem Jahr die Qualifikation für die Main Tour geschafft hat.

Eine Zukunft zwischen Deutschland und England

Lukas wird weiterhin in Deutschland trainieren und zwar in Oberhausen im 15reds mit dem Bundestrainer Thomas Hein. In England trainiert er in der Star Snooker Acadamy in Sheffield. „Ich werde erst schauen, wie es von Deutschland aus funktioniert. Klar werde ich häufiger nach England fliegen und dort trainieren, besonders vor den Turnieren. Dies hängt dann natürlich auch von meiner finanziellen Situation ab. Falls ich merke, dass es ohne einen dauerhaften Englandaufenthalt keine Fortschritte geben kann, werde ich alles daran legen, dort so viel Zeit wie möglich zu verbringen.“

Sein Ziel ist es, sein bestes Snooker zu spielen und auf der Maintour zu bleiben. „Dafür trainiere ich sehr hart. Für was es dann reicht, werden wir sehen.“ Durch den engen Zeitplan sind freie Tage für Lukas jetzt eine Seltenheit und selbst die verbringt er meist am Snookertisch. Umso wichtiger ist es ihm, einen Ausgleich zum zeitintensiven Training und den Turnieren zu haben. Sein Studium und der Kontakt zu seinen Freunden stehen dabei ganz oben auf der Liste. Auf der Main Tour hat er noch nicht viele Kontakte geknüpft, auch wenn er einige Spieler vorher schon kannte. Mit dem Schweizer Alexander Ursenbacher einen deutschsprachigen Kollegen zu haben, findet er natürlich hilfreich.

Sich auf die eigenen Stärken besinnen

Im Interview scheint Lukas sehr fokussiert auf die Dinge, die er selber in der Hand hat, anstatt sich mit Dingen von außen zu beschäftigen oder sich womöglich davon verunsichern zu lassen. Das können wir besonders an den Antworten auf meine nächsten beiden Fragen sehen.

Lula: Meinst du, dass es mit dir als deutschem Spieler auf der Tour hierzulande so etwas wie einen Snooker-Boom geben wird?
Lukas:. Ich würde mich freuen, wenn sich in Zukunft mehr Leute für den Sport interessieren, aber ob ich darauf Einfluss habe, das kann ich gar nicht einschätzen. Ich beschäftige mich so wenig wie möglich mit der Aufmerksamkeit, die auf mich gerichtet ist. Ich versuche, das Beste aus meiner Chance zu machen und mich voll auf mein Spiel zu konzentrieren.

Lula: Auf wen würdest du demnächst gerne treffen? Und auf wen lieber nicht?
Lukas: Mir ist es nicht besonders wichtig, gegen wen ich spiele, ich beschäftige mich mehr mit meinem eigenen Spiel als mit dem meiner Gegner.

Nun liegen also zwei Jahre vor Lukas, in denen er sich auch finanziellen Herausforderungen gegenüber sieht. Auch wenn die Profis seit dieser Saison keine Startgelder für die Turniere mehr bezahlen, so müssen doch die Kosten für Reisen, Hotels, Trainings- und Clubgebühren aufgebracht werden. Von den Lebenshaltungskosten mal ganz abgesehen. Seine 2015 gestartete Crowdfundingkampagne läuft noch, zusätzlich gibt es aber auch Gespräche mit Sponsoren. Lukas ist zuversichtlich, dass er zukünftig darüber die Turnierkosten decken kann. Und seine ersten ₤2 000 Preisgeld kann er auch schon verplanen.

Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg – und Spaß an seinem neuen Job!

So geht es für ihn weiter:

Lukas wird in seinem ersten Tourjahr hoffentlich nicht im Dunklen bleiben.

Lukas wird in seinem ersten Tourjahr hoffentlich nicht im Dunklen bleiben.© World Snooker/Tai Chengzhe

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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