O’Sullivan gewinnt Clash of the Titans* beim Masters 2016

O'Sullivan Masters 2016
Ronald O'Sullivan heute wieder mal mit Haartolle. © Monique Limbos

Ronnie O’Sullivan besiegt Mark Selby in einem abwechslungsreichen Spiel mit 6-3, legt dabei im letzten Frame eine unisono hochgelobte Clearance hin und hat danach ungewöhnlich freundliche Worte für seinen „liebsten“ Gegner. Er zieht damit ins Halfinale ein, das er am Samstag gegen John Higgins oder Stuart Bingham bestreiten wird.

Ein Mark Selby, der in Runde 1 Ricky Walden ohne einen einzigen Framegewinn nachhause geschickt hat gegen einen Ronald O’Sullivan, der gegen einen starken Mark Williams noch weit vom Besten entfernt war: Da war Raum für Spekulationen, Vorhersagen und vor allem Vorfreude. Dieses Zusammentreffen war das erste nach dem WM-Finale 2014, bei dem Selby O’Sullivan mit seiner bekannten Zähigkeit nicht nur entnervt, sondern bekanntlicherweise auch geschlagen hat. Die in Bezug auf das gewünschte oder prognostizierte Ergebnis mehr oder weniger gespaltene Fangemeinde fieberte mit Vorräten an Popcorn und Tee dieser Partie entgegen und in einem Punkt waren sich alle einig: Es würde unterhaltsam werden.

Und so war es dann auch. In den ersten beiden Frames verschoss O’Sullivan jeweils den Frameball, den ersten holte er sich aber trotzdem noch, nachdem Selby ganz selbylike durch einen Haufen Foulpunkte doch noch rangerobbt war. Der zweite Frame ging allerdings an Selby. Die Führung zum 2-1 holte O’Sullivan sich in zwei Happen, der größere davon ein 69 Break. Der vierte Frame zeigte schon, was heute der Vorteil des späteren Siegers war: seine langen Bälle. Mit einem wunderschönen Einsteiger startete er das framegewinnende Break und ging mit 3-1 in die Pause.

Bis dahin ein ziemlich typisches Spiel, O’Sullivan recht flüssig, Selby mit Unbeirrtheit. Ersterer aber auch mit seltsamen Break-Offs, nicht nur einmal nahm er während des Spiels dabei die Blaue mit.

Aufholjagd mit gebremstem Schaum

Nach der Pause ging der psychologisch so wichtige Frame an Selby: Nach einem 61er Break bei noch 75 Punkten auf dem Tisch verschoss er zwar rot, doch bei O’Sullivan war nach 16 Punkten schon wieder Schluss, weil er Pink vom Punkt verfehlte. Selby lochte den Rest zum Framegewinn.

Mit einer glatten 100, dem einzigen Century des Spiels, holte O’Sullivan sich den 6. Frame. Im 7. Frame hörte ich in meinem inneren Ohr schon die Re-Rack-Rufe: Nachdem O’Sullivan sich mit einer Roten auf die Mitteltasche verschätzte und eine andere Rote traf, gab es anschließend ein ewiges Hin und Her auf eine Rote, die sich an eine Farbe kuschelte. Aber die beiden wurschtelten sich doch durch, bis O’Sullivan das bessere Ende für sich hatte.

Die Nr. 8 ging wieder an Selby, leider war ich währenddessen auf dem Heimweg und kann nicht sagen, wie das geschah. Nun war es an der Zeit für The Ronald, langsam Muffensausen vor Selbys Kommzurückqualitäten zu bekommen. Und tatsächlich startete dieser mit einer soliden 70 (mit noch 75 auf dem Tisch), in deren Verlauf er ein geniales Double auf die Mitteltasche spielte. Dann traf er beim Versuch, zwei Rote zu trennen, die Kugel zu dünn und hatte keine Fortsetzung. O’Sullivan stieg mit noch einem herzerwärmenden langen Ball ins Break ein und spielte dann den Tisch leer, dass der kommentierenden Gemeinde die Superlative nur so über die Lippen quollen. Hier kann sich jeder Mensch, der es verpasst hat, selber ein Bild machen.

Stimme nach dem Spiel

Hier das Interview mit World Snooker. Im BBC-Studio sagte er, er hätte sich heute viel wohler als am Dienstag gefühlt. Er hätte versucht, selbstbewusst zu sein (!!) und er könne nicht aufhören, Selbys Spiel persönlich zu nehmen. Das relativierte er später in der Pressekonferenz allerdings doch wieder und sagte: „I admire his tenacity and his will to win, I’ve got massive respect for him. We’ve had a bit of grudge and needle over the years and I have probably taken it personally, but not any more because I know he’s a great player.“ (Dann vergessen wir mal seinen beleidigten und beleidigenden Blog nach der WM 2014.) Auf die Frage, womit er heute am glücklichsten sei, antwortete er übrigens: „Mit meiner Einstellung. Meine Einstellung ist fantastisch.“

Der Verlierer des Spiels wurde anschließend so gesichtet:


*Diese floskelhafte und meist völlig übertriebene Formulierung wollte ich schon immer mal bringen. Und bevor sich eine schlechtere Gelegenheit bietet, nehme ich doch das Spiel heute dafür zum Anlass.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

SnookerPRO folgen