Mark Allen macht den Heimsieg perfekt

Bevor Mark Allen seinen Heimsieg perfekt macht, schüttelt er einem gut gelaunten John Higgins vor dem Match die Hand. Im Vordergrund steht die gläserne Alex Higgins Trophäe, im Hintergrund sind Referee Olivier Marteel und das Publikum in Belfast zu sehen.
Die Finalisten des Northern Ireland Open 2021 © WST

What a Match! Mark Allen macht den Heimsieg perfekt. Der Nordire gewinnt nach einer epischen Schlacht das Northern Ireland Open 2021 in Belfast. Er darf sich über ein Preisgeld in Höhe von 70.000 Pfund, die berühmte Alex Higgins Trophäe und das Preisgeld für das höchste Break freuen. John Higgins kann immerhin noch 30.000 Pfund mit nach Hause nehmen.

Ein mit Spannung erwartetes Finale

Die Begegnung von John Higgins und Mark Allen war ein mit Spannung erwartetes Finale. Auch die Vorfreude war enorm. Nicht nur die beiden Spieler wollten unbedingt so schnell wie möglich das Match bestreiten. Auch unter Fans, Spielerkolleg*innen und Expert*innen war man sich einig, dass es ein großartiges Finale werden würde. Nach der Leistung, die beide während des gesamten Turniers gezeigt haben, kein Wunder. Alle spürten die fantastische Atmosphäre in Belfast und die unbändige Freude, die beide Spieler an ihrem Spiel hatten. Allen hatte sich sogar gewünscht, gegen Higgins spielen zu dürfen. Und irgendwie hat es ihm auch jeder gewünscht, den Heimsieg perfekt zu machen. Nach Mitternacht war es dann auch endlich soweit.

Erste Session am Nachmittag

Lange Rote können beide

Das also mit Spannung erwartete Match eröffnete Mark Allen mit einer guten langen Roten, bis er bei 30 Punkten an John Higgins abgeben musste. Dieser machte es sich mit dem Punkten nicht wirklich leicht und musste notgedrungen auf die Spinne zurückgreifen. Blöd nur, dass sein Queue dabei eine Rote berührte und er nach 21 Punkten wieder aussteigen musste. Allen nutzte seine Chance, spielte konzentriert und ruhig und holte sich den Frame. In den zweiten Frame konnte Higgins mit einer netten Kombination auf eine lange Rote einsteigen, was allerdings der einzige Punkt für ihn in diesem Frame bleiben sollte. Allen gelang ebenfalls eine lange Rote und mit einem Break von 82 gewann er den Frame. Der Einstieg in den dritten Frame gelang Higgins erneut mit einer langen Roten. Higgins zeigte hier, wie gut er spielen kann. Er löste einen Ball nach dem nächsten vom Pulk und räumte in spielerisch wirkender Gelassenheit nach und nach den Tisch auf. Eine klasse lange Rote auf die grüne Tasche wurde sogar von Allen gewürdigt. Higgins verschoss dann zwar Pink, aber immerhin gelang ihm ein Century von 123. Er verkürzte den Rückstand auf 1–2. Der vierte Frame war wieder umkämpfter. Nach einem Re-Rack stieg Allen zwar mit einer langen Roten ein, aber hohe Breaks wurden nicht erzielt. Higgins hatte nicht wirklich Glück beim Lochen und Allen gewann. Stand zum Midsession Intervall (MSI) also 1–3. Als Zwischenfazit lässt sich sagen: Lange Rote können beide.

Aufholjagd nach dem MSI

Nach dem MSI begann Higgins die Aufholjagd und holte sich mit einem Break von 68 den fünften Frame. Der sechste Frame wurde dann der erste Frame, in dem die Anspannung der Spieler deutlich zu sehen war. Higgins scorte bis 21, Allen flukte die Blaue rein, kam dann aber nicht weiter. Higgins patzte mehrfach beim Versuch, eine Rote zu lochen. Allen erhöhte auf 48 Punkte, Higgins näherte sich auf 47 Punkte an, versemmelte dann aber die letzte Rote. Allen legte zwei Snooker und holte sich vier Foulpunkte. Higgins gelang es im weiteren Verlauf nicht, die Rote sicher abzulegen. Allen nutzte die Chance, lochte und räumte die Farben bis einschließlich Blau ab. 2–4. Der Einstieg in den siebten Frame gelang Higgins erneut durch eine lange Rote. Der Spielball gelang dann durch einen double-kiss auf Position auf Schwarz. Higgins punktete bis 22, verschoss dann aber Schwarz vom Spot. Allen spielte eine gute Safety, Higgins erneut eine brillante Kombination. Leider fiel Pink dann nicht, sondern blieb direkt vor der Tasche liegen. Allen holte die Pinke mit einer Roten aus der Tasche raus, ohne die Rote zu seinem Pech zu versenken. Auch beim nächsten Versuch patzte er und ermöglichte es so, Higgins den Frame zu sichern. Higgins verkürzte auf 3–4.

Grandioser Steal im letztem Frame

Der letzte Frame dieser Session begann erneut mit einem Re-Rack. Allen gelang dann der Einstieg mit einer langen Roten. Es folgte ein Safety-Battle, weil nichts irgendwie lochbar war. Außer der Spielball von Higgins. Allen nahm zwar die Foulpunkte dankend an, ließ Higgins aber weiterspielen. Was ziemlich clever war, denn es war ja nichts lochbar. Higgins patzte, Allen bekam seine Chance und punktete bis 63. Dann lochte Higgins eine grandiose Rote, punktete bis 16, verschoss Blau und es begann erneut ein Safety-Battle. Und dann war das Glück auf der Seite von Higgins und er bekam und nutzte seine Chance, den Frame in typischer Higgins-Manier zu stehlen. Hier könnt ihr euch die letzten Bälle ansehen. Die Begeisterung darüber fand keine Grenzen. Und wir alle wissen ja, wie fantastisch John Higgins spielen kann und dass er völlig zu Recht als Profi unter den Profis bezeichnet wird (ROS). Und Angles hat das Spiel von Higgins auch nicht ohne Grund als Kunst beschrieben.

Die finale Abendsession

Das Drama ging weiter

Der erste Frame des Abends ging nach ein paar starken Bällen auf beiden Seiten an Allen, der den Tisch nach einem Fehler von Higgins letztlich mit einem Break von 70 abräumen konnte. Im folgenden zehnten Frame scheiterte ein von den Kommentatoren überlegter Maximum-Versuch von Allen an der sechsten Roten. Higgins nutzte die Gelegenheit und erspielte 63 Punkte. Da er aber zunehmend kleinere Probleme mit der Spielballkontrolle hatte, ging er lieber auf Nummer sicher und legte die letzte Rote sicher ab. Allen konnte nicht lochen, spielte aber so, dass Higgins im Anschluss den Frame sichern konnte. Ausgleich 5–5. Den elften Frame konnte dann wieder Allen für sich beanspruchen. Er spielte starke Bälle, begeisterte damit das Publikum und machte den Sack mit einem Break von 85 zu. Im anschließenden Frame versemmelte Allen dann allerdings gleich den ersten Stoß, versenkte die Weiße und gab damit Higgins den Spielball in die Hand. Higgins kam jedoch nur auf 25 Punkte, weil er nach dem Splitt eine lange Rote zur Abwechslung mal nicht gelocht hat. Allen nahm diese dann auch dankbar als Einsteiger an. Nach 40 Punkten war sein Break dann aber auch erst einmal beendet. Es begann wieder eine von vielen Zuschauern geliebte Safety-Battle, was die Dramatik so kurz vor dem MSI natürlich steigerte. Spaß hatten dabei auch die beiden Spieler, insbesondere aber John Higgins. Während Mark Allen überlegte, wie er aus einem Snooker am besten herauskommen könnte, sagte Higgins etwas zum ihm, worauf beide lachen mussten. Allen kam dann auch stark aus dem Snooker raus, konnte die Rote aber zum Entsetzen fast aller Anwesenden nicht lochen. Higgins nutzte seine Chance, gewann den Frame und glich zum 6–6 aus. Das Drama geht weiter. Erstmal Pause.

Die letzten Frames

Dem MSI wird ja vieles nachgesagt und oft erkennt man die Spieler vom Spielerischen nach der Pause nicht wieder. So auch hier. Higgins verschoss eine lange Rote und es wurde erstmal etwas mehr auf Sicherheit gespielt. Irgendwann gelang Higgins dann doch der Einsteiger und ein klasse gespieltes Break von 64, bis er dann doch wieder auf Nummer sicher gehen musste. Allen gelang es nicht zu punkten und er gab den Frame lieber gleich auf. Erstmals ging Higgins in diesem Match in Führung. In den 14. Frame stieg Allen mit einem Fluke ein, kam aber nicht weit. Higgins spielte eine hervorragende Safety, aus der er acht Foulpunkte und den Einsteiger in sein Century-Break von 136 mitnehmen konnte. 8–6. Der folgende Frame war dann wieder deutlich verfahrener. Higgins gelang zwar der Einsteiger, aber nach sechs Punkten war wieder Schluss. Allen spielte immer wieder klasse Einsteiger, aber die Stellung auf die Farben gelang ihm nicht. Dafür legte er den Spielball fast jedes Mal gut und sicher ab. In kleinen Schritten gelang es ihm dann letztlich doch, den Frame zu sichern und den Abstand zu Higgins auf 8–7 zu verringern. Im 16. Frame gelang Higgins der Einsteiger, er verschoss aber nach 31 Punkten die Schwarze. Chance für Allen, der ordentlich abräumte, aber nach 58 Punkten aussteigen musste. Und dann traf er auch noch Blau statt Rot. Safety-Battle, wie wir es uns alle wünschten. Und wieder traf Allen nicht eine Rote, sondern die Schwarze. Higgins nahm die Foulpunkte dankend an, ließ Allen aber weiterspielen. Es folgte Snooker vom Feinsten beim Zwischenstand von 43–59 und noch einer Roten auf dem Tisch.

Der alles entscheidende Fehler

Ihr könnt euch vorstellen, wie die Stimmung in Belfast war, oder? Aufgeheizt und angespannt bis zum Umfallen. Und dann geschah das Unfassbare: Higgins machte einen so blöden Fehler, dass Allen nur noch lochen musste. Dann also doch noch in den Decider. Brillanter Einsteiger von Higgins. Allerdings hatte Higgins das Problem, dass die hohen Farben nicht spielbar waren. Deswegen musste er in mühseliger Arbeit immer über den ganzen Tisch spielen. Nach 27 Punkten war dann auch erstmal Schluss. Nach einigem Hin und Her gelang Allen der Einstieg. Und auch er arbeitete sich sukzessive vor. Aber auch bei ihm war nach 27 Punkten Schluss. Higgins konnte dann noch vier Punkte erspielen, bevor er wieder eine Rote verschoss. Allen lochte die Rote, behielt die Nerven und gewann diesen allerletzten Frame des Northern Ireland Open 2021.

Verdienter Sieger

Mark Allen macht den Heimsieg perfekt. Und er hat es sich wirklich verdient. Ok, verdient hätten beide den Sieg und gegönnt hätte wir alle es auch beiden.

Mark Allen hat gleich zu Beginn des Northern Ireland Open mit seinem Maximum gezeigt, dass er wieder da ist. Und bei sämtlichen seiner Matches hat er bewiesen, dass er sich spielerisch und mental deutlich weiterentwickelt hat. Noch im April war er mit sich und seiner Leistung überhaupt nicht zufrieden und zog sich erstmal zurück. Gut, dass er das alles offensichtlich und zumindest halbwegs in den Griff bekommen hat. Denn ihm zuzusehen, hat doch richtig Spaß gemacht. Ich persönlich hätte mich zwar ein kleines bisschen mehr über einen Sieg von John Higgins gefreut. Aber hey, das Northern Ireland Open war ja erst das erste von vier Turnieren der Home Nation Series. Wenn jedes dieser Finale von einem Einheimischen gewonnen wird, hätte ich nichts dagegen. ;-)

Die nächsten Termine

Die nächsten Termine dieser Saison wollen wir euch auch nicht vorenthalten. Ab heute (18.10.2021) beginnen die sogenannten Qualifikationen für das German und das European Masters. Und am 1.11.2021 startet das Englisch Open. In Milton Keynes. Über alle Termine dieser Saison könnt ihr euch hier auf dem Laufenden halten.

AutorIn: Hjördis

Hjördis unterstützt das Team von SnookerPRO im Hintergrund, schreibt den ein oder anderen Artkel und ist ansonsten zuständig für das Aktuell-Halten der Turniere. Twitter: @HjördisHH

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