Cao Yupeng verspielt die Scottish Open auf der Ziellinie

Cao Yupen, Scottish Open 2017
Cao Yupeng stand zum ersten Mal in einem Finale. © World Snooker/Tai Chengzhe

Ein dramatisches Finale der Scottish Open 2017 gegen Cao Yupeng endet für Neil Robertson nach 4–8-Rückstand mit 9–8. Robertson gewinnt damit seinen ersten Saisontitel (seinen 13. insgesamt) und eine Blumenvase, die auf den Namen „Stephen Hendry“ hört. Außerdem kehrt er in die Top 16 zurück. Das Preisgeld beträgt für den Gewinner £70.000, für den Zweitplatzierten £30.000. Cao erhält zusätzlich die Prämie des höchsten Turnierbreaks für sein Maximum in Runde eins.

Die Grausamkeit des Sports und rührende Gesten

Es war eins dieser typischen „Sport ist sowas von ungerecht“-Spiele. Robertson traute sich am Ende gar nicht, seinen Sieg zu feiern und machte stattdessen eine entschuldigende Geste in Caos Richtung. Im anschließenden Interview sagte er: „Ich fühle mich furchtbar. Cao war der bessere Spieler heute Abend. Am Ende hat ihn seine mangelnde Erfahrung den Sieg gekostet.“

Cao, für den es das erste Finale seiner Karriere war, führte nach gutem, konzentrierten Spiel mit 8–4 und war damit nur noch einen Frame von seinem ersten Weltranglistentitel entfernt. Neben beeindruckenden langen Bällen hatte er auch schöne Breaks zusammengebaut: Neun 60+Breaks hatte er bis hierher gemacht.

Doch mit der Ziellinie vor Augen kam das große Flattern. Er verschoss vermeintlich leichte Bälle und brachte keine Breaks mehr zusammen. Robertson profitierte gnadenlos von Caos Fehlern, während dieser zusehends zusammenbrach. Im 16. Frame erreichte das Drama dann seinen traurigen Höhepunkt: Beim Stand von 53-34 verschoss Robertson Braun, alle Farben lagen noch auf dem Tisch. Cao räumte ab bis Blau und verschoss dann Pink (siehe Video unten). Nach Safety und zwei missglückten Versuchen konnte er sie zwar versenken, doch dann bekam er Schwarz nicht ins Loch. Er musste zusehen, wie Robertson damit den Entscheidungsframe erzwang.

Im Decider lochte Cao einen langen Einsteiger, den ihm nicht jede*r nach dem entnervenden letzen Frame zugetraut hätte. Doch nach einer verschossenen Roten auf die Mitte und 16 Punkten war schon wieder Schluss und Robertson machte eine 59 zum Titelgewinn.

Eine weitere chinesische Hoffnung?

Wahrscheinlich standen die Zeichen eher für einen Yan Bingtao, wenn es um den nächsten chinesischen Titelgewinner ging. Trotz guter Ergebnisse von Cao Yupeng in dieser Saison (er stand zum Beispiel im Halbfinale des European Masters und im Achtelfinale der World Open) hatten ihn nur wenige auf dem Zettel. Mit seinem Maximum gegen Andrew Higginson, seinen Siegen gegen Tom Ford, Ricky Walden und Judd Trump und seinem guten Lauf zu Beginn des Finales kann er aber durchaus zu einem potentiellen Turniersieger zählen. Auch wenn Judd Trump mit seinen missgünstigen Kommentaren, dass Cao für einen Turniersieg nicht gut genug sei, vorerst recht behalten hat – für einen Sieg gegen den überschätzten Gummischuhträger hat es ja zumindest gereicht. Jetzt kommt es für Cao darauf an, dass er dieses Scottish Open Finale nicht zu einem sich immer wiederholenden Trauma macht, sondern die Enttäuschung gut verarbeitet.

Nach dem Spiel fand er kaum Worte. Ob das an seinem englischen Wortschatz oder der Enttäuschung lag, wagen wir nicht zu beurteilen. Auf alle Fälle ist das Interview eine glatte 10 auf der Skala der Empathielosigkeit. Statt darüber zu sprechen, was für eine Wahnsinnsleistung Cao in dieser Woche hingelegt hat, fragt Goldstein: Wie fühlst du dich, nachdem du den Sieg weggeworfen hast? Wenigstens versuchten die schottischen Fans ihr Bestes tun, um Cao Ehre zu erweisen, und spendeten frenetischen Beifall..

Cao war 2016 von der Tour gefallen, konnte sich aber durch die Q-School sofort wieder qualifizieren. Für ihn war es ein Signal, sein Spiel zu verändern. Er trainierte seine Safeties und stellte seine Technik um. Ob er dabei auch auf solch ungewöhnliche Stoßtechniken gekommen ist?

Ab Dienstag wird die Qualifikation für das German Masters gespielt. Hier entscheidet sich, wer Ende Januar 2018 im Berliner Tempodrom antreten wird.

AutorIn: Lula Witzescher

Lula Witzescher (genderqueer), im Netz auch bekannt als Dark Mavis *Lady*. Sucht für den Roman „Belinda to break“ einen Verlag. Streitet im Netz für alle Formen von equality. Hält die Butthole Surfers für die beste Band der Welt. www.twitter.com/lulawitzescher

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